Luther, Martin – An Johann Heß.

Gnade und Friede im Herrn! Der euch hat berufen, der stärke euch selbst und vollende euch! Amen. Seht, mein liebster Herr Heß, da habt ihr meinen Trost; was ihr aber für Unterweisung von mir begehret, das verstehe ich nicht genugsam. Es ist schon Alles in meine Büchlein ausgeschüttet, die habt ihr und leset sie. So habt ihr auch den Unterricht, den Paulus Timotheo und Tito hat gegeben, ja aller Apostel und Christi. Matth. 10. Was wollt ihr aber mehr? Ihr seid nun mit Christo ins Schiff getreten; was habt ihr nun zu gewarten? hellen Himmel? ja. Wind und Wetter und Wellen, die das Schiff bedecken, daß es anhebe zu sinken; aber ihr müßt euch nun mit dieser Taufe erst taufen lassen; alsdann wird Heller, klarer Himmel folgen, wenn ihr Christum habt aufgeweckt und angerufen, der einstweilen noch wird schlafen.

Ich hätte an den Rath geschrieben, ich weiß aber nicht, warum mein Gemüth mich zurück hält, daß mich’s ansieht, man sollte erst den Handel versuchen mit Gottes Wort durch euer Amt. damit ihr nicht scheinet, als hättet ihr allzu sehr geeilt zum Frieden und zum hellen Himmel. Wo ihr aber ein wenig mit dem Wort habt gestritten, so wird der Herr dazu kommen, und ich werde auch da sein, so ich etwas vermag. Gehabt euch wohl in dem Herrn, und singet das Wort: Haltet euch als ein Mann, und euer Herz sei getrost und harret des Herrn Alle, die ihr auf ihn hoffet! Amen.

Wittenberg 1524.

M. Luther.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867