Dem gestrengen und festen Francisco von Sickingen, meinem besondern Herrn und Patron / Martinus Luther
Fried in Christo unserem HErrn. Wir lesen gestrenger Herr, in dem Buch Josuä, da GOtt das Volk Istael in das versprochene Land Canaan fuhret, und alls Volk darinnen erschlug, nämlich ein und dreißig Kunige mit alle ihren Städten, daß keine Stadt so demuthig war, die da hätt Fried begehrt, ausgenommen die einige Gideon, so doch Israel Befehl von GOtt hatte, Fried anzubieten und anzunehmen; sondern in Vermessenheit alle vorstockt zu streiten wider Israel, daß von ihm dasselb Buch sagt Cap. 11 also: Es war keine Stadt, die sich mit Fried ergab dem Volk Israel, ausgenomen Gideon, sondern sind alle mit Streit erobert. Denn es war von GOtt also geschickt, daß sie trotzig und muthig wider Israel zu streiten dadurch verstoret und ihn kein Gnad erzeiget wurde ec.
Diese Historien siehet mich an, als wollt sie ein Exempel werden unsern Päpsten, Bischofen, hochgelehrten und andern geistlichen Tyrannen, die da offentlich sehen und greifen, daß man ihris Dings kundig und ubirdrißig wird, und das helle Licht ihr trügliche vorführisch Tadel mannigfaltig an allin Ortten aufdeckt, daß ihn alle Decke zu kurz und schmal wird; noch demuthigen sie sich nit, suchen nit Fried, ja lassen denselben auch vorgeblich anbieten, muthigen sich selb, nehmen fur mit Gewalt das Liecht zu dämpfen, und in ihrem Wesen zu bleiben, meinend, sie sitzen so fest im Sattel, es muge sie niemand ausheben, daß ich sorge, es geschehe auch von GOtt, daß sie vorstockt, nach keiner Demuth denken, nach keinem Fried trachten, auf daß sie auch zuletzt ahn alle Barmherzigkeit untergeben mussen.
Sie geben mir die Schuld, wissen doch wohl, wie sie den armen Menschen so hochmuthig veracht haben bisher. Ich hab oft Fried angebotten, geschrien und gelaufen, zu Antwort mich erbotten, hab disputirt, hab nu auf zweien Reichstag erscheinen; es hat mich nichts geholfen, da hat mich nichts geholfen, da hat kein Recht, sondern eitel Frevel und Gewalt mir begegnet, nit mehr denn widderrufen aufgelegt, und allis Unglück gedräuet.
Wohlan kumpt ihn die Stund, daß sie auch nach Fried umbsonst rufen werden, hoff ich, sie werden ihris itzigen Verdiensts indenk seyn. Ich kann nit mehr thun, ich bin nun von dem Plan geschupst; sie haben nu Zeit zu wandeln, was man von ihn nit leiden kann, noch soll, noch will. Wandeln sie nit, so wird ein ander ohn ihren Dank wandeln, der nit, wie Luther, mit Brief und Worten, sondern mit der That sie lehren wird. Es ist, GOtt Lob und Dank, des Hanfpotzens zu Rom Furcht und Scheu einmal weniger worden, und will das Capitel, si quis suadente, nit mehr die LEute bezobern; die Welt kann itzt den Segen auch sprechen.
Doch daß ich dieweil in dieser Wusten und in meiner Pathmos nit mußig sey, hab ich mir auch eine Apocalypsin geschrieben, will die mittheilen allen, die ihr begehren; wilch ich allhie mit uberschick eurer Gestrengheit, mein williges Gemuth und Dankbarkeit zu erzeigen, auf vielfältige euere Trostung und Erbieten mir unwirdigen geschehen. Es ist ein Predigt von der Beicht, aus der Ursach gemacht. In dieser nähesten Fasten ließ ich ein senfte Unterricht ausgehen den Beichtkindern, mit Bitt an unsere geistliche Junkern und Tyrannen, daß sie die einfältigen Gewissen mit Fried ließen meiner Bucher halben; daneben anzeigt, wie ihr Tyranney des Beichthorens nit Grund gnug habet. Aber sie mit dem Kopf hindurch, da ist kein horen noch bedenken. Wohlan, ich hab auch mehr Wasserblasen gesehen, und einmal so einen freveln Rauch, der sich unterstund die Sonne zu dämpfen; aber der Rauch ist nimmer, die Sonne leucht noch. Ich will auch fortfahren die Wahrheit auszuputzen und herfur machen, und meine ungnädige Herrn also wenig forchten, als viel sie mich vorachten. Wir sind noch beide nicht ubirn Berg; ich hab aber ein Vortheil, ich gebe ledig. GOtt geb, daß die Wahrheit den Sieg behalte. Hiemit GOtt befohlen. Herr Ulrich von Hutten und Martin Bucerum laß ich E.G. befohlen seyn. Geben in meiner Pathmos, prima Junii 1521.
Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedenken, vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe, aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Wilhelm Martin Leberecht de Wette, Professor der Theologie zu Basel Vierter Theil. Berlin, bey G. Reimer. 1827.