– Wiewohl ich ihrer viel weiß und täglich höre, die meine Armuth gering achten und sprechen, ich mach nur klein Sexterlein und deutsche Predigt für die ungelehrten Laien, laß ich mich nicht bewegen. Wollte Gott ich hätte einem Laien mein Leben lang mit allem meinen Vermögen zu der Besserung gedienet: ich wollt mich’s genügen lassen, Gott danken und gar willig darnach lassen alle meine Bücher umkommen. Ob groß und viel Bücher machen Kunst sei und besserlich der Christenheit, laß ich andere richten. Ich achte aber, so ich Lust hätte ihrer Kunst nach große Bücher zu machen, es sollt vielleicht mit göttlicher Hülf mir schleuniger folgen, denn ihnen nach meiner Art einen kleinen Sermon zu machen. Wenn erfolgen so leicht wäre als verfolgen, wäre Christus längst wieder vom Himmel geworfen und Gottes Stuhl selbst umgekehrt. Können wir nicht alle dichten, so wollen wir doch alle richten. Ich will einem jeden die Ehre großer Ding herzlich gerne lassen und mich gar nicht schämen deutsch den ungelehrten Laien zu predigen und schreiben. Wiewohl ich auch derselbigen wenig kenn‘, dünkt mich doch, so wir bisher und fortmehr uns desselbigen geflissen hätten und wollten, sollte der Christenheit nicht eines kleinen Vortheils Besserung daraus gewachsen sein, denn aus den hohen, großen Büchern und Quästionen in den Schulen unter den Gelehrten allein gehandelt. Ueber das so hab ich doch nie jemand gezwungen oder gebeten mich zu hören oder meine Predigt zu lesen. Ich habe frei in der Gemeinde gedient von dem, das mir Gott gegeben und ich schuldig bin; wer sein nicht mag, der lehre und höre Andere. Auch ist nicht groß dran gelegen, ob sie mein nicht wollen bedürfen: mir ist eben genug und mehr denn zuviel, daß etliche Laien, und die fürtrefflich, sich demüthigen meine Predigt zu lesen. Und obschon kein andere Sache mich treiben möchte, soll mir doch die überflüssig sein, daß ich erfahren hab, wie Ew. Fürstl. Gn. solche deutsche Büchlein gefällig, und Sie ganz begierig seien zu erkennen guter Werke und des Glaubens Unterricht. –
Zu Wittenberg am 29. März nach Christi Geburt im 1520. Jahr.
Ew. Fürstl. Gn. unterthäniger Capellan Dr. Martinus Luther, Augustiner.
Quelle:
Hase, Carl Alfred - Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867