Luther, Martin – An den Rath zu Riga

31. Oktober 1537

Den ehrbaren, fürsichtigen Herren Burgermeister und Rath der Stadt Riga in Lyfflandt, meinen günstigen Herren und guten Freunden.

Gnade und Friede in Christo. Ehrbare, fürsichtige, günstige Herren und Freunde! Ich bin gebeten, in einer Ehesachen zwischen Hans Kannegiesser und Barbara Goeche mein Urtheil an euch zu schreiben, wie ihr aus inliegender lateinischer Schrift kunnt vernehmen. Nachdem ich nu solche Bitte nicht hab können abschlagen, so ist das mein Rath und Urtheil, deß wir allhier auch brauchen: Wo sichs also findet, wie diese Zeddel zeiget, so soll genannte Barbar schlechts den Hans Kannegiesser zur Ehe behalten, denn solch offentliche verlobte Jungfrauen auch die Schrift und alle Rechte nicht anders, dann als ehliche Bräute und Hausfrauen sprechen. Wo sie aber deß sich halsstarriglich wegern würde, alsdann soll man ihr sagen, daß sie ihr Lebenlang keinen andern ehlichen Mann haben kann noch soll. Aber er, der ander Theil, Hans Kannegiesser soll frei und ledig von ihr gesprochen sein, ein ander Weib zu nehmen. Dazu sie, die Jungfrau Barbar, soll in der Stadt, umb Vermeidung willens des Aergernuß, nicht geduldet werden. Also halten wirs allhier, und ist der Billigkeit nach Recht. Demnach müßt ihr beide Parte für euch fordern und hören, ob sichs also begeben habe mit allem, das diese Zeddel zeuget, und drauf schließen. Hiemit Gott befohlen, Amen. Ultima Octobris 1537.

Martinus Luther D.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Elfter Band.
Briefe vom Juli 1536 bis August 1538
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1907

Luther an den Rat zu Riga

31.8.1529

Gnad vnnd fride in Christo Erbarn fursichtigen lieben Hern vnnd freunde Ich hab M. Johann Lohmullers eur stad Sindicus vnnd abgefertigeter Botschaft, in sachen ßo eur stad jezt des Erczbischoues halben betreffen ((Der Erzbischof bewilligte der Stadt Riga einen Anstand auf sechs Jahre vom 30. Juli angerechnet, in welcher Zeit das Evangelium freiverkündet, und die Oberherrsschaft des Erzbischofs über die Stadt unverändert bleiben solle)), allerlei gehabte muhe vnnd vleis gehort, dazu gesehn den anstand welchen er zu wegen bracht, Denselbigen ehr myr, neben M. Philippo, vnnd andern geczeigt, vnnd gebeten zu geben ein Zceugnis, was wir dauon hilten, wie ehr eur f. wol wird weither berichten, Damit e. f. gewiß weren, seiner treuen vleisigen außrichtung, Alßo halten wir, das solicher anstand sechs Jahr lang vast gut sey, vnnd vns gleich wundert, das ers ßo weit hot mugen brengen, vnnd solt wol wen ehr vnns zuvor hett vmb Rath irsucht, vil enger vnnd schwecher wurden sein, Derhalben ist mein fruntlich bitt, wollet euch sampt der gemeynen solche Handlung gefallen lassen, vnnd drob sein, das solicher anstand gehalten werde, zu eurm glympf vnnd got, ders ßo fein hott angefangen, wirts vollent fein hinauß furen, ßo wir mith vleiß bitten. Es wirt vil wassers dyße sechs Jar vorlauffen, kumpt tag, ßo kumpt auch Rat, vnnd ist nicht leichtlich dem Bisschoue eczwes furzunehmen, weil bede Keiser vnd Reich zuschaffen genug haben. Man syhet wol, was beiden Kunigen zu Hungern vnd Dennemarck thun ßo hab ich auch gesehn wie genanther M. Johan Lohmuller des Herczogen zu preusen Briue fur euch geschriben, wol vnd fein bestellet vnnd vber anthwurtet hott, Das ab got will nicht soll noth haben. Solch hab ich e. f. wollen anczeigen, damit vrsachen zu geben die eurn zw friden vnnd zu trost zu reiczen Christus vnser Her sei mith euch allen Amen XXXI Augusti 1529.

E. f.
williger
Martinus Luther

Quelle:
Analecta Lutherana
Briefe und Actenstücke zur Geschichte Luthers
Herausgegeben von D. Theodor Kolde
Gotha.
Friedrich Andreas Perthes.
1883.