Um Christi willen liebe ich Dich, bin ich bereit, alles für Dich zu tun und für Dich zu beten. Solange die Ursache anhält, bleibt auch die Wirkung bestehen, so wie es Tag bleibt, solange die Sonne scheint. Wenn Du mir das Schlimmste antust, mir Gut und guten Namen raubst, so will ich Dich doch nicht weniger lieben, solange Christus in meinem Herzen ist. Solange will ich Dich lieben wie mich selbst, solange bin ich bereit, Dir Böses mit Gutem zu vergelten, solange will ich für Dich beten aus ganzem Herzen. Denn Christus will es so und hat es um mich verdient. Im Vergleich zu seiner großen Güte ist Deine Unfreundlichkeit ein Nichts, eine Rauchfahne, die im mächtigen Winde verfliegt und nicht mehr zu sehen ist. Überdies empfange ich das Übel, das Du mir antatest, nicht als aus Deiner Hand, sondern aus der Hand Gottes kommend, als Gottes Geißel zur Übung meiner Geduld und zu meiner Erbauung. So habe ich keinen Anlaß, Dir gram zu sein, ebensowenig wie ein Kind gram sein darf der Rute des Vaters, oder ein reicher Mann einer bitteren Arznei, die ihn heilt, oder ein Gefangener seinen Fesseln, oder ein rechtmäßig Verurteilter dem, der die Strafe an ihm vollzieht. So ist Christus alles in allem, und um seinetwillen liebe ich auch Dich.
Schlagwort: Heinrich VIII. von England
Luther, Martin – An König Heinrich VIII. von England.
Gnade und Friede in Christo Jesu unserm Herrn und Heiland! Amen. Durchlauchtigster König und Fürst. Wiewohl ich an Ew. Königliche Würde und Majestät zu schreiben billig ein Scheu sollt gehabt haben, darum, daß ich mir bewußt, daß ich dieselbe Ew. Königl. M. höchlich erzürne und beleidigt hatte mit meinem Büchlein, welches ich wider Ew. Maj. nicht von mir selbst, sondern von denen dazu verursacht, die es mit Ew. Maj. nicht gut meinen, unbedächtig und eilend in Druck verfertigt habe, so macht mir doch nicht allein Ew. Maj. angeborne königliche Gütigkeit, wie denn dieselbe mir schriftlich und mündlich von Tag zu Tag, je länger je mehr, von vielen gerühmt wird, solche Zuversicht und Mnth, daß ich’s dafür halte, daß Ew. Maj., weil sie erkennet, daß sie sterblich ist, nicht ewigen Zorn und Feindschaft halten werde, sondern auch das, daß ich von glaubwürdigen Leuten berichtet bin, daß das Büchlein, unter königlicher Würde zu England Namen wider mich ausgangen, nicht Ew. Maj. Schrift ist, wie es die arglistigen Sophisten dafür ausgeben durften, Ew. Maj. Titels und Namens mißbrauchend, und nicht merkten, in welche Gefahr sie sich selbst durch königlichen Namens Schmach und Unehre steckten, sonderlich und vor allen andern das Ungeheuer, dem Gott und Menschen feind sind, der Cardinal von Eborack, eine recht schädliche Plage und Verwüstung Ew. Maj. Königreichs! also, daß ich jetzt vor großer Scham meine Augen gegen Ew. Maj. nicht aufheben darf, daß ich mich so leichtfertig von so boshaftigen Leuten hab lassen reizen wider so ein hohen Potentaten und mächtigen König, der ich ein unwerther, verachter Mensch, ja Wurm bin, den man allein durch Verachtung oder als nicht werth, dem man antwortet, überwunden sollte haben.
Weiter, wie gering und veracht ich immer bin, hat mich doch an Ew. Maj. zu schreiben höchlich bewegt, daß Ew. Maj. anfängt dem Evangelio wohlgewogen zu sein, und großen Mißgefallen trägt an solchen losen verdammten Leuten. Diese Zeitung ist meinem Herzen ein rechts Evangelium, das ist, eine fröhliche Botschaft gewesen.
Derhalben ich in und mit dieser Schrift Ew. Maj. zu Füßen falle, auf’s demüthigste so ich immer kann und mag, beide um des Leidens Christi und seiner Ehre willen, bittend und flehend, Ew. Maj. wollen sich mir zu verzeihen und vergeben gnadiglich finden lassen, worin ich jemals Ew. Maj. beleidigt habe: wie denn Christus selbst gebeten und uns geboten hat, einander die Schuld und Fehle zu vergeben. Zum andern, wo es Ew. konigl. Maj. nicht entgegen wäre, wollt ich einen Widerspruch thun und Ew. Maj. Namen durch öffentlich Büchlein wiederum ehren; wollt sie mir solches gnadiglich zu verstehen geben, will ich’s ohn allen Verzug willig und gern thun. Denn ob ich gleich, gegen Ew. Maj. Hoheit zu rechnen, ein verachter, nichtiger Mensch bin: so wäre dennoch nicht geringer Nutz und Frommen dem Evangelio und der Ehre Gottes daher zu hoffen, so mir vergönnt würde an königliche Würde zu England von des Evangelii Sachen zu schreiben.
Indeß gebe Gott, daß, wie er angefangen hat, Ew. konigl. Maj. wachse und zunehme, daß sie mit vollem Geist dem Evangelio gehorsam und geneigt sei und lasse ihr weder die Ohren vollstopfen, noch das königliche Herz einnehmen von den vergifteten Mäulern der schön und süß redenden Heuchler, die nichts anders können, denn den Luther für einen Ketzer ausrufen. Sondern Ew. Maj. wolle vielmehr bei ihr selbst also gedenken: Was kann denn der Luther Böses lehren, weil er anders nicht lehret, denn daß wir durch den Glauben an Jesum Christum, ven Sohn Gottes, der für uns gelitten, gestorben und wieder auferweckt ist, selig müssen werden; wie die heiligen Evangelia und der Apostel Schriften klärlich zeugen. Denn das ist das Hauptstück und die Grundveste meiner Lehre, darauf ich nachmals baue und lehre die Nächstenliebe, den Gehorsam gegen weltliche Oberkeit und Kreuzigung des sündlichen Leibes; wie solches die christliche Lehre vorschreibt.
Was ist nun in diesen Hauptpunkten der Lehre unrecht oder böse? Man harre doch, und höre und richte dann erst. Warum werde ich verdammt unverhört und unüberwunden? Weiter, daß ich den Mißbrauch und Tyrannei der Bischöfe strafe, die anders denn obgemeldte Hauptstücke unsrer christlichen Lehre, ja eben das Widerspiel lehren und treiben, und indeß nach Zinsen, Renten, Pracht, Wollust des Fleischs, ja nach Königreichen , Fürstenthumen und aller Welt Gütern trachten und an sich reißen! Merkt das nicht auch der gemeine Mann, und verdammt’s? Und zwar sie selbst müssen’s bekennen, daß eö wahr sei. Warum bessern sie sich nicht und lehren recht, so sie unverhaßt und ungestraft wollen sein.
Ew. königl. Maj. siehet gewiß, was für große Fürsten in Deutschland, was fürGemeinden, Städte, dazu wie viel hochverständige Leute es mit mir halten, und Gott lob, nicht wollen, daß man die Lehre des Evangelium, die ich durch Christi wunderbare Gnade wieder ans Licht gebracht habe, verdamme. Unter welcher Zahl, wollte Gott, daß der Herr Christus auch Ew. königl. Maj. schreibe und von den Seelmördern absondere. Ists denn ein Wunder. daß der Kaiser und etliche Fürsten wider mich wüthen und toben? Steht nicht im 2. Psalm: Warum toben die Heiden und die Leute reden so vergeblich? die Könige im Lande lehnen sich auf, und die Rathsherren rathschlagen mit einander wider den Herrn und seinen Gesalbten. Daß es ein groß Wunder ist, wenn ein einiger Fürst oder König das Evangelium lieb gewinnt. O wie wünschte ich aus allen meinen Kräften, daß ich über solchem Wunderwerk an Ew. königl. Maj. mich herzlich freuen und darob frohlocken möchte. Der Herr, vor dessen Augen und nach dessen Willen ich dieß schreibe, wolle mein Wort kräftig und thätig machen, daß der König von England in kurzem ein vollkommener Jünger des Herrn Christi und ein Bekenner des Evangelii, dazu des Luthers gnädigster Herr werde. Amen. Wo es Ew. Maj. gefällig, warte ich auf eine gnädige und gütige Antwort. Gegeben zu Wittenberg, am ersten September, im Jahr des Herrn 1525.
Ew. königl. Maj. unterthäniger Martinus Luther.
Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867