Calvin, Jean – An Heinrich Bullinger, Antistes in Zürich

In Genf sollte das Volk auf das reformatorische Bekenntnis einen Eid ablegen. Manche weigerten sich, und es begann damit sich eine Opposition gegen Farel und Calvin zu erheben, sie schließlich auch die Behörde für sich gewann. Streitgegenstand war hauptsächlich der Kirchenbann. Pellikan war Pfarrer in Zürich, ebenso Leo Jud und Bibliander, Fries, Lehrer in Zürich.

Die Forderungen Calvins und Farels für Genf.

Gnade und Friede von Gott dem Vater und unserm Herrn Christo. Trefflichster, hoch gelehrter Bruder, wenn ich dir eine genaue Beschreibung unserer schlimmen Lage bieten wollte, so müsste ich eine lange Geschichte erzählen. Unsere Lage nenne ichs, was die Gemeinde, der wir nach Gottes Willen vorstehen, schon lange quält und jetzt besonders hart drückt. Doch weil ich gerade keine Muße habe, alles im Einzelnen genügend zu erklären, und die guten Leute [die dir den Brief bringen], einiges selbst erzählen können, will ich dir nicht mit einer langen Epistel lästig fallen. Wenn sie auch vielleicht den Quell des Übels nicht bemerkt haben, und nicht wissen, wohin das Streben der Bösen geht, so haben sie doch deutlich sehen können, wie der äußere Schein der Dinge ist. Wenn wir doch nur einen Tag zu offener Aussprache hätten. Ich hoffe, wir gingen nicht ohne reiche Frucht auseinander. Denn ich habe Allerlei, was sich jetzt weder mit Sicherheit in einen Brief fassen, noch ohne reifliche, wiederholte Erwägung und Besprechung unter uns ausführen lässt. Nur das will ich im Vorbeigehen andeuten: eine dauernde Kirche werden wir nicht haben, wenn nicht die alte, d. h. die apostolische, Kirchenzucht wiederhergestellt wird, die man bei uns in vielen Dingen herbei wünscht. Aber wir haben nicht einmal erzwingen können, dass eine reine, heilige Beobachtung des Abendmahlausschlusses eingeführt wurde, und dass die Stadt, die im Verhältnis zur Größe übervölkert ist, in Einzelgemeinden geteilt wurde. Wie die ungetrennte Amtsverwaltung es mit sich bringt, kennt uns die Mehrzahl des Volkes mehr als Prediger denn als Seelsorger. Es sind noch viele andere Dinge, die wir gern bessern würden, aber wir können die rechte Weise nicht finden, wenn es nicht in gemeinsamer Überzeugung, Eifer und Fleiß geschieht. Wenn doch nur einmal eine reine, ehrliche Einigung unter unsern Kirchen zustande kommen könnte! Was sollte uns dann hindern, eine Art eine öffentlicher Synode zu berufen, in der jeder, was seiner Kirche frommt, vorschlüge, ein Plan zu weitern Handeln in gemeinsamer Beratung klargelegt würde, und wenn nötig, Staaten und Obrigkeiten sich durch gegenseitige Ermahnungen unterstützten und mit ihrer Macht einander bestärkten. Doch in solcher Verwirrung muss man umso mehr den Herrn bitten, dass er uns einen Weg öffne. Pellikan hat uns gemeldet, es sei von Luther eine gar gütige, freundliche Antwort an Euch gekommen; auch Grynäus sagt, dass er darauf große Hoffnung setze, von der Gegenpartei nun den Frieden zu erlangen. Doch konnten wir noch nicht erfahren, wie die Antwort eigentlich lautet. Die Kirche, die ihrer Nachbarschaft wegen uns alles am bequemsten mitteilen könnte, hat uns keines Wörtchens gewürdigt. Scheue du die Mühe nicht, uns bei Gelegenheit wenigstens den Hauptinhalt darzulegen. Farel lässt grüßen. Grüße in meinem Namen die im Herrn geliebten Brüder, eine Kollegen, Pellikan, Leo Jud und Bibliander herzlich, auch Fries. Der Herr erhalte Euch rüstig, sein Reich auszubreiten.

Genf, 21. Februar 1538.

Ganz der Deine
Calvin.

Capito an Bullinger

Was bei Luther’s Wuth zu thun ist, weiß ich kaum. In Summa etwa dies: Entweder schweigen, damit die Nichtigkeit seiner Flugschrift sich zeige, oder durch einen Mann antworten lassen, der mit Zwingli nicht so eng befreundet gewesen ist. Ich habe das betrieben in Privatbriefen; ob es aber erlaubt sei, damit in die Oeffentlichkeit zu treten, kann ich nicht beurtheilen, bis ich den Ausgang des evangelischen Konvents erfahren, der jetzt zu Schweinfurt stattfindet. Dann aber müssen wir einen Entschluß fassen. Es mißfällt mir unterdessen nicht, das Unglück Zwingli’s allgemeinen Ursachen zuzuschreiben und den Vorwurf des Zelotismus von ihm abzuweisen, denn es ist unerträglich, ihn mit den Münzerischen vergleichen zu sehen. Hüte dich jedoch, zu frei zu handeln; mir wäre es lieb, wenn du es indirekt thätest mit Verschweigung von Luther’s Namen … Ich bin der Ansicht, daß man Zwingli gegen Beschimpfungen vertheidigen und die Ursache der Niederlage dem Willen Gottes zuschreiben muß, der dadurch nicht die Meinung über das Abendmahl strafen wollte, dem es aber in seinem unerforschlichen Rathschluß gefallen hat, also die Unsrigen zu größerem Eifer für ihn zu entflammen.

Wolfgang Capito an Heinrich Bullinger

Denn was hat ein apostolischer Mann mit den Waffen gemein? Das wäre zu berücksichtigen, welche Leidenschaften der Kriegseifer in den Dienern des Geistes erzeugt, ferner, wie sehr es sie beim Volk herabsetzt, endlich, daß die Witwen und Waisen zu Haus einen Tröster brauchen, und daß mehr Leute zu Haus bleiben als selbst bei einem plötzlichen Krieg ausziehen, für welche der Geistliche zu sorgen hat. Ich will gar nicht davon reden, daß unter den Waffen kein Platz ist für ein ruhiges Gemüth. Es steht den Pfarrern ja auch frei, Diejenigen zu ermahnen, die aus Furcht daheim bleiben. Wir Diener des Geistes nehmen zu durch die Künste des Friedens und nicht durch ungewohnte Kriegsgeschäfte.