Luther, Martin – An eine Ungenannte

21. Mai 1537

Gnad und Fried. Meine liebe Frau N.! Ich hatte am nächsten Willens, dir zu schreiben, aber Er N. war weg, ehe ich mich’s versahe. So acht ich, dein Herr sei indeß auch wieder heim kommen, daß es (ob Gott will) besser mit dir sein wird. Du mußt aber nicht so kleinmüthig und zag sein, sondern denken, daß Christus nahe und hilft dir dein Uebel tragen; denn er hat dich nicht so verlassen, als dir dein Fleisch und Blut eingibt. Allein ruf du nur mit Ernst von Herzen, so bist du gewiß, daß er dich erhöret, weil du weißt, daß es seine Art ist, helfen, stärken und trösten alle die, so sein begehren. So sei nun getrost und denke, daß er selbst viel mehr gelitten für dich, denn du immer leiden kannst, um sein und deinetwillen. So wollen wir auch bitten und ernstlich bitten, daß Gott dich in und durch seinen Sohn Christum wollt annehmen und in solcher Schwachheit Leibs und Seele stärken. Hiemit Gott befohlen, Amen.

Am Pfingstmontag, Anno 1537.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe an Frauen als Pfingstgabe für die deutsche protestantische Frauenwelt. zusammengestellt von Dr. K. Zimmermann Darmstadt Buchdruckerei von Heinrich Brill 1854