Über Jean Merveilleux von Neuchatel vgl. 69. Eusthatius du Quesnoy (Quercetanus), Professor der Medizin in Lausanne, hatte Calvin ein Spottgedicht des Bremer Rektors Molanus gegen Joachim Westphal gesandt.
Auskunft über Genfer Tuchfärber. Von den Sachsen.
Zwei Stunden, nachdem sich unser lieber Mulot von mir verabschiedet hatte, erhielt ich deinen Brief. Sage Merveilleux, dass in Genf zwei Tuchfärber sind, beide nur mittelmäßig in ihrer Kunst. Ich sage das ausdrücklich, weil der dritte, der sie beide in der Geschicklichkeit im Färben übertraf, als ein unredlicher Mensch die Stadt verließ. Jene beiden aber werden als rechtschaffene Leute gelobt, und bei jedem von ihnen kann sein Neffe hoffentlich etwas profitieren. Wenn er will, so kann ich mit einem davon sprechen; aber den Lehrvertrag müsste jemand anders abschließen, denn das Geschäft wäre mir zu schwer und käme mir ungelegen. Doch will ich gern, soweit es mein Amt zulässt, den Vermittler machen.
Bullinger, der aus frei erfundenem Geschwätz zu der Meinung gekommen ist, es liege an mir, dass die beiden Städte [Bern und Genf] nicht recht einig werden können, erinnert mich in einem weitschweifigen Brief daran, wie verderblich ein Zwist werden müsste. Weil ich mich von diesem Vorwurf leicht reinigen konnte, habe ich mich nicht gar so heftig drauf verlegt. Doch habe ich drauf erwidert, was genügen dürfte.
Aus einem Brief unseres sehr lieben Pietro Martire vernehme ich, dass die Sachsen bereits unter sich planen, mich in den Bann zu tun. Wenn sie zu so fanatischem Vorgehen greifen, so ist das so lächerlich, dass, sogar wenn ich schweige, ihr Angriff sich selbst um seine Wirkung bringt. Sähe ich also nur auf mich, so könnte ich ihnen ganz ruhig meinen Beifall dazu spenden. Denn dazu werden sie niemals jemand von auch nur mittelmäßiger Bedeutung mitreißen können, sondern nur allerlei Dunkelmänner werden aus ihren Winkeln wie Frösche aus dem Sumpf ein bedeutungsloses Quacken hören lassen. Die wirklich Gelehrten wagen bereits freier und mutiger als gewöhnlich ihre Meinung zu äußern. Eusthatius hat mir z. B. ein Spottgedicht eines Pfarrers gesandt, den ich für nicht unbeachtet in jenen Gegenden halte, in dem Westphal nett und scharf hergenommen wird. Er schreibt auch, aus Bremen sei jetzt der Unrat der zurückgebliebenen Hefe ausgefegt. Ein andrer frommer und gelehrter Mann wünscht, unsere Kirchen möchten eine gemeinsame Schrift an die Söhne der Kirche Sachsens herausgeben, was ich kaum für möglich halte. Doch habe ich Bullinger ermahnt, alles ins Werk zu setzen, und habe ihm alle Wege gezeigt.
Lebwohl, bester trefflichster Bruder. Der Herr sei stets mir dir, er leite und segne dich. Grüße deine Kollegen angelegentlich von mir; die Meinen lassen dich vielmals grüßen. Die Grüße von den übrigen Freunden will ich nicht aufzählen, weil es unzählige wären. Alle wünschen dir Gesundheit und grüßen.
Genf, 24. Oktober 1555.
Dein
Johannes Calvin.