Luther, Martin – An eine Klosterjungfrau von Adel

14. December 1523

Gnade und Friede, ehrbare, liebe Jungfrau Hanna. Euere Schrift hab‘ ich empfangen, und wie ihr begehrt, euere angefangene oder zugesagte Ehe helfen fleißiglich fördern, beide bei Herr S. von K. und Andern, so rathfragen würden, daß mit Fug und Glimpf fortgehe. So weiß Gott, daß, so viel an mir liegt, ich viel geringere Sachen auf’s allerwilligst Jedermann wollt‘ fördern, so ich etwas dazu taugte. Und höre nicht ungerne, daß ihr zum Ehestand trachtet. Aber solche Sachen kann ich im Abwesen gar weder sonst, noch so urtheilen. Denn weil es mehr denn einen Menschen betrifft, hat es Gott verboten, auf eines Theils Ansuchen urtheilen; denn ich hierin, gleichwie ihr selbst auch, nicht achte Adel oder Unadel. Ein Mensch ist des andern werth, wo sie nur Lust und Liebe zusammen haben, damit sie der Feind nicht betrüge.

Sollet derhalben keinen Zweifel haben, wo es dazu kommt, daß ich dabei bin, oder darum gefragt werde, das Beßte reden will und Fug und Glimpf allenthalben helfen fördern. Denn weil ich spüre, daß ihr Lust dazu habt, soll es meinthalben, (wo sonst daran Niemand Nachtheil geschieht,) unzerrissen und unverhindert sein. Allein sehet zu, daß ihr Gottes Segen auch suchet, daß nicht eitel Liebebrunst, sondern auch seiner Gnaden Gunst dabei sei: den ich euch wünsche gnädig zu sein mit eurem lieben Buhlen, Amen. Zu Wittenberg, Montag nach Lucia, Anno 1523.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe an Frauen als Pfingstgabe für die deutsche protestantische Frauenwelt. zusammengestellt von Dr. K. Zimmermann Darmstadt Buchdruckerei von Heinrich Brill 1854

Luther, Martin – An drey vertriebene Hofjungfrauen. 1523

18. Junius

Den ehrbarn, tugendsamen Jungfrauen, Hanna von Draschwitz, Milia von Olsnitz und Ursula von Feilitzin, meinen besondern Freundin in Christo.

Gnad und Fried in Christo, Ehrbare, tugendsame, lieben Jungfrauen. Es hat mich Herr Nicolas von Amsdorf bericht eurs Anliegens und Schimpfs, der euch umb meiner Bücher willen widerfahren ist am Hofe zu Freyberg; daneben von mir begehrt, ein Trostbrief an euch zu schreiben. Wiewohl ich aber acht, daß ihr meins Trosts nicht bedurft, dazu nicht gerne an Unbekannte schreibe: hab ichs ihm doch nicht wissen abzuschlagen.

Und ist erstlich mein treufreundliche Bitte, ihr wöllet euer Herze zufrieden setzen, und denjenigen, so euch sollichs zugericht haben, nichts Arges günnen noch wunschen; sondern, wie St. Paulus lehret und spricht 1. Cor. 4,12: Wir werden geschändet, so loben wir. Dazu Christus auch Matth. 5,44: Segnet die, so euch lästern, bittet für die, so euch beleidigen, und thut wohl denen, die euch verfolgen. Also thut ihr auch, angesehen, daß ihr von Gottis Gnaden erleucht, und jene blind und verstockt sind; dazu daß sie an ihrer Seelen gar viel ärger thun, denn ihnen alle Welt thun möchte. Ihr seyd leider allzusehr gerochen an ihnen, daß sie unrecht an euch thun, damit sie wider Gott toben und gräulich anlaufen: daß sich ihr billig zu erbarmen ist, als der rasenden, unsinnigen Menschen, die nicht sehen, wie jämmerlich sie sich verderben, da sie meinen euch fast Leide zu thun. Harret ihr aber, und laßt Christum schaffen; er wird euch den Schimpf gar reichlich vergelten, und höher heben, denn ihr hättet mügen wunschen, wo ihr euch nur der Sach nicht annehmet, und stellet sie ihm heim.

Und ob ihr gleich ein Gewissen hättet, daß ihr Ursach dazu geben hättet, sollt ihr drumb nicht zagen. Denn es ein theur, gut Zeichen ist, daß euch alsobald Christus in die Buße genommen hat. Wollt auch bedenken, daß, ob ihr gleich viel wolltet wider sie thun, nichts wurdet ausrichten. Denn es ist eine gottlich Sach, daruber ihr leidet, die Gott Niemand richten noch rächen läßt, denn sich sleber, wie er spricht durch den Propheten (Zachar. 2,9): Wer euch antasten, der tastet mein Augapfel an. Ich kann wohl denken, daß der elend blinde Kopf, Doct. Wolf Stehlin, da Meister ist; aber er ist in andern pruchen verfasset, denn er meinet, und leider allzuschier innen werden wird. Also thut, mein lieben Schwestern, und haltet eure Freundlin auch dazu: so wird Gottes Gnad und Friede bey euch seyn, Amen. Und haltet mirr mein Schreiben zu gut.

Am Dornstag nach Viti, Anno 1523.

Martinus Luther

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe, Sendschreiben und Bedenken, vollständig aus den verschiedenen Ausgaben seiner Werke und Briefe, aus andern Büchern und noch unbenutzten Handschriften gesammelt, kritisch und historisch bearbeitet von Dr. Wilhelm Martin Leberecht de Wette, Professor der Theologie zu Basel Vierter Theil. Berlin, bey G. Reimer. 1827.