Nr. 557 (C. R. – 2842)
Vier Pfarrer in Savoyen waren von Bern aus abgesetzt worden, weil sie wider das Gebot der Regierung [vgl. 445, 447, 448 ] über die Prädestination gepredigt hatten; sie reisten nach Bern, wurden aber trotz der Fürbitte der Lausanner Pfarrer abgewiesen und dann in Genf aufgenommen. Der Berner Pfarrer Hans Haller hatte vor kurzem seine Frau durch den Tod verloren. Pierre Gilbert war später Pfarrer in Orleans; wie sich die Berner Pfarrer für ihn verwendet hatten, ist unbekannt.
Über die wegen der Prädestinationslehre abgesetzten Pfarrer.
Als neulich die Botschaft von der Verbannung der vier Brüder mein Herz aufs Schmerzlichste verletzte, da schenkte Gott doch schneller, als wir zu hoffen gewagt, unserer Traurigkeit den Trost, dass wir hören durften, die gehässige Schärfe sie auf Eure Fürbitte hin einigermaßen abgeschwächt worden, so dass man hoffen darf, der Rat werde sich, wenn man noch mehr darauf dringt, noch mehr beruhigen lassen. Weil übrigens die frommen Brüder die Unterdrückung der guten Sache noch schwerer quält als ihr persönliches Missgeschick, so verdienen sie nicht nur unser Mitleid, weil wir wissen, dass sie unschuldigerweise von böswilligen Lügnern und argen Verrätern schmählich umgarnt worden sind, sondern es ist nur billig, dass wir ihnen auch helfen, ihre Lehre zu verteidigen. Als sie neulich nach Bern reisten, glaubte ich ihnen keine Empfehlung mitgeben zu müssen, da ich nichts so wenig fürchtete, als was dann tatsächlich eintrat. Jetzt aber kann ich nicht anders, als ein gutes Wort für sie einlegen, obwohl sie mich nicht darum baten, damit mein Schweigen nicht den gehässigen Verdacht erweckt, als traue ich Eurer lauteren Treue nicht. Wie ein Wunder kommt es mir tatsächlich vor, dass gewisse Leute in ihrer Wut soweit gehen, aus Hass gegen mich, einen einzelnen Menschen, die ewige Gnadenwahl Gottes vernichten zu wollen. Ja sie triumphieren schon, als ob sie diesen grundlegenden Glaubenssatz ungestraft mit Füßen treten dürften! Tatsächlich werden bereits schauerliche Lästerungen ausgestoßen, von denen Ihr nicht den zehnten Teil hingehen lassen dürftet. Weil aber der Rat solchen Klagen doch nicht zugänglich wäre, so verlangen die Brüder in ihrer Bittschrift nicht mehr, als dass das Verbannungsurteil gegen sie aufgehoben werde und der Rat ihnen erlaube, ihre Unschuld darzutun. Weil anzunehmen ist, dass die Richter nun gerade vor Ostern milder und mehr als sonst geneigt sind, Gnade walten zu lassen, so darf unseres Erachtens diese günstige Gelegenheit nicht versäumt werden. Von Euch wünschen wir nur, dass Ihr ihrem Boten Gehör verschafft, damit die Zeit nicht verpasst wird. Dass niemand von ihnen selbst in Bern erscheint, dafür haben sie ja die beste Entschuldigung. Lebt wohl, hochberühmte und von Herzen verehrte Brüder. Der Herr lenke und behüte, schütze und leite Euch, und besonders wolle er die Trauer Herrn Hallers durch den Trost seines Geistes lindern. Meine Kollegen lassen Euch alle vielmals grüßen und danken Euch alle, dass Ihr Euch der Sache unseres guten Bruders Pierre Gilbert so kräftig angenommen habt. Auf den Ausgang der Sache Virets sind wir noch ängstlich gespannt.
Genf, 2. April 1558.
Euer
Johannes Calvin.