Farel nahm von seinem Besuch in Worms folgenden Brief mit:
Von der Untätigkeit in Worms.
Gnade und Friede sei mit Euch von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesu Christo, liebste und hoch verehrte Brüder. Da ich nicht eher ans Schreiben dachte, als bis sich unser bester Bruder Farel zur Abreise rüstete, und da ich ihm alles mündlich dargelegt habe, was ich von unsern gegenseitigen Verhandlungen berichten könnte, so will ich von einem längeren Schreiben absehen. Ich hätte es am liebsten ganz gelassen, wenn er nicht meine Trägheit mit strengen Worten getadelt hätte. Denn es komm mir vor, ich tue etwas nicht nur Überflüssiges, sondern geradezu Widersinniges, wenn ich einem solchen Boten noch einen Brief an Euch übergebe. Weil er mich meine Pflicht aber nicht versäumen lässt, so muss ich ihm wohl den Gefallen tun. Ihr dürft also von mir keine lange Geschichte der hiesigen Verhandlungen erwarten. Wir sitzen müßig im Lager, da uns die Feinde gar keinen Anlass zum Kampfe bieten. Wenn wir meinen, nun sei man allen ihren Ausflüchten entgegengetreten, so erdenken sie gleich neue Schliche. Wir hoffen aber, dass diese Kunststücke, in denen sie sich so wohl gefallen, zu großem Ruhm des Herrn ausfallen werden. Denn die Welt wird erkennen, wie es um ihr Gewissen stand, das das Licht so sehr scheuen musste. Wir haben mit Worten bezeugt und durch die Tat erwiesen, dass wir von Herzen bereit sind, Rechenschaft abzulegen über unsere Lehre, so schlecht wir dazu vorbereitet sind. Sie, nachdem sie uns oft durch täuschendes Ausweichen hingehalten haben, bekannten schließlich, ohne ein Hehl daraus zu machen, dass sie vor dem doch von ihnen angegebenen Plan des Vorgehens geradezu Abscheu hätten. Und das tun sie, obwohl sie uns in allem, abgesehen von der guten Sache, weit überlegen sind. Verteidiger haben sie, welche es ihnen gut schien, aus ihrer großen Schar auszuwählen. Der, den wir als Schiedsrichter anzunehmen genötigt wurden, ist ihnen offenkundig günstig. An Geld, Macht und allen andern Hilfsmitteln haben sie Überfluss und wir Mangel. Aber ihr böses Gewissen wirft sie nieder, dass sie fliehen, ohne dass sie jemand verfolgt. Ob nicht der Herr ihren Geist so geschlagen hat, dass sie sich nicht zum Kampf mit uns herbeilassen; nicht allein, um sie umso mächtiger und wunderbarer niederzuwerfen, sondern auch, um uns durch ihre Angst demütig zu machen? Denn wir sind nicht würdig, dass er unsern Eifer zu seiner Verteidigung braucht. Wie dem auch sei, wenn nur die Wahrheit geschont wird und seine Ehre immer strahlender aufleuchtet, so muss uns das über und über genug sein. Aber wenn wir auch nicht in offener Feldschlacht handgemein geworden sind, so denkt doch daran, beste Brüder, dass wir einen verborgenen Kampf zu führen haben gegen die krummen Ränke des Satans. Das sage ich darum, dass Ihr durch frommes Gebet mitarbeitet, damit der Herr die Einfalt der Seinen nicht ins Netz solchen Betruges fallen lasse. Die Sache der Brüder [in Frankreich], die von den Gottlosen grausam gequält werden, wollen wir mit geziemendem treuem Eifer auf uns nehmen. Wir können aber gegenwärtig nichts anderes versprechen, als dass wir uns Mühe geben werden, so dass Ihr merkt, dass unsere Bemühung zu ihrer Rettung nicht ausblieb. Von meinem Kommen zu Euch wage ich noch nicht Bestimmtes zu sagen. Farel weiß, welche Hindernisse mich zurückhalten. Ich wünsche aber den Tag zu erleben, da ich Euch alle zugleich im Herrn umfasse. Lebt wohl, trefflichste Brüder. Der Herr stärke Euch mehr und mehr zu seinem Werk.
Worms, 24. Dezember.
Euer Calvin.