Antoine du Pinet, ein Burgunder, Calvins Freund und Korrektor seiner Druckarbeiten. Die „Schlafweisen“ nennt Calvin die Anhänger der Lehre, dass die Seelen zwischen Tod und jüngstem Gericht im Schlafe liegen. Gastius, ein sonst unbekannter Gegner Calvins in Genf.
Gutachten über Zauberei und Vielweiberei.
Gnade sei mit dir und Friede von Gott und dem Herrn Jesu Christo. Auf deinen Brief gehörte dem Inhalt entsprechend eigentlich eine ausführliche Antwort. Ich hatte auch schon mir vorgenommen, eine solche zu verfassen, und hätte es auch getan, wenn sich mir nicht wider alles Erwarten dieser Bote angetragen hätte, durch den mein Brief etwas früher ankommen wird, als durch die Kaufleute, die nächstens von Frankfurt wieder nach Lyon reisen. Ich will also auf die einzelnen Punkte deines Briefes antworten, soweit ich zwischen meinen Geschäften Zeit finde. Ich hätte eher Zeit, wenn ich nicht einen guten Teil davon unserm Bruder widmen müsste in dem Geschäft, dessentwegen er die Reise unternahm.
Über die Zauberkünstler kann ich dir zweifellos versichern, dass sie nichts von einer wirklichen Verwandlung an ihrem Körper erfahren. Ich denke es geht bei ihnen keine andere Veränderung vor als bei den Stäben der [ägyptischen] Magier (2. Mose 7, 10 – 13), die, trotzdem sie wie Schlangen aussahen, doch bei Mose noch Stäbe heißen; vorauszusetzen ist, dass diese Betrüger mehr mit den Augen ihrer Zuschauer ihr Spiel trieben, als dass sie wirklich etwas leisteten. Dem widerspricht nicht, dass die von Mose wirklich zustande gebrachte Schlange dort ebenso ein Stab genannt wird. Denn der Ausdruck wäre nicht fein genug gewesen, wenn gesagt wäre, die Stäbe seien von einer Schlange verschlungen worden. Weil der Prophet die Kraft Gottes erläutern wollte, die den Trug Satans zerstreut, wollte er eben die anfängliche Ähnlichkeit im Stoff hervorheben, damit es nicht scheine, er habe mehr durch irgendein Werkzeug als durch Gottes Arm den Sieg davongetragen. Wenn auf beiden Seiten eine wirkliche Verwandlung stattgefunden hätte, so hätte er eher von Schlangen reden können.
Aber auch das widerspricht der Wahrheit nicht, dass tatsächlich solche böse Verhexung, wie man sie ihnen vorwirft und deren sie sich selbst schuldig bekennen, von ihnen ausgeübt wird. Denn das Reich Satans ist allenthalben mit so abgrundtiefer und dichter Finsternis bedeckt, dass es nicht verwunderlich ist, dass sein Betrug sich bis auf seine eigenen Seher erstreckt. Das ist so verstehen: den Leuten, die der Teufel in seinem unglücklichen Dienst zur Verführung des armen, geringen Volkes missbraucht, gaukelt er selbst allerlei vor, dass sie blindlings auf alles stürzen, was er sie tun heißt. So kanns geschehen, dass sie, von wilder Wut aufgestachelt, nicht nur Kinder, sondern auch andrer Leute Vieh verhexen, indem der Teufel, der in ihnen die Lust entzündet hat, ihnen auch die Kräfte gibt. Um solchen Zauberfrevel festzustellen, kommts darauf nicht an, ob sie selbst fremde Gestalt angenommen haben oder ob sie nur unter allerlei Blendwerk verborgen sich scheinbar verwandelt haben, es ist mehr als genug, wenn sie sich dem Satan zur Ausführung seiner Frevel freiwillig hingegeben haben. Das aber soll dem Satan genommen werden, dass einer glaube, er könne wirklich etwas schaffen, da nur ein Schöpfer aller Dinge ist. Die Wunder, die der Teufel tut, dürfen nur als wesenlose Gespensterdinge angesehen werden. Wenn schon sie oft so wunderbar sind, dass sie alle Wahrscheinlichkeit übertreffen, so müssen wir doch das bedenken, dass es dem Vater der Finsternis nicht schwer fällt, auf diese Weise blöde Augen zu blenden, oder besser, mit Blinden sein Spiel zu treiben. Denn allein der Unglaube ists, der seinen Betrügereien Raum bietet. Ob die Formeln und fremden Worte, die die Beschwörer murmeln, gegen Gläubige etwas vermögen, mag man aus nachstehendem folgern. Wenn du dich nicht selbst so schändest, dich der Eitelkeit des Teufels unterzuordnen, so sind sie eitel Dunst. Wir wissen, dass die Zaubersprüche pure Lüge sind und sicher nicht mehr vermögen, als die Wahrheit. Nicht von beliebigen Wahrheiten reden wir, sondern die Verheißungen wählen wir aus, in denen der Herr uns Sündenvergebung, Wiedergeburt, Besitz ewigen Lebens, ja Christum selbst anbietet. Was haben sie für Wert, wenn man sie ohne Sinn und Verstand spricht oder hört? Gewiss nicht mehr, als wenn man Töpfe und Schüsseln zusammenschlägt, dass es einen Ton gibt. Das Wort Augustins ist wahr, die Wirksamkeit des Worts im Sakrament erscheine und bestehe nicht darin, dass es gesprochen, sondern darin, dass es geglaubt wird. Schwere Schmach aber täten wir dem Worte Gottes, wenn wir ihm geringere Kraft zuschrieben als tollen Possen und Verrücktheiten. Deshalb müssen wir unsere Leute ermahnen, dass sie sich nicht freiwillig dazu hergeben, sich von der Nichtswürdigkeit des Teufels bestricken zu lassen. Denn wir haben reiche Verheißungen, in denen der Herr erklärt, er habe seine Knechte allen Ränken des Satans, also auch diesen dummen Possen enthoben. Wenn wir den 99. Psalm recht im Sinn haben, so schützt das uns mit fester Sicherheit gegen alle Schrecknisse. Wenn man uns entgegenhält, Hiob sei vom Satan grausam geplagt worden, so leugne auch ich nicht, dass auch der Teufel eine Geißel Gottes ist zur Züchtigung oder Prüfung seiner Heiligen. Aber ein frommes Herz sieht wohl, dass es mit dem Satan nichts zu tun hat; denn es erkennt, dass allein Gottes Vorsehung handelt, auch wenn sie sich untergeordneter Werkzeuge bedient.
Die Vielweiberei wird von geschwätzigen Brüdern ganz hübsch vorgebracht, wenn sie disputieren – ohne Gegner. Um ihren Irrtum zurückzuweisen, muss man meines Erachtens so vorgehen, dass man zunächst auf die Stiftung der Ehe merkt, und aus ihr muss man dann die bleibende Form der Ehe ableiten. Wenn sie dagegen protestieren, es sei nicht nötig, dass die Ehe auf dem Zustand ihres ersten Bestehens bleibe, so sage ich, ich folge hierin der Ordnung der Schrift. So hat Paulus, in seinem Bestreben, bei den Korinthern das stark verderbte Abendmahl wieder rein herzustellen, sich zuerst auf seine Stiftung berufen. Hat er dadurch nicht als zugestanden angenommen, dass fehlerhaft ist, was von seinem wahren Ursprung abweicht! So hat Christus, als er zeigen wollte, dass die Erlaubnis Moses, einer Frau den Scheidebrief zu geben, nicht der Lust der Männer dienen sollte, die aus diesem Grund sonst gute Frauen entließen, keinen anderen Beweis gebraucht, als dass es ursprünglich nicht so war. Warum soll die Stiftung der Ehe für die Frage der Ehescheidung mehr den Wert eines Gesetzes haben als für die Frage nach der Zahl der Frauen! Also sollen sie entweder die Beweisführung des Herrn leichtsinnig nennen (was eine unerträgliche Lästerung wäre!), oder uns gestatten, dass wir dieselbe anwenden. Also nach dem Vorbild des Herrn argumentiere ich so: Wenns dem Mann nicht erlaubt ist, sich von seinem Weib zu scheiden, weil er uranfänglich mit dem Weib verbunden wurde mit der Vorschrift, er sollte eine untrennbare Lebensgemeinschaft mir ihr haben, so wird’s auch nicht erlaubt sein, mehrere Weiber zugleich zu nehmen, weil im Anfang nicht mehrere, sondern eine Gehilfin ihm gegeben worden ist. Der Herr zeigt weiter deutlich, dass er länger vorausgesehen hat als auf ein paar Jahre. Denn so stehts bei Mose: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, ich will ihm eine Gehilfin machen [1. Mose 2, 18], die ihm ähnlich sei, dass die zwei ein Fleisch sein sollen. Nicht drei oder vier zugleich verbindet er miteinander, sondern zwei allein. Und wenn er das tut, so geht das nicht Adam allein an, sondern bezieht sich auf das ganze Menschengeschlecht. Er stellt also ein unverletzliches Gesetz auf, dass zwei Gatten sollen ein Fleisch sein. Von der Stiftung müssen wir, glaube ich, weitergehen zum gesetzmäßigen Brauch, wie er uns durch Gottes Wort festgesetzt wird. Um der Hurerei willen, sagt Paulus, habe ein jeglicher sein eigenes Weib und eine Jegliche ihren eigenen Mann [1. Kor. 7, 2]. Wir sehen, er bestimmt jedem Weib seinen Mann, damit nicht das schwache Geschlecht ohne Hilfe der Hurerei verfalle. Aber der Herr will zur Vermeidung der Hurerei für das Weib nicht weniger vorgesorgt haben als für den Mann. Wir müssen also sehen, ob etwa dem Weib weniger Gefahr droht als dem Mann. Wenns doch feststeht, dass ihr noch viel mehr droht, wäre das fromm, wenn ein Mann seinem Weibe raubt, was ihm der Herr als Hilfe gegeben hat? Folgt: der Mann ist seines Leibes nicht mächtig, sondern das Weib [1. Kor. 7, 4]. Also vom Tage an, an dem ein Mann mit einem Weib sich verbindet, verpflichtet er ihr seinen Leib, so dass er ihn nachher nicht mit andern gemein machen darf. Wenn er es doch tut, hat er die Treue gebrochen. Drittens müssen wir unsere Betrachtung auf die allgemeinen Ehegesetze richten, die in der Schrift vorkommen. Unter ihnen ist keines, das die Vielweiberei verteidigt. Vielmehr laufen alle eher auf eins hinaus, dass je ein Weib einen Mann habe. Auf diesen Gesetzen müssen wir fleißig bestehen, denn es ist klar, dass sie dazu gegeben sind, dass nach ihren Vorschriften die Ehen gehalten werden; woraus folgt, dass man nicht ohne Gefahr von ihnen weichen darf. Nun wird es passend sein, auf die Widerlegung der Einwände der Gegner überzugehen. Vor allem halten sie uns das Beispiel der Patriarchen vor, die sich auch nicht jeder bloß mit einem Weibe verbanden. Ich sage nicht, sie hätten gesündigt, weil die Schrift davon berichtet, ohne irgend solches Tun zu verdammen. Aber wir wollen ein wenig erwägen, welchen Grund sie hatten. Als erster von den Erzvätern erlaubte sich Abraham die Vielweiberei. Wozu? Gewiss dazu, dass er der Verheißung teilhaftig werde, in der sein Glaube an die ewige Seligkeit ruhte, und das auf Anraten seines Weibes, dem er nach ehelichem Gesetz verpflichtet war. Für Abraham gab es also einen besonderen Grund, dessen sich unser Geschlecht nicht rühmen kann. Er wollte einen Weg finden, sich Samen zu erwecken, aus dem das Heil der Welt hervorgehen sollte. Isaak hatte einen Spross von der ersten Frau; eine zweite nahm er nicht. Bei Jakob ist es etwas schwieriger, besonders wegen seiner Ehe mit Rahel. Denn dass die Mägde an Stelle der Frauen genommen werden, hatte keinen andern Zweck als die Erfüllung der Verheißung. Bei Rahel aber ist die Ursache eine andere. Da gab er seiner Begierde nach. So wage ich es nicht, ihn in einer Willkür dieser Art zu entschuldigen, und wie er gestraft wurde, sehen wir. Er wurde geplagt zwischen den beiden Weibern durch ihren beständigen Zank und Unfrieden, er, der mit einer ein ruhiges stilles Leben hätte führen können. Von diesen Stammeshäuptern drang dann die Sitte weiter zu ihren Nachkommen, die ich ohne Zögern unmäßig nennen kann im Anspruch auf dies Recht. Denn was man sagt, es werde an Salomo nicht getadelt, dass er mehrere Frauen gehabt habe, sondern nur, dass er sich auch fremder nicht enthalten habe, hat keine Beweiskraft. Denn man wird nicht behaupten wollen, er habe mit Fug und Recht getan, was durch das Gesetz untersagt war. Im allgemeinen Gesetz hatte der Herr auch den Königen verboten, die Zahl der Weiber zu mehren. Wenn er, meine ich, durch dies Gesetz gebunden war, so hat man keinen Grund, zu behaupten, er habe keinen Tadel verdient, bloß weil einmal der Tadel weggeblieben ist. Das soll also unser Resultat sein: da die heiligen Väter wussten, dass aus ihrem Samen das Heil kommen solle, so waren sie nicht ohne Grund sehr darauf aus, Samen zu bekommen, an dem sie die ganze Erfüllung der Verheißung sehen könnten. Diesem ihrem Verlangen hat der Herr in seiner Nachsicht nicht ohne bestimmte Ursache zugestanden, dass sie mehrere Weiber nähmen, besonders wo außerordentliche Umstände dazukamen. Dass das aber ein besonderes Vorrecht war und nicht als Beispiel genommen werden darf, geht daraus hervor, dass die Schrift bei ihnen den besonderen Grund fast mit Namen bezeichnet. Das Beispiel der Spätern darf uns nicht nötigen, weil wir sehen, dass die Nachkommen einfach die Väter nachahmten. Schließlich werden sie, auch wenn sie es versuchen, nicht beweisen können, dass nach der Erscheinung Christi statt habe, was anfangs einmal erlaubt war, damit Christus kommen könne. Der Spruch des Apostels [Tit. 1, 6], den sie beibringen, kann ihnen leicht aus den Händen geschlagen werden. Wie stehts, wenn wir ihn auf die Zeit Pauli beziehen, in der die Vielweiberei ganz verbreitet war? Wenn man sagen wollte, da unter den Judenchristen die meisten die Gatten mehrerer Frauen waren und sonst durchaus nicht zu verachten, aber doch, wenn sie zu Bischöfen gewählt worden wären, großen Anstoß geboten hätten, so habe der Apostel rechtzeitig vorbeugen wollen, so wäre dagegen nichts zu sagen; obwohl andere den Ton nicht so sehr auf das Wort eines [Weibes, Mann] legen, sondern einfacher annehmen, Paulus fordere von einem Bischof eine ehrbare Ehe. Ich aber lasse mich nicht von meiner alten Ansicht abbringen. Ich war immer der Meinung, mit diesem Wort werde von den Bischöfen eine besondere und ungewöhnliche Reinheit gefordert, da es vorschreibt, nur solche zu wählen, so weit es ginge, die nur einmal verheiratet waren. Denn das ist nicht widersinnig, dass vom Bischof verlangt wird, was andere aus der Menge nicht zu leisten brauchen. Die jüngern Witwen mahnt Paulus zu einer zweiten Ehe. An der gleichen Stelle aber will er nicht haben, dass zu einem kirchlichen Dienst die zugelassen werden, die eine zweite Ehe eingegangen haben, damit an ihnen nicht der Makel der Sinnlichkeit hafte. Was Wunder, wenn er diesen Makel der Sinnlichkeit auch beim Bischof scheut. Nicht zwar so, als müsste vom Amt abgehalten werden, wer nach dem Tode der ersten Frau eine zweite nahm. Das war seine Absicht nicht, ein bestimmtes Gesetz aufzurichten, sondern er wollte nur zeigen, dass bei einem Bischof die höchste Art jeder Tugend zu wünschen sei. Wie sich die Sache auch verhalte, nichts unterstützt die Verteidiger der Vielweiberei. Hat man sie ihrer Beweisgründe beraubt, dann muss man von neuem in sie dringen mit den Zeugnissen der Schrift, die die Ehrbarkeit der Ehe lehren, und es wird nicht unrichtig sein, daran zu erinnern, wer der erste Urheber der Vielweiberei war, nämlich Lamech [1. Mose 4, 19], und dass unter den Knechten Gottes keiner erwähnt wird, der mehrere Weiber um sich gehäuft hätte, da doch noch erlaubt gewesen wäre, die raschere Ausbreitung des Menschengeschlechts vorzuschützen. Es kam ihnen sogar nicht einmal in den Sinn, was sie schon von der Natur in gewisser Weise zu scheuen gelernt hatten. Christus allein war es wert, dass aus Sehnsucht nach ihm die Grenzen dieser natürlichen Gesetze überschritten wurden.
Gegen die schlafsüchtigen Schlafweisen erhältst du eben nichts von mir, teils weil ihre Widerlegung zu lang ist, um in einem Brief zusammengefasst zu werden, teils weil ich das Büchlein, das ich vor drei Jahren gegen sie geschrieben, nächstens neu herauszugeben hoffe. Butzer, der vorher abgeraten, es herauszugeben, mahnt mich nun dazu.
Um nun auch noch auf deine erste Beschwerde zu kommen, so hatte ich öfters vor, privatim an dich zu schreiben; ich weiß nicht, wie es kam, dass sich meinem guten Willen nie die passende Gelegenheit bot. Dass ich offiziell nichts an die Brüder schrieb, geschah absichtlich; denn da ich nicht nur vermutete, sondern es fast mit Augen sah, dass kein Wort von mir kommen könne, ohne gleich durch allerlei Verleumdungen übertrieben zu werden, hatte ich beschlossen, durch Stillschweigen die böse Zunge der Gegner zu entkräften. Damit die Billigung der Brüder erlangen zu können, bezweifelte ich gar nicht. Da sie sich nun aber gar nicht befriedigen ließen, schreibe ich ihnen über den Grund zum Gottvertrauen. Einen Beschwerdebrief an Euer Kollegium aber lasse ich mir jetzt nicht abpressen. Die Ruhe der Kirchen ist mir mehr wert, als dass ich sie meinethalben gestört sehen möchte. Wenn die Beschuldigungen, wenn der persönliche Wert meines Anklägers der Art wäre, dass es irgendwelche Bedeutung hätte, so ließe ich mich vielleicht bewegen. Aber nicht, wenn nicht das hinzukäme, dass durch mein Schweigen und Dulden meinem Amt ein Makel aufgebrannt würde. Doch ich sehe kein Ende der Kämpfe ab, wenn ich mich einmal dazu hergebe, solche Zungendrescher zu bändigen. Damit aber Gastius und seinesgleichen nicht allzu sicher höhnen, sollen sie wissen, dass mir weder die gute Sache, noch die Fähigkeit, sie zu behaupten und zu verteidigen, fehlen, noch dass mir die Gunst der Zuschauer unseres Kampfes mangelt, selbst nicht in ausgesprochener Zustimmung gewichtiger Autoritäten, und dass sie, wenn ich nach meinem Rechte zu handeln mir erlaubte und mich nicht die Ehrfurcht vor Christus und seiner Kirche zurückhielte, spüren sollten, welchen Erfolg ihre dumme Frechheit hätte. Andrerseits denke ich, dass ich mit Recht guten Leuten zu zänkisch vorkäme, wenn ich, nicht zufrieden mit dem Zeugnis meines Gewissens vor dem Herrn und mit dem Urteil der Kirche, wegen des heiseren Geschreis hohler Gesellen gleich auch Lärm schlüge. Dass wir nicht zögern, unsere Sache vor das Urteil der Kirche zu bringen, haben wir mit demselben Vertrauen bewiesen, mit dem wir dem Ausgang eines Zusammenstoßes mit diesen leichtsinnigen Gesellen entgegensähen. Es folgte das Urteil der Kirche, ich will nicht betonen, wie ehrenvoll für uns; es ist mir genug, dass es meine Amtstätigkeit billigte. Ich will nicht herzählen, wie öffentlich und privatim Leute, die den ersten Platz in den berühmtesten Kirchen innehaben, Zeugnis für uns ablegen. Nur das sage ich: Solange ich im Vertrauen auf mein reines Gewissen und das Urteil der Kirche das Licht nicht zu scheuen brauche, ists mir gleichgültig, was diese Hunde im Winkel bellen, obwohl ich glaube, lange werden sie es nicht tun. Kommen wird einst der Tag und steht schon bevor, wie ich hoffe, da man die Verteidigung der Wahrheit hören wird. An Euch ists, ohne jeden Schein von Zank und Streit zu beraten, ob es recht ist, dass einer, den die Kirche von Straßburg zum Pfarrer machte, sich von einem Gastius herunterreißen lassen muss.
Die Ausgabe unseres Katechismus macht mir Angst, besonders da sie so nahe bevorsteht. Was mir neulich gesandt wurde, war ganz falsch gedruckt. Ich muss da, lieber Bruder, dich um Treue bitten, dass du nicht nur für mich, sondern für alle Frommen dir recht Mühe gibst.
Ich habe das Alles nun so eilig hingeworfen, dass mir nicht einmal Zeit bleibt, es zu überlesen. Aber bei dir, der du an meine Korrekturen und auch Fehler reichlich gewöhnt bist, finde ich wohl Nachsicht. Im letzten Brief habe ich dir ja bezeugt, wie wert und angenehm mir deine Hilfe ist, um dich dadurch zur Fortsetzung anzutreiben. Leb wohl, liebster Bruder, grüße mir alle Eurigen aufs beste, deine Kollegen namentlich, und die, die du in deinem Brief genannt hast. Ich muss rasch an einen andern Brief.
Straßburg, 1. Oktober 1538.
Dein Calvin.