27. November 1532
Der ehrbaren und tugendsamen Frauen U. von Stockhusen, Hauptmännin zu Nordhusen, meiner günstigen, guten Freundin.
Gnade und Friede in Christo. Ehrbare, tugendsame Frau! Ich hab‘ euerm lieben Jungherrn ein Trostbrieflein in der Eile geschrieben. Nun, der Teufel ist euch beiden feind, darum, daß ihr Christum, seinen Feind, lieb habt. Deß müsset ihr entgelten, wie er selbst spricht: Weil ich euch erwählet habe, darum hasset euch die Welt und ihr Fürst; aber seid getrost. Es ist köstlich vor Gott das Leiden seiner Heiligen. Aber itzt in der Eile kann ich wenig schreiben. Sehet aber ja darauf, daß ihr den Mann keinen Augenblick allein lasset, auch Nichts bei ihm, damit er ihm möcht‘ Schaden thun. Einsamkeit ist ihm eitel Gift, darum treibt ihn der Teufel selbst dazu. Wenn man aber mit ihm viel Historien, neue Zeitung und seltsam Ding redet oder lese, schadet nicht, ob’s zuweilen faule oder falsche Theiding und Mährlein wären, vom Türken, Tartern und dergleichen, ob er damit zu lachen und zu scherzen könnt‘ erregt werden: und dann flugs drauf mit tröstlichen Sprüchen der Schrift. Was ihr thut, so laßt’s nicht einsam, noch still um ihn sein, daß er nicht in die Gedanken sinke. Schadet nicht, ob er darüber zornig wird. Thut, als sei euch leid, und scheltet drum rc. Bestellet es aber immer desto mehr. Solches wollt‘ in der Eile fürlieb nehmen. Christus, der euch solches Herzenleids Ursach ist, wird euch helfen, wie er euch selbst neulich geholfen hat. Allein haltet nur feste, ihr seid sein Augapfel; wer den anrührt, der rühret ihn selbst, Amen. Zu Wittenberg, Mittwochs nach S. Katherinen, 1532.
Doctor Martinus Luther.
Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefe an Frauen als Pfingstgabe für die deutsche protestantische Frauenwelt. zusammengestellt von Dr. K. Zimmermann Darmstadt Buchdruckerei von Heinrich Brill 1854