Luther, Martin – An Churfürst Johann zu Sachsen. (20. Mai 1530)

Coburg, 20. Mai 1530.

Durchlauchtigster rc. rc. Unser lieber Vater im Himmel helfe, daß E. C. F. G. Herz fest und geduldig bleibe in seiner Gnade.

Denn auf’s Erste, so ist ja dieß gewiß, daß E. C. F. G. solche, Mühe, Kost, Gefahr und lange Weile lauterlich um Gottes Willen tragen müssen, sintemal alle wüthige Feinde keine andere Schuld zu E. C. G. haben, denn das reine, zarte, lebendige Wort Gottes; sonst müssen sie E. C. G. ja einen unschuldigen, stillen, frommen, treuen Fürsten bekennen. Weil denn das gewiß ist, so ist’s ja ein großes Zeichen, daß Gott E. C. G. lieb hat, als dem er sein heiliges Wort so reichlich gönnt. Und Gott zum Freunde haben, ist ja köstlicher, als aller Welt Freundschaft haben. Ueber das, so zeigt sich der barmherzige Gott noch gnädiger, daß er sein Wort so mächtig und fruchtbar in E. C. G. Lande macht. Denn freilich E. C. G. Lande die allerbesten Prediger haben, wie sonst kein Land in aller Welt, die so treulich und rein lehren und so schönen Frieden helfen halten. Es wächst jetzo daher die zarte Jugend von Knäblein und Mägdlein, mit der Schrift so wohl zugerichtet, daß mir’s in meinem Herzen sanft thut. Es ist fürwahr solches junges Volk in E. C. G. Lande ein schönes Paradies, desgleichen auch in der ganzen Welt nicht ist. Und solches Alles baut Gott in E. C. G. Schoos, zum Wahrzeichen, daß E. C. G. gnädig und günstig ist. Als sollte er sagen: wohlan, lieber Herzog Johann, da befehle ich dir meinen edelsten Schatz, du sollst Vater über sie sein: denn unter deinem Schutze will ich sie haben, und dir die Ehre thun, daß du mein Gärtner und Pfleger sein sollst. Das ist je gewißlich wahr. Weil denn Gott so reichlich in E. C. G. Land wohnt, daß er so gnädiglich walten läßt, daß dadurch E. C. G. Güter alle in einem seligen Brauche und Dienste gehen und eigentlich alles tägliche Almosen und Opfer sind, dem heiligen Worte Gottes dargereicht ohn Unterlaß, so hat E. C. F. G. große Ursach, sich in Gott zu freuen und an solchen großen Zeichen seiner Gnade sich zu trösten. Denn es ja eine große herrliche Ehre ist, daß Gott E. E.G. dazu erwählt, geweiht und würdig gemacht hat, daß Leib und Gut, Land und Leute und alles, was E. C. G. hat, in solchem schönen Gottesdienste steht und geht, daß sein göttlich Wort nicht allein unverfolgt, sondern auch dadurch gleichsam ernährt und erhalten wird. Zuletzt haben nun E. C. G. auch zuvor das treue herzliche Gebet bei allen Christen, und wir wissen, daß unser Gebet recht ist, darum wir auch gewiß sind, daß es erhört wird. O, das junge Volk wird’s thun, das mit seinen unschuldigen Zungen so herzlich gen Himmel ruft, und E, C. G. als ihren lieben Vater so treulich dem barmherzigen Gott befiehlt. Unser lieber Herr und treuer Heiland, Jesus Christus, den uns der Vater aller Gnaden hat so reichlich offenbaret und geschenkt, der wolle E. C. G. über alle meine Worte, seinen heiligen Geist, den rechten ewigen Tröster senden. Amen, lieber Gott, Amen.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’S Verlag.) 1862