Melanchthon an Johann von Anhalt, 22.10.1534

Durchläuchtiger Hochgeborner Fürst und Herr. E. Fürstl. Gnaden sind meine arme Dienste in Unterthänigkeit zuvor, Gnädigster Fürst und Herr. Ich habe noch kein Rathschlag gestellet, damit ich gewartet, ob vielleicht E. F. G. bedächten mich zu fodern; aber die Artikel so ich gesehens sind Verweisens wol würdig, so die Leute nicht davon klar abstehen. E. F. G. wollen auch Acht darauf haben, ob sie etwa mit andern Anabaptisten Conspiration haben, dadurch Aufruhr zu besorgen, dann wo dem also, wäre nit gut, daß sie also ledig gelassen, sondern man müßte größern Ernst erzeigen. Ich besorge auch, es stecken mehr Opiniones hinter ihnen, dann Sie haben viel und mancherley Artikel sunst, wider Oberkeit, Gericht, Eyd; davon mögen E. F. G. sie fragen lassen, damit ihr unrecht Opiniones männiglich gemarckt werden, und andere Leut ein Scheue kriegen vor solcher ungöttlichen und mörderischen Sect. Wo nun die Artikel ihrer Lahr gnugsam erforschet, kann man die Straff darnach scherfen oder lindern, und stelle solches alles zu E. F. G. Bedenken. Gott bewahr E. F. G. allezeit gnädiglich. Datum Witteberg Donnerstag nach Lucae, 1534,

E. F. G.
unterthäniger Diener
Philippus Melanchthon.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen II
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1835

Luther an die Fürsten Johann und Joachim von Anhalt.

15.10.1533

Gnad, Trost und Fried in Christo. Durchleuchtigen Fursten und gnädigen Herren! Wir hören allhier, wie bis Sonntag sollen zu Dessau einkommen der Cardinal, Marggraf Hanns, Georg rc. zur Tageleistung. Nu denken wir wohl, sie werdens nicht lassen und an E. f. G. setzen mit Worten umb des Evangelii willen, und sorgen darneben für E. f. G. Anfechtungen. Darumb wir auch herzlich und traulich unsern Herrn und Heiland anrufen und bitten, daß er E. f. G. wollte stärken und erhalten in seinem Wort und angefangenem Werk. Amen. Uber das wissen wir nicht weiter mit solchen Köpfen zu kämpfen, denn sie wollen weder sehen noch hören. Aber E. f. G. können sich meins geringen Achtens mit des Concilii Namen ein wenig schutzen, weil man sich dahin in aller Welt beruft; zum andern, meins Namens sich äußern und sagen, wir hören den Luther nicht. So ist ja E. f. G. Pfarrherr so ein sittiger Mann, den sie nichts zeihen können. Doch weil niemand errathen kann, wie sich die Rede werden zutragen, ist das Beste, man lasse es gehen; wie Christus sagt: Wann ihr fur Fürsten und Herren stehen sollet, so sorget nicht, wie ihr reden sollet; ich will euch Mund und Weisheit geben, dem nicht widerstehen sollen alle eure Widersacher. Wiewohl solche verstockte Herzen nit werth sind, daß man viel mit ihnen rede, wie Salomon sagt: Wo kein Hören ist, da schütte das Wort nicht aus; und Christus: Ihr sollt das Heiligthumb nicht den Hunden geben. Darumb kurz Antwort und auf andere gefallen, das ist eine Antwort für sie. E. f. G. halten mir mein Schreiben gnädiglich zu gut. Christus verleihe E. f. G. seinen Geist der Weisheit und alles Trostes, Amen. Mittwochen an St. Gallen Abend. 1533.

Dr. Martin Luther’s Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von
Dr, th, Ernst Ludwig Enders
Neunter Band
Calw & Stuttgart.
Verlag der Vereinsbuchhandlung.
1903