Melanchthon, Philipp – An zwei Geistliche in Zwickau, Leonhard Beyer und Christoph Ering.

22. Jan 1541.

Es ist eine große Erleichterung der Seelen bei allen öffentlichen und besonderen Schmerzen, die Gemeinde seines Orts ruhig zu sehen, weil hauptsächlich die Gemüther im Gebete zu Gott verbleiben, welches, wenn Uneinigkeiten zum Vorschein kommen, sehr gestört und verhindert wird. Da nun gegenwärtig Viele wegen Unglücksfällen in großer Bekümmerniß sich befinden, so müssen besonders die einzelnen Lehrer darauf Bedacht sein, daß ihre Kirche gleichsam ein Hafen sei, worin die betrübten Bürger sich flüchten und da sie durch Anrufung Gottes aufgerichtet werden. Wir vernahmen indeß, daß unter Euch über eine nicht sehr wichtige Sache ein gefährlicher Zwiespalt entstanden sei, wegen dessen die großen Schmerzen, die wir sonst der vielen öffentlichen Trübsale wegen erdulden, einen bedeutenden Zuwachs bekamen. Wenn wir nun auch uns kein Ansehen gegen Euch anmaßen, noch Euch etwas gebieten wollen oder können, so geben wir doch unsern Schmerz zu erkennen und bitten Euch um Gottes und der allgemeinen schweren Kümmernisse willen, von diesem Streit abzulassen, was Euch in diesem Alter, in dieser Würde und im göttlichen Dienste vornehmlich geziemt. Glauben auch beide, mit Fug zu streiten, so ziehet doch Eurem Rechte das Wohl der Kirche vor, und höre doch der Geistliche auf, seinem Amtsbruder mehr Last aufzulegen, und erbiete sich dieser von freien Stücken, um der Kirche willen mehr Mühe zu übernehmen. Oder wenn beide nicht nachgeben, so soll Einer nachgeben, und haltet es nicht für schimpflich besiegt zu werden. Kein Sieg, keine Triumphe sind in der Kirche löblicher, als in solchen Streitigkeiten die öffentliche Eintracht der Privatleidenschaft vorzuziehen, was nicht lange erwähnt zu werden braucht, da es Euch wohl bekannt ist. Wir glauben, daß Ihr selbst sehr oft an den Sohn Gottes denket, welcher sich unter alle Menschen dergestalt erniedrigte, daß er sich vor den ewigen Vater hinwarf, für uns flehte, und den wahren und schrecklichen Zorn desselben wider unsre Sünden auf sich nahm, wie wenn er selbst sich mit unsern Freveln befleckt hätte. Wenn wir diese so große Demuth bei dem Sohne Gottes bedenken, so staunen wir, und bedauern, daß Ihr und andere zuweilen so heftig über Euer Ansehen streitet. Laßt uns vielmehr von unsrem Rechte nachgeben, wie der Sohn Gottes von seinem nachgab, und gleich ihm um der Kirche willen einige Bürden auf uns nehmen, und es nicht als schimpflich betrachten, niedriger zu erscheinen, da sich doch der Sohn Gottes unter uns erniedrigte. Wir zweifeln nicht, daß durch dieses Vorbild die Herzen aller Frommen bewegt werden.

Sodann bedenket auch die Zeiten, die öffentliche Trübsal mache alle kleinlichen Fehden zu nichte: vermehren wir die Schmerzen nicht mit andern, und hindern wir nicht unser und Anderer Gebet, mit solchen Zwistigkeiten, welche die Seelen mannigfach verwunden. Wir bitten Euch dringend, schonet unsern Schmerz! Wie wir auch sonst der Ansicht waren, daß man über nichts, als über die Lehre streiten dürfe, so denken wir jetzt bei diesem Jammer aller Frommen weit mehr so, daß nicht bei den so großen Wunden des Gemeinwesens noch mehr Uebel entstehe. Deßhalb beschwören wir Euch nochmals um Gottes, des Urhebers des Friedens willen; dessen Wort lautet: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder genannt werden. Lasset diesen ganzen Streit, und fördert die Ruhe Eurer Gemeinde. Lebet wohl!

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862

Luther an Leonhard Beier

29.9.1528

Gnade und Fried in Christo. Mein lieber M. Leonhard! Ihr wisset ohn Zweifel, wie der gute Gesell Paulus Hentz, etwa eur Schulmeister, noch hinterstellige Schuld hat bei etlichen Burgern zum Guben, welche er bisher mit viel Laufen und Kosten nicht hat mugen kriegen, und ist doch ganz arm, hat sonst diesen Winter nichts zu verzehren, weil sein Vater ist mit Feur heimgesucht zu Lubben. So bitte ich gar freundlich, wollet Herrn Licentiat Pichen zu euch nehmen, und beide von meinen wegen den ehrsamen Rath zu Guben bitten, daß sie doch ein gut Werk der Barmherzigkeit thun wollten und, angesehen sein Armuth, solche Schuld vom Rathgeld darstrecken und ihm geben, und die Mühe von den Burgern zu mahnen zu sich nehmen, wie sie doch ohn das wohl schuldig wären zu thun, weil es doch ja ihre Burger sind, und nicht leiden sollen, jemand das Seine vorzuhalten, welche Sunde in Himmel ruft und gleich so viel ist, als gestohlen und geraubt. Lieber, richtet solches wohl aus, denn ihr auch schuldig seid, solches zu thun, daß ihr nicht ihres Raubes theilhaftig werdet. Grußet mir Ern Licentiat Pichen freundlich. Ich hoffe, es gehe euch mit eur Eva und Abel wohl. Gott hat mir ein Elslin genommen. Hiemit Gott befolhen, Amen.

Die Michaelis 1528.

M.L.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Sechster Band.
Briefe vom Januar 1527 – Oktober 1528
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1895

Luther, Martin – An Leonhard Beier.

Gnad und Friede in Christo. Mich freuet es sehr, und billige es in alle Wege, daß Ihr Euch mit Gertruden von Mylen, wenn sie Gott euch bescheret hat, zu verehligen gedenket. Ihr möget also mit meinem Gutachten und besten Wünschen die Sache im Nahmen des Herrn betreiben. Diese Jungfrau gefällt mir vor allen ihren Gespielinnen, in verschiedener Rücksicht, sehr wol. Ich schreibe deshalben Eurer Bitte gemäß an ihre Mutter. Der Herr segne Euer Vorhaben. Amen.

Dinstags nach Epiphan. 1526.[8.1.]

Euer
Martin Luther

Quelle:
D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.

Luther, Martin – An Leonhard Beier

Gnad und Fride in Christo. Es hält sich bey mir, unter andern Jungfrauen, die jüngst aus dem Kloster in Freyheit gesezt wurden, auch eine gewiße Gertrud von Mylen auf, deren Mutter oder Großmutter bey Euch in Guben wohnen soll, und an die sie durch eben diesen Bothen schreibt. Nun ist es Eure Pflicht, daß auch Ihr sie ermahnet, daß sie ihre Tochter oder Nichte zu sich nehme, oder wenn sie nicht will, so werde ich ihre Ausstattung besorgen, welches ihr vielleicht nachher mißfallen könnte. Lebet wohl, und betet für mich.

Sonntags nach Francisci. 1525. [8.10.]

Euer
Martin Luther

Quelle:
D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.

Luther, Martin – An Leonhard Beier.

Gnad und Friede in Christo. Ihr habet in jener Ehesache, von der Ihr mir Meldung machet, ganz richtig geurtheilet, mein bester Leonhard! Wollte der weltliche Arm mit Strenge verfahren, so könnt er diesen ehrlosen, unverschämten Hurer in der ersten Hitze des Eifers auf das schärfeste hernehmen, oder gar Landes verweisen. Wenn also das Mägdlein sich nicht gütlich überreden läßet, daß es ihm verzeihe, und drein willige, so kann und darf sie mit Recht und Fug nicht gezwungen werden. Was kann man sich für eine glückliche Ehe versprechen, wenn der Brautigam schon vor der Einsegnung so was sich erkühnet! Gehabet Euch wohl im Herrn.

Wittenberg Mittwoche nach Aegidius. 1525 [6.9.]

Euer
Martin Luther

Quelle:
D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.