Hans Ungnad an Brenz.

12 Januar 1561.

Dem Ehrwürdigen und hochgelerten herrn Johanni Brentio der hay. Schrifft Doctor und des Hertzogthumbs Wirtenberg general Superintendenten, Meinem gueten Freundt. Gnad und Frid von Gott dem Heren, Ehrwürdiger Lieber Herr. Auff die handlungen, so Ich dise negstvergangene tag bey Euer und meinem g. fürsten und herrn, auch bei E. E. dess hochtrefflichen Crabatischen werekhs halben angepracht, und es damals dahin gestellet gewesen, das herr Primus Trubar Pfarrher zue Kempten als dess gantzen werekhs Principal teglich hie ankhomen und allen sachen grundtlicher und genugsamer bericht von jme genomen werden solte: So ist nun ermelter Herr Primus Zaiger diss fürhanden, das angefangen Christliche Crabatische werekh zuvolziehen begerendt, von dem nun E. E. dess gantzen werekhs allen genugsamen bericht werden wissen einzunemen. Bitt darneben gantz freundtlich, E. E. wöllen als ein hocherleuchte Christliche Person, wie sy auch aus Christlichem gmüete für sich selbs zuthun geneigt, Auf unsers loblichen fürsten gethane gnedige bewilb’gung dises gottselige werekh zue der ehren gottes und aufferbawung seiner reinen wahren kirchen auch Christenlich befürdern helffen, wie E. E. alls ein hochweiser und von gott hochbegabter selbs am peesten zuthun wissen, Welchs auch der Allmechtig gnedig gott E. E. und allen denen, so dises treulich und christenlich befürdern, in ewig zeit reichlichen belohnen wirdet, Auch Ich sambt dem Herrn Primo und den andern Personen in ander weg mit höchstem wider beschulden und verdienen wöllen.

Zum Andern, Ehrwürdiger lieber herr, thuo Ich E. E. freundtlich anzaigen, das, alspaldHerr Johannes Sehradinus gewesner Prediger zu Reutlingen, wie E. E. unzweifflig wissen, in gott verschiden, man von stunden nach obgemeltem Herrn Primo gestellt und jn gern an desselben statt gehabt hette, wie er auch von seiner geschickhlicheit und Christlichen gottseligen wandels wegen an andere mehr orth erfordert worden. Dieweil er dann ein solcher fromer gelerter Christlicher und erleuchter Mann ist, der hieige Pfarrher aber, wie E. E. wissen, vil anfechtungen hie hat, seinethalben auch wol geschehen kündte, und jm vileicht nicht vil daran lege, wie sy zuvor schon ein mal miteinander zu red worden, So sech Ich für guet und hochnutzlich an, doch auf E. E. verpösserung (dieweil es doch zuvor drauff gestanden, das man den hieigen Pfarrher verendern wöllen), Ob man disen fromen gelerten mann mit diser Pfarr in disem landt behalten möchte. Disem werden nun E. E. als der hochverstendig auch wol recht zuthun wissen, und hab solches E. E. gueter Christlicher wolmaynung anzaigen wöllen. Da ich dann derselben alle freundschafft, liebs und guets erzaigen khan, bin ich dess allzeit willig und geneigt, und thue E. E. hiemit den gnaden dess Allmechtigen gottes efelhen. Datum Urach den 12. Januarii A. 61.

E. Erwurdt williger freundt
Hanns Ungnad.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.