Stör, Stephan – Brief an den Schultheiß und Rath der Stadt Dissenhofen

DEn frommen, ehrsamen, weisen Schultheiß und Rath der Stadt Diessenhofen, seinen gönstigen, liebne Herren entbeut und wünschet Stephan Stör, jetzt wohnhaft zu Liechstall, Heyl und Barmherzigkeit in Gott durch Jesum Christum unsern Herrn! Es hat der Gott und Vater aller Gnaden in diesen letsten Zeiten nach der Grösse seiner Gütigkeit angezündt das heitere Licht seines heiligen Evangeliums und heilsamen, tröstlichen Wortes, welches allein die Schnur und Richtscheid ist, darnach alle Menschen leben sollen. Dasselbige habet auch ihr, als fromme Christen (so viel ich schon vor einer guten Zeit mit Freuden verstanden habe) empfangen und angenommen. Mich aber hat Gott in seinem Worte so weit gebracht, daß mir Gefahr und Schaden um seiner Lehre willen zu leiden, ob Gott will, süß und erträglich seyn soll. Ich habe wohl gedenken können, daß mein Handel, den ich jetzt vollführt, wir viel zu schaffen geben, auch vielen Menschen nicht gefallen würde. Da ich aber aus der heiligen Schrift so viel erlernet hab, daß meine Sach christlich und gut, auch mir nach der Gestalt meiner Haußhaltung zu meiner Seelen Heyl nothwendig sey, hab ich mich Gefahr und zeitlichen Schaden nicht lassen abschrecken. Nachdem ich nun diese Collation vollendet, bin ich von lieben und guten Freunden gebeten worden, daß ich dieselbige durch den Truck ausgehen ließ, welches ich dann allein zur Offenbahrung der göttlichen Wahrheit und um christlicher Liebe willen gethan und euer ehrsamen Weißheit zugeschrieben hab. Dann damit dieses Büchlein, als in welchem aller Handel begriffen ist, allen Menschen desto anmuthiger und lustiger zu kauffen und zu lesen wär, hab ich es unter euerem ehrlichen Name wollen trucken und ausgehen lassen, mit ganz demüthiger Bitt an euer ehrsame Weißheit, daß ihr solches von mir als eurem gehorsamen Stadt-Kind aufnehmet. Alles was ich allen Diessenhofern Ehren und Gutes beweisen kan und mag, will ich allezeit, wie dann meine Schuldigkeit ist, bereit seyn mit ganzem Willen und gern zu thun. Gott, als der gnädige Vater, wolle uns alle in seinem Heiligen Worte und Lehre erhalten und erwachsen lassen. Hiermit will ich mich euerer ehrsamen Weißheit unterthänig befohlen haben. Datum zu Liechstall den 26. Tag Februarii des 1524. Jahres.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen- Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes; Herausgegeben von Johann Conrad Füßlin. Zweyter Theil. Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1742.