Brenz, Johannes – An Kanzler Vogler (1531).

29 Mairz 1531.

Dem Erbarn und hochachtbarn Herrn Georgen Vogler, Cantzler, meinem günstigen lieben herren. Gnad und frid von unserm HERRN Jesu Christo sampt meinem alzeit willigen bereiten dienst zuvor. Gunstiger lieber herr Cantzler, nach dem Ich zum nechsten von Onoltzbach anheimisch kommen, hab Ich meinen herrn alhie zu hall ein wenig von der kyrchenordnung, so mein gnediger herr und die von Nürnberg sambtlich begriffen und von den versamleten zu Onoltzbach zum nechsten wieder übersehen Ist worden, gesagt und Inen ein solchs verlangen damit eingeworffen, das sie selben ordnung von hertzen gern sehen und lesen wollten. haben mir darauff bevolhen, euch meinem Insonders günstigen herrn dienstlichs fleyss anzusuchen, ob Ich der selben ordnung abschrifft erlangen möcht. Wiewoll Ich nun ein bedaurens hab, euch in so vill nättigen geschefften, damit Ir sonst täglich beladen seyen, anzulauffen und etwas unruw zuzumuten, yedoch vertrost Ich mich ewer güte und bitt euch gantz fleissig, Ir wellendt die vill genant ordnung In ewer Cantzley oder sonst lassen abschreiben und mir die selb bey eigner bottschafft, nach dem sie abgeschriben, zuschicken, auch darbey das schreiben verzeichnen. So soll es dem botten sampt dem bottenlon gwisslich und eigentlich aussgericht und bezalet werden. Und so es fuglich und euch unbeachwerlich Ist, will Ich, so vill bittlich, euch In sonderheit gebetten haben, wollendt auch sampt der ordnung lassen abschreiben die Acta und handlung auff dem yetzigen tag zu Nurnberg gehallten aussgericht, wie Ich woll gedenck, das Irs alles fleissig habt auffzeichnen lassen und dasselb also abgeschriben mir bey obgenanter eigner bottschafft zuschicken. Das schreiberlon soll auch darumb gwiss sein. Das will Ich alzeit umb euch gantz dienstlichs fleiss zuverdienen schuldig sein, mich in Ewer gunst hiemitbevelhendt. Ich schreib ytz teeglich Homilias latinas In die bucher der konig, wann mir gott gnad geb dieselben zu volfüren, so wurds ein gross Opus und bin gantz willens, den Lucam darnach mit der hilff gottes zu fertigen. Hiemit unserm HERRN gott bevolhen, gegen welchem, bitt Ich, wollendt mein in ewerem gebett Ingedenck sein. Datum zu hall mitwoch nach Judica Anno XXXI. Ewer gantz williger und gehorsamer Johan brentz. Günstiger lieber herr Cantzler, was mir für abschrifft von euch zugeschickt wurdt, das soll on zweiffell vertrauter weiss der massen in geheim bey meinen heim bleiben, das es nyrgends offentlich ausskomme.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg den Frommen (Jan. 1531).

18 Januar 1531.

Darchleuchtiger Hochgebomer furst, Unsers HERRN gottes gnad sampt meinem underthenigen alzeit bereiten schuldigen dienst zuvor. Gnediger Herr. Ich hab E. F. G. schrifftlich beger sampt den beygelegten verzeichnussen undertheniglich vernummen. Und nach dem meine herrn ein Erbar Radt zu hall mir günstiglich erlaubt haben, so will Ich mit der hilff gottes auf den ernanten tag bey andere E. F. G. theologen zu Onoltzbach undertheniglich erscheinen, und mich hiezwischen in den verzeichnussen meins müglichsten fleis ersehen, auch darauff meins geringen verstands gutbeduncken nach E. F. G. beger verfassen. Dann E. F. G. gehorsame underthenigkeit zuerzeigen erkenne Ich mich alweg schuldig zu sein. Hiemit sey E. F. G. unserm HERRN gott bevolhen. Datum zu Hall. 18 die Januarii Anno XXXI.

E. F. G. undertheniger und gehorsamer

Johan brentz, prediger zu hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An den Rath zu Hall (Anfang Octobers 1530.)

Vest Erbar weys und fursichtig Hern. Ich hab die nottel des tagen Augspurgischen Abschieds widerumb ubersehen, und nachdem E. W. zuwussen begert, warin und in welchen stucken derselb abschied antzunemen beswerlich, Auch was daruff vor kay. M. raglicher weys zu handeln sey: So gib Ich e. w. hiruff undertheniglich zuversten, das gleich wie under einem hauffen erbarer biderlewt zweyerlai parthey in des glaubens sachen erfunden, Also mag auch die beswerd des abschieds zweyerlai weys angelogen werden.

Etlich seyen in des glaubens sacheu verstendig und entpfinden in jrm gewussen auss dem gotlichen wort, das die itzig predig des Evangeliums recht und warhaftig ist, und disse mogen die beswerd des Abschieds auf gotlich weys von artickel zu artickel, wie es auffs kortzist hernach folgt, anziehen.

Ich wil ytz geschweygen der vorred und Narration kay. M. darb sein M. erzelt, das die bekantnus des glaubens den protestirenden Stenden durch die heiligen Evangelia und schriften widerlegt nd abgeleint sei worden, welohs einem verstendigen Cristen zubewilligen oder helffen zuversigeln und bestetigen gantz beswerlich wt . N mlich so kay. M. die gegenantwort der protestirenden Stend, so in hailiger gotlicher geschrift wol gegrundt ist, gantz aussgeslagen und keins wegs hat annemen wollen. Das dan nichts anderst ist, dan on ordenlich gericht und verhor verdamen. Aber die artickel wil Ich fur die hand nemen und auffs kurtzist die beswerd darin antzaigen.

Zum ersten wurdt gesagt, das die Cristenlich kirch auss einsprechung des hailigen gaists und guten ursachen heilsamlich geordnet hab, das einem Jden Cristen lichen menschen das hochwirdig Sacrament allein under der gestalt des brots gereicht werden sol etc. Das ist so beswerlich antzunemen, zu bewilligen und helffen handtzuhaben, das darmit der hailig gaist geschmecht und gelestert wurt. Es hat ye Crittus unser her das Sacrament in baiderlai gestalt auss dem hailigen gaist eingesetzt. So ist die schrift, die da sagt: Trinckent all daruss, auss angeben des hailigen gaists geschriben. Darumb welcher die verendrung diser einsatzung on ausstrucklich gotlich wort dem hailigen gaist zuschreybt, der lestert den hailigen gaist und ruft jn fur ein lugner auss, als der da in seinen worten unbestendig sey und heut weys, morgen schwartz rede. Wan man nu disses wolt nach der leng auflmutzen, wie es mit der warhait geschehen mocht, so wurd man darhinder so vil beschwerd finden, das sich ein Cristenlich hertz darvor entsetzen wurd und freylich ehe den todt leiden, dan darin bewilligen und bekennen.

Zum andern die gemein und sondere messen betreffend: wiewol die Layen kein mess halten, so ist doch das einem Cristenlichenlayen gantz beswerlich, das Er sol verwilligen und helffen zwingen die mess zuhalten, die gewisslich seyen ein lesterung des leidens unsers hern Jesu Cristi. Dan das einig opfer unsers Hern Cristi, so einmal am Creutz geschehen, ist ein gnugthonung fur unser sund. So stets aber in den beyden Canon der Mess, das der Mess opfer der lebendigen und todten sund hinweg nem: was ist das anderst dan Cristum verstossen und das werck der mess an sein etat setzen? Es ginge wol hin und wer leidenlich, das man das messgewandt anthet und etlich ander Ceremonien, auch gesang und gebet in der Mess hielte; Aber zubewilligen, dass die mess allermassen ja wie bissher under dem Bapstum geschehen gehalten werd, das hiess Cristum verleugnen und die Mess fur Cristum erkennen.

Zum dritten mocht der kinder firmung an jm selbs wol gedult werden. So ligt auch nit vil an der Olung, so man sie an jr selbs bedenkt. Aber da ligt die beswerd: die Olung ist gebraucht worden fur verzeihung und ableinung der Sund, und wurt ytz gebotten allermass wie bissher zuhalten. So man nu darin bewilligt, wurd man abermal in ein lesterung des leidens Jesu Cristi, das allein die sund abnimpt, verwilligen.

Zum vierdten des freyen willens und des blossen glaubens halb wer wol ein mitel zutreffen; Aber wie es die Schuller geschriben und der artickel des abschieds gemeint, so wurdt darmit der gnad Gottes jr ere und dem glauben sein gerechtikait enzogen. Dan sovil man dem freyen willen zulegt, sovil benimpt man der gnad Gottes, und sovil man gerechtikait den wercken zugibt, sovil nimpt man sie dem glauben, So doch geschrib stet: der mensch wurt gerecht auss dem glauben on die werck des gesatz lauter vergebens. Darumb in disse artickel zubewilligen, wan mans recht wil aussrechen, so ist nichts dan die gnad Gottes und den glauben verleugnen. Zum funfften, Was fur beschwerd eins Cristen gewussens daruff sthee, wan er zwingen sol, all alte Ceremonien wider auffzurichten und die verdichte prister, als hetten sie wider Got gehandelt, des lands vertreiben etc., Bedarff nit vil wort. Ein igklicher verstendiger kan es selbs wol bedencken.

Und in Summa: Ein Gotsforchtiger Crist, der seines glaubens gewissen grund und verstand hat, mag wol leiden on seins gewussens nachtail, das kay. M. auch andere Curfursten und fursten den alten glauben, wie sie jn nennen, halte. Es mag doch ein Crist wol leiden, das ein ander ein Jud oder Turck sey, das bringt -einem gewussen kein nachtail. Aber sich in den Ob erzelten stucken mit kay. M. Curf. und fursten (wie die wort des abschieds lauten) vereinigen und vergleichen, auch dasselb mit eignem Insigel bestetigen, Das kan und mag mit gutem gewussen vor Got on Nachtail der sel selikait nicht geschehen. Unnd das ist dieGotlich weys, darmit sich ein verstendiger Crist des Abschieds billich beschwern muss.

Dargegen sein etlich frum erber Biderlewt vor der welt und sein doch einfeltig und ungelert layen, Sehen wol die sach gern gut, versten sich aber nit vil weder in dem alten noch in dem newen glauben. Wiewol nu diss.e die vorgend gotlich weys der beswerd weder glauben noch versten, Jdoch wil jnen als vernufftig Biderlewten auch nit geburn, in dissen beswerlichen abschied zuTerwilligen und mogen die beswerd weltlicher weys bedenken and anziehen, also:

Zum ersten. Der handel des glaubens, so itz im zwispalt, ist hoch wichtig und treffenlich, und furnemlich ubertritt er gar nahe in den aller hochsten artickeln den geringen verstand eines ungelerten einfeltigen Laven. Man disputirt von dem Canon in der mess, so weys laider der einfeltig lay nicht, was Canon heisst . Man disputirt von der gerechtikait des glaubens, Ob die frumckait allein dem glauben oder auch den wercken zuzeschreyben sey. Disse disputation gibt auch den hocherleuchten Cristen zuschaffen, wil geschweygen dem einfeltigen layen. Man handelt vom freyen willen. Es ist aber kaum muglich, das ein einfeltiger disen handel wie man in der schul by den gelerten darvon redt, versten moge. Man handelt von Sacramenten: es solten aber die einfeltigen layen wol nit wussen, was doch das Sacrament zu deutsch hiess. Und derglychen artickel sein vil, darob sich der zwispalt des glaubens erhept hat .

Solt nu ein Erbarer frumer biderman bewilligen, verjehen und bekennen, das Er in warhait selbs nit verstet, und solt dartzu helffen die andern zwingen, demselben von jm selbs unverstandenen glauben anzuhangen, oder wo es sie nit thon wolten, sie helffen verfolgen, vertreiben, verjagen, erwurgen und erslagen: wie kont es doch ein Redlicher man, ob er schon sunst an got nit glaupt, uber sein hertz bringen?

Zum andern, so hat kay. M. ein ableinung der protestirenden Stend bekantnus gethon und sagt frey, Es sey mit dem hauigen Evangelion und der schrift abgelaint, haben doch die selbe ablainung wenig person gehort . Wie wolt es sich dan einem vernufftigen weysen man gezimen, das Er ein solichs verwilligt und mit Beinern aigen Insigel bestetigt, das Er nit gehort noch gewusst, und ob ers schon gehort, nit verstunde. Man sagt wol, das man kay. M. hirin vertrawen sol, Jr M. werd niemants verfurn. Das mag man wol gut lassen sein, wan kay. M. in jrm weltlichen ampt bleipt und darin handelt . Aber wan sich sein M. des glaubens sachen annimpt, so stet geschriben: Man sol auch keinem Engel vom himel herab trawen, Er sag dan das recht Evangelion. Und wil die sach des glaubens und der seeln auff kein menschen sondern allein uff Gottes wort vertrawt sein.

Zum dritten die zwispalt des glaubens gehoren ordeulich zu eins Concilii entschiedung. So beruffen sich auch die protestirende Stend auff ein Concilium. Solt nu ein Biderman in den itzigen Abschied verwilligen: was thet Er anders, dan das er unordenlich hilff beschliessen, das ordenlich zum beschluss eines Concilii gehort, und das were nichts anderst, dan on ordenlich urtail and Recht verdamen. Und das seyen einem vernufftigen man grosse beswerd, das er ein unverstandenen handel unverhort sol helffen verdamen und die leut, wo es datzu kem, erslagea.

Dieweyl nu, Gunstig lieben Hern, kay. M. der protestirenden Stend verantwurtung nit hat wollen annemen, Sonder gesagt, man sey nit hie von Disputirens wegen, so kan Ich wol erachten, wan schon E. W. die beswerd, so oben gotlicher weys erzelet seyen, vor kay. M. furwendet, sie wurden ein gering ansehens haben.

Dartzu so ist die versamlung Ewer erbaren weysshait ungleich. Ich bit aber E. W. wolle mir disses gunstlich verzeyhen. Dan sol Ich mein gutbeduncken sagen, so muss Ichs on ansehen der person thun, Und hat dise meynung. Ich gedenck, es seyen wol etlich ander e. w. versamlung, die in des glaubens sachen verstendig und in jrm gewissen entpfinden, das die itzig predig des Evangeliums recht und wahrhaftig sey, und so disse allein erfordert wurden, so geburt es jnen nach gotlicher weys die beswerd des abschieds zubekennen. Ich gedenk auch, das etlich darunder seyen, so die ßach ernstlich gut meinen, seyen dartzu redlich und erbar, vernufftig biderleut, Jdoch haben sie kein grundtlichen verstand, bericht und wussenhait diser hochwichtigen sach. Darumb so ye kay. M. wussen wolt, warin doch e. w. diser abschied beswerlich anzunemen sey, bedunckt mich, es wer ytzemal gnug gethon, das E. W. die weltlichen beswerd furwendt und kay. M. anzaigte, das e. w. bisshieher in den kirchen Ceremonien fur sich selbs nichts verendert oder abgethon, Sonder den gantzen handel als einfeltig ungeiert leyen nie underfangen wusten oder kondten sich auch noch nit all erinnern, welch parthey recht hat: Und ob sie wol mancherlai horten von diser oder jhenner parthey, nach dem ein igklicher sein meynung auff das best furbrecht, So kundten sie doch alle darin nach jrm einfeltigen verstand nichtz beschlusslichs urtailn. Dieweyl dan der abschied auff die ander parthey entlich besleusst, und sie der sach gantz unverstendig, So sey jnen beswerlich, vor ordenlichem entschied eins Conciliums darein zuwilligen und ein unverstanden handel helffen znvolstrecken. Aber seiner M. gebot dise handlung des glaubens betreffendt kondte e. w. und ob sie es schon kont, wolte sie doch als gehorsam underthon nit mit einkherlai gewalt verhindern, Sonder on jr zuthon, hilff oder verwilligung in jrm gebiet fur sich selbs on gewaltig Intrag fort gen lassen. Erbar, weys and gunstig hern. Das ist kurtzlich in diser handlung mein meynung, guter zuversicht, So e. w. dises oder dergleichen billich mitel mit anruffung gotlicher gnad und hilff, orx welche aller menschen Ratsleg und klughait vergebens ist, fur die hand neme, der Her unser Got werde uns wol durch wunderbarlich weys on versehens auss disser anfechtung und versuchung erredten.

E. W. undertheniger und gehorsamer

Johan prentz, Prediger.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An den Rath zu Hall (g. Ende Sept. 1530.).

Vest Erbar weys und fursichtig Hern. Ich hab die Notel des itzigen Augsburgischen Abschieds auss e. w. bevelh muglichs fleys uberlessen und vernomen. Gib hiruff e. w. mein meynung underthenigklich zuerkennen. Nachdem der mertail desselbigen abschieds die prediger betrifft und den selben der ler und Ceremonien halben vil beswerlich und ungotlich stuck darin gebotten wurt: So kan und wil Ich als ein torrichter prediger dem selben abschied in den ungotlichen stucken keinswegs volgen oder gehorsam sein, sonder mich unserm Herngot, dem Ich mer dan einem menschen gehorsam zu laisten schuldig bin, bevelhen.

Dieweyl dan auch im egemelten abschied einer Cristenlichen Oberkait eben als beswerlich stuck gebotten werden als den predigen), wie das nach der leng mocht erzelt werden, Und vor e. w. als den verstendigen zuerzeln on not ist: So kan Ich auch e. w. nit radten, das sie diesen Abschied annem oder darin verwillige. Und so ditz e. w. meynung were, den abschied nicht antzunemen, sehe mich fur gut an, das e. w. jrn gesandten zu Augspurg bevelh theten, sich zuerkundigen, was die protestirenden stend hieruff handeln wolten. Dan sie on zweyfel den abschied, so jnen vorhin furgehalten, nit annemen werden, wie sie jn auch zuvor nit angenomen haben. So dan disse stend auff das Concilium appellirten, mochten e. w. gesandten derglychen appellation auch thon.

Wo sich aber die sach also zutrug, das kay. M. den protestirenden Stenden ein sondern und miltern abschied gebe, der jnen anzunemen leidlich were, und sein M. wolt by den andern Stenden den itzigen abschied gehalten haben, Oder das kay. M. der appellation kein stat noch raum wolt geben, So ist mein gutbeduncken, das e. w. durch ein Supplication kay. M. jr wesen hie zu Hall in des glaubens sachen zuversten geb und darbey antzaig, das e. w. bissher dem abschied zu Speyer gemess gelept und kein newerung turgenummen, heten auch by diser lere biss hieher friden und sinigkait erhalten und kondten nit anderst befinden, dan das dise lere zur selikait furderlich sey, und begern derhalben des entschieds im Concilii, daruff die handlung des glaubens durch gelert lewt insjfandig gemacht wurde. Wolt aber sein M. ye haben, das hieivuschen Concilio all alte ler und Ceremonien wider uffgericht by jnen werden solt; so konten sie als arm underthon dem selben gebot nit wern. Aber dieweyl sie nit anderst bericht seyen, dan das diise lere dem hailigen Evangelio gemess sey, konten sie darin nit bewilligen etc. Wie solicbs alles mit glimpfigern worten, so e. w. farnemen were, geschehen mocht. Dan frum Cristen, so auch der künftigen selikait begern , konen wol unrecht leiden, aber nit in daß unrecht bewilligen und helffen bestetigen. Das demnach auch von keinem frumen cristen disem abschid in allen artikeln gemess gelept werden mag.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Antonius Hofmeister (ungef. 21 Sept. 1530.)

In der Sach das Evangelium betreffend zaig Ich e. w. mein bedacht diser meynung an. So hierin von weltlichen Sachen oder gemeinem weltlichem nutz zuratten were , wolt Ich wol meins verstands nit allein fur mein person, sondern auch fur ein gemeine Stat und mein nachpawern, sovil got gnad verlihe, zuraten geneigt und willig sein. Aber dieweyl dise sach eins igklichen glauben insonderhait und den himelischen gotlichen und ewigen nutz, den man nit durch fremden sonder durch den eigen glauben erholet, belangt, Und Ich fur keinen andern glauben kan, bin auch eins andern glauben nit vergewisst: So wil mir nicht geburn, fur ein andern vileicht noch unwussenden, der sach unverstendigen oder auch unglaubigen zuraten. Darumb sovil mein person betrifft, bekenne Ich die warhait des Evangelions, so biss anher ein zeitlang clar und lauter gepredigt ist, unsern Herr Gott bittende, er wolle die selben in mir zu dem ewigen leben thetig und fruchtbar machen. So nu der abschied des itzigen Reichstags die selb warhait verbieten und die Romisch unwarhait gepotten wurde, kan Ich mit gutem gewissen vor Got und mit mundtlicher bekantnus vor der Welt, wo solichs von mir erfordert wurt, keins wegs darein bewilligen, Sonder hab mich billich aller gotlichen mittel von den baiden Rechten gaistlich und weltlich vergondt und zugelassen, als da seyen beschwern, protestiren etc., dargegen zu gebrauchen. Wil dan kay. M. mich daruber vergeweltigen, das muss Ich, so ich rittlich handeln wil, leiden und nicht mit gewalt widerstreben. Es ist mir dannecht liber, Ich leide unrecht, dan solt Ich durch verwilligung des abschieds dahin getrungen werden, das Ich must den Cristenlichen Stenden auss kay. M. bevelh, wie es vermutlich ergen mag, alles laids und ubels durch krieg zufugen und also unrecht thon etc.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Antonius Hofmeister (2 Sept. 1530.)

Gnad und frid unsers Herrn Jesu Cristi zuvor. Gunstiger liber Her Stetmaister. Ich schick Euch hiemit etlich abschrift der briff, so Luther an den Curfursten von Sachsen und seinen Cantzler geschriben hat. Mogt dieselben lesen und verwart behalten, das sie nit ausskomen. Die red sein hie verwirt. So ist der Handel noch verwirter. Der ausschus des gegentails hat den unsern auss befelh der andern Stend antzaigt, Wo wir uns mit kay. M. nit verglychen wollen, so werd sein M. all ceremonien wider uffzurichten biss uff ein Concilium gebieten. So halten die Fursten des gegenteils den merern tail heimlich Raet on erfordert der unsern. So hat Erasmus Roterodamus newlich hergeschrieben demPhilippo, Wie die von Basel jrn Canonicis gebotten haben in acht tagen sampt jrer hab und gut sich auss der Stat zuthon. So kan man auss andern anzaigungen keins guten fridlichen abschieds verhoffen. Welchs alles des zukunfftigen krigs und verderbung des teutschen lande vorfechten sein. Darumb mocht Ir euch wol hieher gen Augspurg widerumb nit anderst abfertigen lassen, dan als were es gewiss, das ein widerwertiger abschied gefiel. Wurt es besser, so ist es gewin. Got wolle doch der seinen verschonen, das sie nur an der sel mit der welt nit verderben. Hiemit unserm Hern Got bevolhen Amen. Datum zu Augspurg Sambstag nach Egidii Anno XXX.

Nach dem Ich die briff beslossen, hat mir ein guter frund gesagt, der Curfurst von Sachssen wolle in die kunfftig wochen gewigslich binwegk ziehen. Wo dem also, wurt man freylich der Reichstag bald ein end nemen. Auch hat kay. M. heut ein botten zum landtgrave von Hessen abgefertigt und jm by der acht gebotten, das Schloss Cronberg seiner M. zuzestellen, das Cronberg wol von kay. M. zulehen gen. Was aber das fur ein gedancken dem landtgraven bringen werd, ist leichtlich zuerachten. Wan man den hundt slahen wil, findt man bald ein stecken datzu etc.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An den Rat zu Hall (23 Juli 1530.)

Erbar und weys hern. Gottes Gnad durch seinen Sun Jesum Christum sampt meinem underthenigen willigen dienst zuvor. Gunstig lieb Hern. Es haben auss bevelh e. w. mein zwen gunstig Hern, die Statmaister, so von e. w. hieher gen Augspurg auff den Reichstag gesandt seyen, mein gutbeduncken begert, wes sich e. w. gegen dem kunfftigen abschied dises gegenwurtigen Reichtags in dem artickel unsern hailigen Cristenlichen glauben belangendt gepurlich und cristenlich halten sol. Hieruff gib ich e. w. auss schuldigem gehorsam nach vermog meins geringen verstands zuerkennen, das auss der gnad und Barmhertzikait Gottis, angesen sovil ernstlicher und hertzlicher furbit und flehen, das teglich in den cristenlichen kirchen allenthalben fleyssig geschieht, auch gotlicher bestendikait deren fursten und Stet, so sich der bekantnus des glaubens der kay. M. ubergeben, auch e. w. vor diser zeit von meinen gunstigen hern den Stetmaistern zugestelt, wol zuverhoffen ist, es werde ein gnediger abschied gefallen, Den jm unser Hergot, der des konigs hertz, wie geschriben stet, in seiner handt hat und zeucht es wohin er wil, guter zuversicht aberbieten und ergreinen lassen wurt, Ob wol der lewt sund und undanckbarkait ain anderst verdient hat. Idoch ist auch auss menge und gewalt der widersecher des Evangeliums und auss gegenwurtiger beswerlicher handlung, so kay. M. unangesehen des gnedigen aussschreybens gegen den Cristenlichen Fursten und Stenden furnimpt, zuvermuten, der abschied wird dahin gelangen, das man furohin biss auf ein Concilium. so vileicht nimermer wurt, alle Evangelische predig abstellen und die Bapstlichen kirchen gebreuch widerumb auffrichten sol. Nun ist wol zuerachten, das hierin ein unglaubiger weltmensch jm selbs bald geraten hat. Dan dieweyl Er sein Datum in disse welt setzt und acht des glaubens und des zukunfftigen gottes Reich nit hoch oder vil, so gilt es jme gleich, er vergonne warhait oder lugen zupredigen, recht oder unrecht gebreuch in seinen kirchen auffzurichten, wurt sich auch dero sach halben mit keiner ungnad seins weltlichen hern und nachtail seins zeitlichen guts beladen. Aber gesetzt, wie es auch die recht grundtlich warhait ist, das die Evangelisch predigt, wie sie genant wurt und biss hieher an vil orten teutscher Nation gepredigt ist worden, im grund also sey, und der abschied des itzigen Reichstag solt die selb warbait verbieten: So kan ain igklicher verstendiger selbs wol ermessen, was nachtails nit allein vor got und an der sel selikait, sonder auch vor der welt seins guten ruffs und Namens halb einem solchen entsten wurde, der erstlich die gotlich warhait zugelassen und angenomen het, und darnach dieselb auss verbot eins weltlichen hern verleuckeln und verdamen helffen wolt. Ich gedenck, ein weyser haid, der schon kein rechter grundtlicher crist were, so jm ain solcher fal begegnet, und wolt doch seiner sel nicht achten, der wurd doch seins namens und guten Rufs vor der welt verschonnen, Auch alle gepurliche rechtmessige mitel suchen, wie er sich des unbillichen verpot gegen seinem weltlichen Hern entschultet. Darumb kan und wais Ich E. W. als ein ungeschickter prediger in diser sach nichts anders zuraten, dan das e. w. so ein abschied gefiel, der die warhait gotlichs worts verpieten wurde, den selben abschied nicht anneme noch darin bewillig, Sonder dawider protestire und auff ein kunfftig Concilium appellire mit dem fursatz, der Ro. kay. M. als naturlicher Oberkait mit gwalt nimermer zuwidersten. Dan hiemit wurd e. w. vor unserm Herr Got als cristen besten und wurde doch gemeine Stat auch die unrechten cristen, so in der Stat wonnen, in kein gevar oder nachtail jrs leips und guts gesetzt. Es ist ye protestiren und appelliren ein gotlich rechtmessig mitel von allen Rechten vergondt and erlaupt, das sich darmit ein beschwerter vor unbillichem urtail und Mandaten seins Oberherrn gotlich behelffen mag. So ist auch kay. M. kein Richter in den sachen des glaubens, sonder wan man ye menschlich darvon reden wil, so gehorn dieselben sachen fur ein gemein frev cristenlich Concilion. Daruff dan sich kay. M. durch jr gesandten und Oratores uff allen Reichstaegen bisshieher zu Nurnberg and Speyer gehalten selbs gezogen hat, auch nie nichts in den Sachen des glaubens erortern wollen, sonder alwegen auff ein Concilium geschoben. Das demnach in der handlung den glauben belangend protestirn und appellirn von dem kaiserlichen abschied auff ein Concilium ein erlaupt gotlich mitel ist, des sich ein ider Stand des Reichs billich gebrauchen mag. Nemlich auch der ursach halb, da sich kay. M. erster erwelung gegen den Stenden des Reichs verschriben hat, sein M. wolle jden Stand by Recht lassen pleyben und dartzu das Recht (wie dan appellirn auch ein stuck des Rechts ist) handthaben und beschirmen. So aber kay. M. der appellation kein stat noch raum wolt geben und fure fort mit der acht und aberacht und thatlichem krig (das doch kay. M. von Rechts wegen ist geboten wurde, und must auss einem tirannischen gemut volgen, welchs by itzger kay. M. in kein weg gespurt mag werden: Alsdan wurde es e. w. gepuren, kay. M. underthenigklich zuverstendigen and anzuzaigen, das e. w. gemut und meynung gar nit dahin gericht sey, seiner M. mit gewalt zuwiderstreben, Sonder dieweil e. w. die erkante warhait nit verleugnen ken, wolle sie leiden, das kay. M. jr itzige prediger und pfarer vertreybe, andere verordne und in der kirchen auffricht, was Ir M. gefellig sey. Hiemit wurd freylich gemein Stat in kein gevar gesetzt, sonder allein die prediger und die Ihenigen, so der predig gelaupten und wollten auff dem selben glauben verharren. Es soll auch also zugen, das das bad von des Evangeliums wegen nicht uber ein gemein landt oder Stat, Sonder uber die prediger und bestendigen glaubigen, dero alweg der geringst tail in einem flecken erfunden werden, aussgen sol. Dan X aol ein igklicher Crist glauben seinem nachpawer on schaden. Es sagt auch Cristus, da die Juden jn fingen: Wan jr mich suchent, so lasst disse (vermeint aber seine Junger) ledig gen. Es sol aber nit gedencken, das sie in disem fall von wegen gemeiner Stat protestire und appellire, dan wer wolt von des glaubens wegen fur boss leichtfertig buben oder schon erber doch unglaubig lewt, dere man alwegen vil in einer gemein Stat findt, protestirn. Sonder e. w. protestirt fur jr selbs person, wie sie jr underthon regirn wolle; gefellt dasselb kay. M. nicht, so mag jr M. disse person, so dem Evangclion glaupt, des ampts entsetzen und ein andern dabin verordnen, das doch hirin gemeiner Stat kein uberlasst beschicht. Das hab ich e. w. undertheniger meynung nit verhalten wollen, Unsern Herrn got bittend, das er E. W. sein gnad verleyhe hirin zuhandeln, was gotlich und Cristenlich ist. Dan E. W. und jrer underthon hail sol mir liber sein und hoher erfrewen, dan alles zeitlich gluck und gut, so mir in disser zergengklichen welt zusten mocht. Hiemit bevilh Ich mich E. W. die got in langwirigem Regiment friste. Amen. Datum zu Augspurg am tag Marie Magdalena Anno XXX.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Bitt der Kirchendiener zu Hall an den Rath daselbst, Cristenliche Ordnung furzunemen.

1529.

Erbar, weys und fursichtig Herrn. Es tregt E. W. gut wissen, was fur ein grausam geschrey und jemerlich Handlung vom Turckiechen Tirannen ytz vorhanden seyen, dardurch aller ander Cristenlicher hertzen vonwegen der not und angst jren verwandten nachbauren und mitglaubigen, so von dem Turcken ellendlich verhext und verschlaift, billich entsetzt, erschreckt und zu ernstlichem mitleyden, auch underthenigem furbit gegen Unserm Herrn Got geraitzt und gezogen sollen werden. Dieweyl nu uns als den unwirdigen der Kirchen sorg bevolhen und wir auss teglicher erfarnus des gmeinen pobels unachtsamkait, auch rowloss leben also befinden, das weder zucht noch ordnung, wollen geschweigen cristlich besserung des lebens on stete empsige anweysung gotlichs worts an jnen erlangt und erholet werden mogen, So bitten wir E. W. underthenigklich, wolle uns all Sontag zur vesper und all donnerstag zum tag ampt ein Cristenlich Litanei, das ist Gemein gebet zusingen sampt vorgender predig wider den Turcken vergonen und erlauben.

Wir haben wol, wie e. w. wussend, bisshieher allen feyertag gemein gebet in der Kirchen gefurt, darin gleichwol wider die Tirannei des Turcken aber doch verborgenlich gebetet wurdt. Auch so wir in unserem teglichen predigen das volck zur besserung des lebens ermanet, haben wir eben mit dem selben das recht mittel getroffen, dardurch der Turck uberwunden und vertriben werden mocht. Zu dem so ists wol war, das eusserlich gemein Kirchengebet on besserung des sundtlichen lebens und on ernstlich heimlich stet seufftzen gegen Got geringen nutz bringt. Idoch so ist das jung volck und gemein pobel so farlessig und unachtsam, das es sich wenig umb ander Cristenmenschen leiden und anfechtung bekumert, man teuts dan jnen mit fingern und stelle es jnen offenlich fur die augen, Wais auch nit fur sich selbs, was oder wie es sich in einem jeglichen gegenwärtigen nodt halten, und ob oder wie es doch unsern Herrn Got bitten und anrufen sol.

Hieruff diser ungeschicklicheit zubegegnen were unsers bedunckens vast nutzlich und dienstlich, so in der wochen zwey oder dreimal ein predig von Turcken gehalten und gmein Litaney gesungen wurdt, das wir auss e. w. erlaubnus gantz gehorsamlich und willigklich anrichten und mit der Hilff Gottis gern vollbringen wollen.

Das aber die gemein kirch auch fur e. w. dester frolicher und mit besserm gewussen unsern Herrn Got bitten kond, So bitten wir e. w. unser person halb underthenigklich, aber unsers ampts halben, so wir unwirdigklich tragen, ermanen wir Euch durch unsern Herrn Got ernstlich, das E. W. die ergernus des Bepstlichen missglaubens, noch zum tail allhie in der Stat aufrichtig, mit fuglichen mitel, sovil einer Cristenlichen Oberkait muglich furkomen wolle. Dan E. W. ist wol bericht, das die Bepstlich mess ein solicher abergraw vor unserm Herrn Got ist, das Er von der selben wegen, wie by den Juden von wegen jrer abgotterey, also by den Cristen land and lewt verderpt, verhert und gantz verschlaift. Und wo das E. W. noch nit bericht were, wolten wir dasselb sampt gotlicher Hilff mit allem fleis und warhait auss der hailigen geschrift thun zu welcher zeyt wir erfordert wurden.

Nun helt man noch teglich on underlass in der Schupach die Bepstlich mess, auch zu sant Johans. Wiewol aber E. W. der Kirchen sant Johans halben ein entschuldigung haben mocht, das ie Irer Oberkait nicht underwurfflich sey, und gebur keinem seinem »Iten herkomen mit unordenlichem gwalt zuwern, Wir auch selbs nit raten wollen, etwas mit unordentlichem gewalt auszurichten: So bednnckt doch uns, wo ein grosserer lust zu dem Evangelio den zu dem gunst der gewaltigen getragen wurd, es were vor langest durch bequem mittel zu Sant Johans ein cristenliche ordnung angericht Und furnemlich kan e. w. der Schupach halb gar kein entschuldigung haben. Dan die selb Stifftung, sovil wir wussens tragen, ist zum mehrer tail in e. w. handt gestellt und mag derhalben auss craft jrer Oberkait aufs cristenlichst und nutzlichst angericht werden. Wolten schon die Stiffter oder erben diss nit vergonnen, So wer es doch E. W. und der gantzen Stat ril nutzer und besser, das gelt der Stifftung gar lassen faren, dan ein eoüchen abergraw in jrer Stat zugedulden. Ja ob schon E. W. ytz d gelt der Stifftung wider den Turcken wendet, wie solt dasselb nit mögen vor den Stiffter vor gaistlichen und weltlichen verantwort werden? Dieweyl doch auch die Bepstlichen Fursten und Oberkaiten jtzundt pfrunden der meynung einnemen, das sie die nutzung wider den Turcken zuwenden furgeben. Darumb bitten wir fleissig, E. W. wolle jr die schmach, so unserm Herrn Jesu Cristo teglich in der Bepstischen mess widerfert, zu hertzen gen lassen und die selben fuglicher weys, wie ytzundt antzaigt, furkomen, Oder doch auff das allerwenigst die nutzung der Stifftung in der Schupach aufheben, biss auff ein anortnung eins gmeinen Conciliums. Dan wo e. w. so kaltsinnig ytz in der nodt wie vorhin in diesem handel sein wurdt, wie kunden wir mit frolichem gewussen fur E. W. unsern Herrn Got bitten? Wie kan oder mag der Cristenlichen Kirchen gebet Euch zu gutem und wolfart geradten? Wie kont Ir mit gutem gewussen des Turcken gewertig sein, dieweyl Ir die schmach des Gottis, so ewer nothelffer sein soll, oneulich gedulden, ja mit demselben darein verwilligen und doch gepurlicher weys wol weren kundten. Es ist vil ein ander ding umb ein Oberkait dan umb ein underthon. Der underthon ist wol entschuldigt, das er leidet ein offenliche schmach Gottis. Aber wan das selb ein Oberkeit gedult und kan es mit gotlichenn billichen mitteln wem, thuts aber nit, so gedeyt die schmach gottis eben als wol uber die Oberkait als uber den Jhenigen, so sie volnbringt. Was hilffts dan, wan man schon lang fur eine soliche Oberkait bittet und grossen ernst vor Got furwendt? So es doch als wenig fasselt als das gebet Mosi fur pharaonem oder Samuelis fur den konig Saul. Dises bitten wir underthenigklich wol e. w. bedencken und jrm beruff trewlich nackkomen. Weyter so lesen wir im propheten Jona, das unser Herr Got Im furnam, die gross Stat Ninive zu vertilcken und schickt derhalben den propheten Jonam dahin, das er dasselb solt in der Stat ansagen und verkundigen, sprechend: Es sind noch viertzig tag, so wurt Ninive umbgekert. Nun glaupt das gemein volck nit allein diser predig, Sie besserten auch nit allein jr leben mit fasten und angezogen secken, dasselb antzaigendt oder beweysendt: Sonder die Oberkait griffs auch selbs an. Dan da das geschray fur den konig zu Ninive kam, stund er auff von seinem tron und legt sein purpur ab und hullet einen sack umb sich und satzt sich in die Aschen und Hess ausschreyhen -und gebietten zu Ninive aus bevelh des konigs und seiner gewaltigen also: Es sol weder menschen noch thier, weder ochsen, schaff etwas essen, Und man sol sie nicht waiden noch wasser trincken lassen, und solt seck umb sich hullen, baid menschen und thier und zu Gott ruffen hefftig, Und ein igklicher beker sich von seinem bossen weg und von frevel seiner hend.

Das mocht wol ein eeltzam affenspiel sein gewesen, das nit allein den menschen, sonder auch den unvernunftigen thiern zu vasten von dem konig gebotten ward. Aber man sehe es an, wie man wol, so hat der konig mit dissen stucken sein und des volcks ernst beweysen und antzeigen wollen, das sie ein forchtsam rewig hertz und diemutig gewissen auss der gotlichen predig entpfangen haben. Dardurch ist auch Gott also erwaicht worden, das er jnen die straff nachgelassen hat.

Dieweyl nu die itzig not und geverlichait eben als hefftig ist als deren zu Ninive, und wer waisst, Ob wir noch viertzig tag lang vor dem Turcken und der zerstorung unsers lands wie die Niniviter acherhait haben: So wil es auch e. w. als einer Cristenlichen Oberkait geburn und erhaisch die gegenwurtig not, das auss ordnung gotlichs worts und nach dem vorbild des konigs zu Ninive e. w. allen jren underthonen ernstlich gebieten lass, hie zwuschen kein offenliche hochzeit zubegen, kein offenlichen Tantz zuhaben, kein offenliche gemein zech auff den Stuben oder wirtzheussern zuhalten, Oder zum wenigsten, das am feyertag all offenliche zech zur vesper zeit ein end solten haben und menigklich in die Kirchen zur Letaney zagen vermanet werden. Auch die weyber kein hochzeitlich geschmuck zutragen, damit menigklich vor Got und menschen sein rewig hertz, sein sundtlich leben und sein ernstlich bitten bezeugt und bewiss. Dan als Uria sagt: Wie solt es sich reymen, das unsere verwandten und mitbruder im feld wider den Turcken ein bartselig leben furten, und wir hie zwuschen im sauss und allen freuden lepten. Disse stuck seyen wol kindisch, ja gleyssnerisch und dem gemeinen nutz schedlich anzusehen. Dan wo man nit vil zecht, da gets am ungelt ab. Man muss aber gedencken, das sich der Turck nit mit dem ungelt, so von der menschen fullerey ver»amelt, Sonder von der besserung unsers lebens vertryben lasst. Auch so vil an* dem zechen erspart wurdt, so kan der gemein man dester mer stewerung wider den Turcken auss anfordcrung der Oberkait erlegen. Zu dem das solich weys und ordnung den ernst by dem gemeinen man schaffen und in allweg zu merer gehorsam und milterer handtreichung bewegen, auch by unsern nachbauren gut exempel erzaigen wurd.

Über das alles wer waiss? Wie im propheten Jona stet: Got mocht sich dardurch bekeren und rewen und sich wenden voü sei~ou grimigen zorn, das wir durch den Turcken nicht verderben. Wit wollen setzen, es sey schon kein ernst, auch kein rechtgeschafne besserung des lebens darhinder (welche doch unser Herr Got gnedigklich wenden wol und bessers zu Im verhoffen), So haben doch wir auss dem vorbild des konigs Ahabs erlernt, das unser Herr Got so barmhertzig und gnedig ist und lasst sich auch einr gleyssners diemutikait von dem zorn abwenden. Dan als der konig Ahab von Elia hort, das sein geschlecht solt aussgerot werden, zerrreys er seine cleider und legt ein sack an und ging krum einher. Wiewol nu Ahab sonst ein ertzbub ware und die besserung des lebens in verborgenheit seins hertzen nit ernstlich meinet: Idoch sagt Got -zuHelia: Hastu nit gesehen, wie sich Ahab vor mir bucket? Weil er nu sich vor mir buckt, wil Ich das ungluck nit einfuren by seinem leben. Also on zweyfel, so unser Herr Got unsern ernst in den Eusserlichen ordnungen sehe, und schon im grund (das er barmhertzigklich verhuten wol) kein ernst were, So mocht er sich doch bewegen lassen; wolt er ye den zorn nit gar von uns abwenden, wurd er uns doch by unserm leben frid geben. Darumb Erbar und weys Herrn, bitten wir abermal, E. W. wolle in dissem fall dem frumen konig zu Ninive in sein fusstapfen tretten und den Ernst der gegenwertigen geferlikait mit Cristenlichen Ordnungen, wie antzaigt, vor menigklich beweysen. Und wo es E. W. geliept, So haben wir ein vorgebne copey eins statut hieby gelegt gestellt, nicht E. W. etwas furzuschreyben, Sonder allein unser meynung vergebisser weys anzuzaigen. Setzen ditz alles in e. w. willen und wolgefallen. Und wo wir in diser und ander sachen etwas mer kunden raten, thon oder helffen, wollen wir alweg ungesparts fleys gehorsam erfunden werden.

E. E. W. underthenige und gehorsam

Johan Isenman, pfarher zu S. Michel.
Johan Brentz, prediger.
Michel Greter pfarher zu S. Katherin.
Nicolaus Trabant, helter zu S. Michel.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg zu Brandenburg. (31. December 1529)

Durchleuchtiger hochgeborner furst. Unsers HERRN gottis gnad sampt meinem underthenigen alzeit bereiten gehorsamen dienst zuvor. Gnediger herr. Nach dem Ich in vergangenen tagen ein buchlin mit des Schwenckfelds Annotationibus ad marginem verzeichnet von E. f. G. undertheniglich entpfangen, hab Ich darauff mein antwort, wie E. f. G. im hiebey gelegten libell finden wurdt, begriffen, nit der meinung, das des Schwenckfelds gegenwurff von wegen Irer ungeschicklicheit einer antwort werdt seyen, Sonder das der pfarher, dem das verzeichnet büchlin zustendig und villeicht dardurch in ein zweyfelung und Irthum gefallen, die andern partey weh höret und darauss in der sach ein underricht erlangte. Hiemit sev E. f. g. unserm HERRN gott bevolhen, und E. F. G. underthenigen gehorsam zu beweysen will ich allweg bereit erfunden werden. Datum zu schwebischen hall 31. die decembris Anno XXIX. E. F. G. alzeit undertheniger und gehorsamer

Iohann brentz prediger zu hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg zu Brandenburg. (27 November 1529.)

Durchleuchtiger hochgeborner fürst. Unsers HERRN gottis gnad und barmhertzigkeit sampt meinem underthenigen allzeit bereiten schuldigen dienst zuvor. Gnediger herr. Ich hab die verzeichnuss von E. F. G. mir zugeschickt mit fleissiger underthenigkeit verlesen und nach meinem geringen verstandt bewegen, kan mich demnach selbs auss der heiligen gschrifft nit anderst berichten, dann das solliche verzeichnuss mit begriffung jrer puncten gantz göttlich und Christenlich gestellt seye. Es ist je das Römisch reich warhafftiglich nach der Zeugnuss Pauli ein ordnung gotts, und als etlich der frummen heiligen leerer wollen, von dem propheten Daniel zuvor, ehe dann es auffkame, verkündiget und durch gottis wort bestetigt. Nun hatt dasselb Reich ein sollche gestallt wie vor augen, das darin fürnemlich der Oberst, der mittelst und der uriderst. Im Obersten ist allein der keyser, im understen seyen allein die gmeinen underthonen, aber im mittelsten seyen die Churfürsten, fürsten, graven und der Stet Ratt, welche dise gstallt haben, das sie nach Irem ansehen yetz für Oberkeit yetz für underthon gerechnet mögen werden. Dann gegen Iren underthonen zu rechnen seyen sie Oberkeit , und demnach, was für spruch in der heiligen gschrifft auff die Oberkeit lauten, nemlich Sie tregt das schwert nit vergeblich, Item Sie ist gottis dienerin, Item Sie ist ein recherin zur straff über den, der boses thut, seyen Inen billich in disem fall gegen Iren underthonen zugehörig. Aber gegen dem keyser zurechnen, seyen sie recht naturlich underthon, nach dem der keyser von Inen allen fur Ir naturlich Oberkeit erkent wurdt. Darumb wasserley spruch in der heiligen gschrifft auff die underthon lauten, nemlich Rechnet euch selber nit, dann es steet gschriben: Die Rach ist mein, Ich wils vergellten, spricht der HERR. Item Ir sollt dem übell nit widerstreben, Item Wer das schwert nimpt, der soll durchs Schwert umbkommen, und andere mehr derselben werden auch billich den Churfursten, fürsten, Stett Ratt und anderen in dem mitteln Stand begriffen, In disem fall gegen dem keyser zurechnen, zugezeelet. Hierauff, als wenig die bauren in der vergangenen auffrur mit gutem gwissen sich wider Ire Oberkait gweltiglich mit dem schwert haben widersetzen künden, ob Inen woll zu zeiten maniche unbilligkeit von Irer Oberkeit begegnet war, als wenig möchtein fürst oder Stett Radt des Römischen reichs wider keyserlich Mt. in gutem gwissen und frolicher anruffung gottlicher hilff mit gweltigem schwert widerstreben, ob schon k. Mt. ein unbillichs es sey in zeittlichen oder ewigen guttern furnemen hett. So dann gottis hilff im gweltigen widerstreben nit tröstlich verhofft noch frolich gesucht mocht werden, wie kunt man sich further einer hilff und beystand bey den menschen versehen. Dann es geht mit dem Christlichen glauben also zu, das in einem land oder Statt allweg der wenigst und geringst teill recht Christen seyen. Die andern und der gross hauff glauben der gwonheit nach, und so lang kein gfar darauff steet. So es dann an ein treffen gieng, wurden dieselben des evangelii halb, welches sie nie recht geglaubt haben, kein nodt erleiden und dorfften woll, wo Inen der raum wurde, die ersten under den verfolgern sein, wie Christus sagt: Es wurt ein bruder den andern nun todt überantworten und der vatter den Son etc. So aber in einer sollchen nodt der Vatter den Son zum todt verradt, wie sollt dann ein unglaubiger nachbaur für den glaubigen des glaubens halb streiten und sein leben wagen wollen. Zu dem, so ein wieder kriegender fürst oder Stadt von dem keyser mit dem schwert uberwunden, würde er oder sie nit als ein Christ sonder als ein auffrürer überwunden. Hierzu schreibet Petrus: Niemandt under euch leyde als ein ubeltheter, leidet er aber als ein Christ, so scheine er lich nit, sonder preyse gott in der sach. Nun leidet man dazumall als ein Christ, wan man* im recht thun leidet, darinn man dann •roch unsern HERRN gott umb hilff anruffen kan. Aber recht thun ist Christum unsern HERRN nit verlaugnen, sonder In offenlich bekennen. Unrecht thun ist der naturlichen Oberkeit mit dem schwert widerstreben. Welcher nun in disem thun leidet, der leydet als ein übeltheter und kann im selber thun gottis hilff warhafftiglich nit anruffen noch begeren.

Man findt woll im buch der Richter, das die Israeliten wurden in gwallt des konigs zu Mesopotamia acht Jar, des konigs der Moabiter achtzehen Jar, des konigs der Cananiter zwentzig Jar und anderen mehr konigen von gott ergeben, und sie (die Israeliter) sich darnach mit gwallt Inen widersetzten, auch von Inen mit dem schwert sich erredten: Das hatt aber kein vergleichniss gegen den unterthonen des Römischen reichs. Dann das volck Israel ware von gott den eegenannten konigen nit als einer ordenlichen Oberkeit Sonder als einem züchtiger eins sündigen volcks zur straff ein zeitlang ergeben. Es waren ye nach göttlicher ordnung und zusagung die israeliter recht verordnet Oberkeit (ob sie es woll noch nit in der hand betten) über dieselben könig der Cananiter, Moabiter, Philistiner und anderer, und möchten sie, wo Inen durch ir eigne Sünd ir hand nit verkürtzt worden wer, nach göttlichem rechten» und urteill erwürgen und todten. Das aber das spill sich mit den Israeliten wendet, und musten deren könig, so Irer Oberkeit von gott zugeteült waren, diener und underthon sein, ist für ein straff der Sünde und nit für ein ordenlich regiment zu zeelen, wie dann der HERR zum offter mall verhengt hatt, das die Oberkeit von Iren eigen underthonen undertruckt seyen worden. Demnach wan die Israeliter von den Sünden abstunden, mochten sie mit gutem gwissen und frolicher anruffung gottlicher hilff den selben königen, deren gfangen sie waren, mit gwallt widerstreben und sich erredten.

Aber unser HERR gott hatt die glider und die Stend des Romischen reichs dem keyser nit als einem unordenlichen zuchtiger der Sünd und als einem gwalltigen strassreuber, sonder als einer ordenlichen Oberkeit underworffen. Darumb mag man sich hierin der exempeln in dem buch Judicum beschriben nit behelffen. Und kan Ich meins bedunckens auch nit anderst erfinden, dann das alle Stend des Reichs gegen k. M. underthon seyen, und hierauff in den sprüchen der heiligen gschrifft den underthonen zugehörig begriffen. Das wollt Ich nach der lenge E. F. G. undertheniger meinung nit verhallten , dan E. F. G. underthenigen schuldigen gehorsam zu beweysen will Ich allweg mit der hilff gottis ungesparts fleiss erfunden werden. Hiemit E. F. G. unserm HERRN gott bevolhen, der wolle sie in rechtem glauben" und bestendiger bekantnuss unsers HERRN Jesu Christi und seines evangeliums erhallten. Datum zu schwebischen hall Sambstag nach katerinae Anno XXIX.

E. F. G. undertheniger und gehorsamer

Iohan brentz, prediger zu hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.