Ph. Melanchthon und Joh. Brentz an den Landgrafen Philipp von Hessen.

Durchlauchtiger rc. Der Brüderschaft halben, mag sein, daß man Christen, so irren, und doch den Irrthum nicht vertheidigen, als Brüder dulden solle, wie Christus selbst seine Jünger geduldet hat. Aber diejenigen, so ungegründete Lehre vorgeben und vertheidigen, kann man nicht für Brüder halten; denn man soll ja nicht willigen in unrechte Lehre. So hat auch Paulus die Galater angenommen, daneben aber von denjenigen, so unrechte Lehre vorgaben, gesprochen: ich wollte, daß die, so euch beschneiden, weggeschnitten würden.

Denn wie können wir doch Brüderschaft mit unserm Widerpart machen, und also willigen, daß sie ihre Lehre vertheidigen für recht und gewiß, so doch unser Gewissen anders fühlet und hält? Es ist doch noth, daß man gewiß sei, was man hält und lehrt. Wahrlich, wenn das Herz ungewiß ist, und soll also ungewiß etwas vorgeben, so ist’s übel verwahrt wider Gottes Gericht; wie Paulus spricht: was nicht aus dem Glauben geschiehet, ist Sünde; und bedarf guter Erfahrung, wie der Glaube gewiß sein muß, so er vor Gottes Gericht bestehen soll.

Wie kann man vermeinen, es liege nicht groß daran, was man lehre, es sei genug vor Gott fromlich und ehrbarlich leben! Also wären viel Philosophen auch christlich gewesen. So ist auch die Lehre nicht zu richten nach dem Schein eines bürgerlichen Lebens, sondern nach Gottes Wort…. Immerhin sind wir schuldig, zu bekennen, was wir glauben, sowie wir auch schuldig sind, andern nicht zu wehren, die Lehre, so wir nicht gewißlich für recht halten, zu verbieten. Zudem ist auch noth, daß wir bedenken, daß wir nicht andre gute und gewisse Lehre mit dieser ungewissen Subtilität stopfen, wie bereit zum Theil geschiehet. Verfolgen doch die Zwinglischen ohne ein Concilium die Papisten und Wiedertäufer; warum soll den Andern unrecht sein, ihre ungegründete Lehre zu verbieten außerhalb des Concilii? sonderlich so dadurch rechte, gewisse Lehre gefördert und Friede erhalten wird.

Quelle:
Auserlesene geistvolle Briefe Der Reformatoren und sonstiger bedeutender Männer der evangelischen Kirche Zur christlichen Erbauung und Belehrung von C.E. Renner, evangelischem Pfarrer. Stuttgart. C. Cammerer (früher H. W. Beck’s Verlag.) 1862

Brenz an Erasmus Alber.

(verdeutscht.)

5. December 1548.

Gnade und friede in Christo. Dass Ihr an mich so einen freudigen und freundlichen Brief geschrieben habt, ist mir in dieser trübseligen Zeit sehr tröstlich und von Herzen lieb gwest. Dann ich habe darauss vernommen, beide, wo ihr euch jetzt in diesem grossen Ungestüm der wüthenden Welt enthaltet, und dass die Bürger zu Magdeburg ein fein gottseliges Leben führen und bei der reinen Lehre des Evangelii fest halten und noch ein deutsch Herz haben und nicht weibisch sind, wie viel Stsedte, die Gottis Wort verlseugnen und von sich stossen. Darum ihr auch schreibet, die Stadt Magdeburg sollt billicher Mannenburg dann Magdeburg heissen. Dann ihr wisst, wie das Wort Magd oder Jungfrau in der hl. Schrift gebraucht wird. Denn gleichwie eine Jungfrau frei und keines Mannes Joch unterworfen ist, also heissen die Stsedte Msegde und Jungfrauen, so noch frei und von keinem fremden Tyrannen überwseltigt sind. Weil nun die Stadt Magdeburg ihr festiglich fürgenommen hat, bei Gottes Wort zu bleiben und darüber alles zu wagen und zu leiden, ehe dann sie des Widerchrists Joch auf sich nehmen und fremde Herrschaft einlassen wollen, so heisst sie ja billich Magdeburg. 2 Cor. 11. schreibet S. Paulus, er habe die Corinther dem Herrn Christo eine reine Jungfrau zubracht durch die reine Lehre des Evangelii. Darum ist Magdeburg auch desshalben eine Jungfrau, weil sie keine Secten noch fremde Lehr angenommen hat. Darum lasst uns beide unsere Hsende und Herzen aufheben und Gott den Vater unseres Herrn Jesu Christi über der Stadt Magdeburg anrufen und bitten, dass er ihr nach seiner grossen Güte Macht und Kraft gebe, bei ihrem christlichen Fürnehmen zu beharren, dass sie alle Zeit eine reine Magd bleibe und durch keines Tyrannen Gewalt „geschsendet noch überwseltigt werde, und dass durch die Stadt Magdeburg beide, ihre und anderer Stsedte Freiheit erhalten werde.

Dass Ihr mich aber so fleissig vermahnet und bittet, dass ich auf des ehrbaren Raths der Stadt Magdeburg Begehren das Superattendentenamt daselbst annehme, wollt ich warlich gerne, dass meine Sache jetzt also stünde, dass ich der ehrlichen und standhaftigen Gemeine zu Magdeburg zu Willen seyn und mit meinem Dienst rarstehen könnte. Es ist aber ein Fürst, der mich durch die Gnade des Sohns Gottes in meines Lebens Fahr mit seiner eigne Fahr aus des Löwen Rachen errettet hat. Demselben hab ich zugesagt, an diesem Ort, da ich jetzt bin, bis an die Fastnacht zu beharren und warten, ob er mittler Zeits meines diensts begehren wurde. Nun ist Glauben halten ehrlich, ich aber bin auch um der grossen Wohlthat willen, mir durch jetztgedachten Fürsten erzeigt, demselben Glauben zu halten schuldig. Weil es aber noch sehr übel zu diesen Landen steht und das blutdurstige und mörderische Interim denselben aufgedrungen, besorg ich, es werde hie meines Beharrens vergeblich seyn; dann das Interim gedencke ich mit nichten anzunehmen, kann es auch nicht annehmen und soll es nicht annehmen; doch muss ich hie die bestimmte Zeit auswarten. Bitte euch derhalben um unser alten Freundschaft willen, die wir unter uns haben in Christo, wollet mich gegen den würdigen Herrn, den Predigern zu Magdeburg fleissig entschuldigen. Denn ich höre, es seien gottforchtige gelehrte Msenner, möchte deshalben gerne seyn in Gemeinschaft solcher treuen Diener unseres Herrn Christi. Will auch Fleyss ankehren, dass ich Erlaubniss kriege und neben ihnen der werthen Stadt Magdeburg dienen möge. Unterdess lasst uns unsern Herrn Gott bitten, wo ers vor gut ansieht, dass ich der Stadt Magdeburg diene und mit dem göttlichen Predigamt fürstehe, dass er es also schicke, zeige Weise und Gelegenheit, dass ich hie abkommen und zu euch ziehen möge.

Es ist aber herzlich zu beweinen, dass in der kirchen, da ich eine lange Zeit gepredigt habe, leider die Gewalt der Finsterniss regirt. An dem Ort, da ich jetzt bin, ist es noch still, Gott gebe lange, denn die Verrsetherei nimmt überhand und der Menschen List und Tücke sind so wundergross, dass auch die allerbesten Freunde und Bundsgenossen von einander getrennet werden. Auf die Stadt Strasburg dringt der Bischof hart, dass sie auch das Interim annehmen und ihm Jurisdiction und kirchengewalt wieder einrseumen sollen. Weil aber dieselbe Stadt sich vorhin zu weit eingelassen und sich dem Feind ergeben hat, ist zu besorgen, sie müssen auch nun thun, was er von ihnen haben will. Siehe, das ist der Deutschen Mannheit und Standhaftigkeit. Die Stadt Costnitz thut ihrem Namen auch nicht genug, dass sie Constantia, d. i. Standhaftigkeit heisst, denn sie hat sich dem könige ergeben; der hat die Stadt besetzt und Gottes Wort ausgetrieben. Da ist kein Prediger mehr, denn sie sind zum theil vertrieben, zum theil selbst hinweggezogen. Etliche fromme Bürger sind von der Besatzung aus der Stadt gewichen; denselben hat der könig alles genommen, was sie hinter sich gelassen haben. Der Kaiser hat den Herzogen von Württemberg gezwungen, das er alle seine Prediger, so nicht das Interim annehmen wollen, hinweg ziehen lsesst. So haben die von Ulm 23 Prediger verjagt. Lasst uns den allmsechtigen Gott bitten, dass er uns doch wiederum gnsediglich ansehe und erzeige als einen Pfleger und Beschirmer seiner Christenheit. Amen. Hiemit Gott befohlen. Wollet die würdigen Herren die Prediger von meinetwegen fleissig grüssen und bitten, dass sie meiner in ihrem Gehet gedenken. Dat. zu Basel d. 5. Decembris 1548.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – Brief an Calvin, Basel d. 6. Oktober. 1548

Ich zweifle nicht, mein theuerster Calvin, daß du bereits von dem Stand der Dinge und der Veränderung in der Kirche Deutschlands vernommen hast, einer Zerrüttung, die auch mich von meiner Kirche, in der ich das Evangelium des Sohnes Gottes 25 Jahre hindurch lehrte, vertrieben hat. Ungeachtet der Befehl des Kaisers gegen mich auf Gefängniß oder Tod lautete, so hat mich doch die Gnade Gottes und die Hilfe meiner Freunde so weit geschützt, daß ich in diesen Tagen wohlbehalten bis nach Basel kam. Ich genieße zwar hier alle Bequemlichkeiten, gastfreie Aufnahme, die Annehmlichkeit der Stadt, das Wohlwollen der basler Bürger, den Umgang mit Gelehrten und, worüber ich mich am meisten freue, die Freundlichkeit der hiesigen Kirchendiener; allein wenn ich an meine zerrüttete Kirche, meine verlassene Familie, an die Gefahren denke, die auch den übrigen Kirchen und Kirchendienern drohen, so kannst du dir denken, daß all diese äußeren Ergötzlichkeiten nicht im Stande sind, in meiner inneren Anfechtung mich zu trösten. Ich zweifle daher nicht, daß du nach deiner bekannten Frömmigkeit deine Gebete mit den meinigen vereinigen wirst, daß der Sohn Gottes wiederum anfange zu beweisen, daß er zur Rechten seines Vaters sitze und seine Kirche schütze. Denn diesen Liebesdienst wollen wir uns gegenseitig nicht verweigern, und ich wünsche dir und deiner Kirche Glück, daß solche Gefahren noch nicht bis zu euch gedrungen sind, und bitte Gott, den Vater unsers Herrn Jesu Christi, daß er euch so erhalte, daß man deutlich erkenne, daß die Kirche des Sohnes Gottes nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde ihre bleibende Wohnung habe.

Was Straßburg betrifft, so wirst du aus Bucers Brief wissen, was man dort hofft oder fürchtet. Noch berathet man sich, ob man das Interim annehmen oder verwerfen soll. Wittenberg und das übrige Sachsen, auch Meißen verweigern bis jetzt standhaft die Annahme desselben. Nürnberg erkennt es zwar an, doch ist dort noch Nichts geändert. Im Herzogthum Württemberg wird an einigen Orten zu einer Stunde Messe gelesen, in der andern das Evangelium Christi gepredigt. Auch ist dort noch Nichts geändert, als daß einige alte Priester Messe lesen. Die eigentlichen Kirchendiener aber werden bei den kirchlichen Funktionen den Chorrock wieder angenommen haben; auch kommen einige neue Feste zu den alten, überdies ist der öffentliche Genuß der Fleischspeisen an den gewöhnlichen Tagen bis jetzt untersagt. Sonst steht es dort noch so gut, daß die frommen Kirchendiener nicht nur nicht von ihrem amt vertrieben, sondern auch anderswo Vertriebene aufgenommen werden. Der Herr gebe, daß es dem Fürsten dieses Landes möglich sei, bei seinem Vorsatz zu bleiben und ihn durchzuführen. In einigen Reichststädten wird das Interim nicht nur eingeführt, sondern auch das Pabstthum selbst, d. h. der völlige Untergang. Unser guter Frecht wird noch gefangen mit seinen Collegen im Schloß zu Kirchheim im Würtembergischen gehalten, wohin die Spanier eine Besatzung verlegten.

Der Kaiser soll diesen Winter nach Speier zurückkehren. Welchen Schutz diese Zurückkunft den Ueberbleibseln der Kirche bringen soll, wird die Zeit lehren. Vielleicht soll bei diesem Geschäft auch das dieser Tage zu Speier wieder aufgerichtete Reichskammergericht eine Rolle spielen. Du siehst, daß für uns keine Hoffnung ist, als vom Himmel her. Wohlan denn, mein theuerster Calvin, so steige mit uns in deinen Gebeten zum Himmel empor, daß wir den Sohn Gottes vermögen, die Trümmer seiner Kirche zu schützen. Leb wohl. Geschrieben aus Basel. Das Uebrige hat Renatus beigesetzt, der mir ein so angenehmer Begleiter von Straßburg bis nach Basel war.

Brenz, Johannes – Abschiedsbrief aus der Verbannung an den Rath von Hall, 12.09.1548

Ehrenveste, Erbare, weise und Fürsichtige. Die Gnade des Allmächtigen durch seinen lieben Sohn unsern Herrn Jesum Christum, mit Erbietung meines allzeit willigen gehorsamen Dienstes, zuvor günstige liebe Herrn. Wiewol ich mich mit Verschreibung gegen F. E. W. auch allen andern Handlungen endlich dahin gerichtet, daß ich in dem Predigtamt E. E. W. aus Gottes Gnaden mein Leben bis in den zeitlichen Tod zu vollenden verhoffet, hab auch derhalben E. E. W. zu unterthänigem Gefallen treffliche Stände und Beruf, so meinen Kindern zu merklichem Nutz erschossen wären, abgeschlagen, so ist es doch leider allzu offenbar, was Aenderung sich diese Zeit in der Kirchen zugetragen, was auch meiner Person für große Beschwerniß, doch ohn alle meine Verschuldung, wie dann auch, als ich bericht, E. E. W. mich ganz günstiglich entschuldiget haben sollt, (dessen E. E. W. ich mich ganz unterthäniglich bedanke, und in billigem Gehorsam nimmer vergessen will) zugestanden sei, hierauf, nachdem E. E. W. vor dieser Zeit meine endlich Meinung von der wahren christlichen Religion genugsamlich vernommen, auf welcher Meynung ich auch, als auf der rechten, göttlichen, einigen Wahrheit, so ich bis in die 25 Jahre bei E. E. W. in der Kirchen vermög Gottes Worts geprediget und geschrieben, bis in meine Gruben hinein, durch Gottes Gnad zu verharren gedenke, so achte ich wohl, es werde E. E. W. Gelegenheit nicht sein, mich fürderhin für einen Predikanten zu behalten, bedanke mich gegen E. E. W. unterthäniglich aller erzeigten Gutthaten, und wo ich immer hingegen E. E. W. und gemeiner Stadt gefälligen Dienst erzeigen kann, soll es an mir nicht erwinden, dieweil ich aber bis anher von meinem Abscheiden an und noch kein andern Stand angenommen, sondern auf aller Handlung Besserung, so doch nicht erfolgen will, gewartet, so stelle ich E. E. W. günstig Bedenken, ob sie mir die Besoldung dieses Vierteljahrs vom Johannis Baptist an bis auf Michaelis, günstiglich reichen lassen wolle, dann die andern zwei Punkten, in der Verschreibung, meiner Kinder erkaufte Güter und das Stipendium, meinem Sohn, so er aus Gottes Gnaden zu seinen Tagen auf eine hohe Schule komme, günstiglich versprochen, belangend, bin ich ganz tröstlicher Hoffnung, nachdem der Mangel an meiner Person nicht erscheinet, sondern von Herzen gern bei E. E. W. länger im Predigtamt, so mir das heilige Evangelium, wie bis anher zu predigen vergönnet würde, bleiben wollte, E. E. W. werde die vorgenannten Punte, inmassen wie sie in der Verschreibung begriffen, in ihren Würden und Kräften, dieweil so ohn alle Condition und Bedingung, mir versprochen, beständiglich bleiben lassen.

So soll auch hingegen jährlich das Beetgeld, von meines Weibs zugebrachtem Gut, wie bisanher gehorsamlich E. E. W. geleistet werden, E. E. W. ganz unterthäniglich bittend, Sie wolle mein krankes Weib und verlassene Kinder in günstigen Befehl haben; Denn ob ich schon zu dieser Zeit in der Menschen Ungnad sein soll, so bin ich doch, wie ich gewißlich vertrau, und dessen keinen Zweifel hab, nicht in Gottes Ungnad, sondern jemehr ich in das Elend verjagt, jemehr mir Gottes Sohn, des Hoffarb ich jetzt von wegen seines Evangeliums trage, beiständig sein, und auch E. E. W. was Sie mir und den Meinen Gunst und Wohlthat erzeigen, noch reichlich vergelten wird. Hiemit sei E. E. W. dem barmherzigen Gott und Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi befohlen, der wolle von E. E. W. seine Gnad nicht abwenden, um eine günstige antwort bittend, datum am 12. Tag Septembris anno 48.

E. E. W.

unterthäniger
Johann Brenz

Quelle:
Evangelische Volksbibliothek Herausgegeben von Dr. Klaiber, Garnisonsprediger in Ludwigsburg Zweiter Band. Stuttgart Adolph Bechers Verlag (Gustav Hoffmann). 1863

Brenz an Valentin Hardtung.

2. October 1547.

Dem Erwürdigen hochgelerten herrn Valentino Hardtungen, beider Recht doctorn und Dechant zu Feuchtwangen, meinem günstigen lieben herrn. Erwürdiger, Hochgelerter, Gottis gnad durch Jesum Christum mit erbietung meins alzeit willigen diensts zuvor. Günstiger lieber herr. Ewer Erwürde schrifftlichen günstigen bericht, welcher gstallt des durchleuchtigen hochgebornen fürsten meins gnedigen herrn Marggraff Georg Fridrichs zu Brandenburg etc. verordnete Rhaette meine gnedig und günstig herm mir herr Johan Dietherichs selig verledigt Canonicat im Stifft zu Feuchtwangen zu verleyhen gnedig und günstig bewilliget, hab Ich dienstlich vernommen. Bedancke derohalben E. E. Irer gehabten muhe gantz fleissig, Soll auch an mir was E. E. Ich zur danckbarkeit beweisen kan, mit gottes hilff nichts erwinden. So viell nun das vermeldt Canonicat blanget, ist nicht one, Ich habe mich vernemen lassen, so Ich auss bedencken der verordneten Rhaette meiner gnedig und günstig herrn der kyrchen in meins gnedigen fursten und herrns Marggraff Georg fridrichs etc. land etwas nutzlich mit meinem dienst sein mög, wölle Ich das Canonicat vermög der Statuten des Stiffts zu feuchtwangen gehorsamlich und danckbarlich annemen. Wiewoll aber Ich verhoffe, es sollte sich schicken, das Ich, so gott mir das zeitlich leben verleyhet, selbs personaliter nach den Carentz Jaren residieren könt, yedoch so weiss Ich dasselb zu diser zeit nicht gwisslich zu versprechen, Gedencke auch die Statuten des Stiffts sollten uff solche gwisse zusagung so strenglich nicht dringen, und Ich hierin nur die Statuta des Stiffts, was mit gunst nicht erlangt möcht werden, .villi und wehe, so es zum fall keme, thun lassen wollt. Dann nach dem die Handlung des eegnanten Canonicats an mich gelangt, hab Ich gar nicht dahin gedacht, das Ich mich in ein müssigang hie uff erden oder uff ein zeitlich unerbarsam vergebens einkommen richte, Sonder dweill Ich mein Gnedigen Fursten und herrn hochlöblicher und seliger gedechtnuss Marggraff Georgen als ein frummen Christlichen fursten von hertzen geliebt. Ob die kyrehen in seiner f. g. Son, meins gnedigen f. und herrns Marggraff Georg fridrichs etc. land zu zeiten einer Visitacion bedörfften, wie dann warlich ein gut fleissig uffsehen uff die recht Christlich leer hoch von nöten, oder, nach dem uff dem Stifft zu Feuchtwangen junge person zu den kyrehen sempter ufferzogen, ob den selben auss der heiligen schrifft zu lesen und sie zu den pfar und predigsempter anzuweisen weren, wie denn die Stifft furnemlich hierzu zugebrauchen seyen, und man hierin mein geringen dienst zugebrauchen gedsecht, dass alssdann Ich mich dessen gehorsamlich und dienstlich durch gottis hilff underfahen wollte. Dann, so es sich ye nicht schicken wollt, das Ich nach den Carentz Jaren zu Hall füglich abkommen möcht, So könte dennocht Ich vermittelst göttlicher hilff on nachteill meins ampts alhie im Jar ye vierzehen tag, ye drey wochen, wie denn deshalben woll fuglich weg und vereinigung zutreffen weren, zu feuchtwangen den jungen Studiosis uff dem Stifft etwas auss der heiligen schrifft fürlesen, oder sonst im land, was die leer des Evangelions belanget, aussrichten, das villcicht dennocht das brott nicht unnutzlich an mir angelegt wurde. So nun des hochgedachten meines gnedigen f. und h. Marggraff Georg friderichs verordnete Rhsette dahin gesinnet, will Ich nochmals mich in annemung des Canonicats vermelter weiss gehorsamlich erzeigen. Dann, ob villcicht besorgt werden möcht, Ich wurde das Canonicat einem andern zu meinem nutz und vorteill resignieren, ist mir on zweiffell, das Stifft zu feuchtwangen habe von der Resignation Ir eerliche billiche Statuten, Jenen Ich kein ungewonlichen einbruch zu machen begere. Ich wollte auch dem heiligen Evangelio die schand nicht anlegen, das Ich mit disem Canonicat, Ja auch mit einem grössern und aber grössern sollt etwas unerbars fürnemen.

So aber meine gnedige und Günstig herrn die verordnete Rhsette etc. etwas anders bedechten und mich der Zusagung der gwissen personlichen Residentz nach den Carentz Jaren nicht erlassen könden, weiss Ich mich des Canonicats halben uff diss mal nicht ferner einzulassen, will es im namen Gottis also beruwen lassen, und dancke Iren gnaden und Gunsten, auch E. E. Ires gnedigen und gunstigen willens gegen mir gantz gehorsamlich und dienstlich, mit erbietung, wo Ich sunst zu yeder zeit Iren gnaden und gunsten, auch E. E. und den kyrchen im land dienen kan, will Ich ungesparts fleiss meins vermiigens durch gottis hilff erfunden werden. hiemit E. E. die der allmechbg barmhertzig Gott in gnedigem schutz bewaren woll, mich dienstlich bevelhend, datum zu schwebischen hall Montags nach Michaelis Anno 47.

E. E. gantz williger
Johan brentz.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Johannes Brenz an Bürgermeister und Rat in Rothenburg

Schwäbisch-Hall 1546 31.3.

Erbar, weis vnd fürsichtig herrn. Die gnade des allmechtigen gottes durch seinen lieben Son vnsern herrn Jesum Christum mit erbietung meins alzeit willigen diensts zu vor. Günstig lieb herrn. Vff E. E. W. günstig begern, hab ich doctor Erasmo Albero geschriben, vnd inen sich vff das ehist vnd furderlichst zu E. E. W. in ire stadt sich alda mit ettlichen predigen hören zu lassen, vnd hernach wie es E. E. W. vnd im gelegen sein will, handlung fürzunemen, zu verfügen nach laut der hiebey gelegte Copey mit A bezeichnet. So hab ich auch darneben, herrn Philippo Melanthoni geschriben, das er den eegnanten doctorem Ersamum zu E. E. W. mit ermanung vnd erinnerung seines geburlichen beruffs abfertigen wöll, wie E. E. W. sollichs aus hiebey gelegter Copey mit B verzeichnet, vernemen mögen, dann, was ich E. E. W. liebs vnd diensts, so viell mir immer müglich erzeygen kan, soll an mir nichts erwinden. Hiemit sey E. E. W. dem allmechtigen, der sie in langwierigen friedlichen vnd christlichem Regiment gnediglich erhalte, beuolhen. Datum zu schwebischen Hall mitwoch nach Oculi Anno XXXXVI.
E. E. W.
alzeit williger diener
Johan Brentz, prediger zu schwebischen hall.
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Beiträge zur Bayerischen Kirchengeschichte
herausgegeben von D. Theodor Kolde
ord. Professor der Kirchengeschichte an der Universität Erlangen
3. Band.
Erlangen 1897
Verlag von Fr. Junge.

Melanchthon, Drach, Bucer, Corvinus, Pistorius, Frecht, Musculus, Brenz und Dietrich – Empfehlungsschreiben für einen Griechen

der aus seinem Vaterland sich geflüchtet hatte und zu Loskaufung seines in türkischer Gefangenschaft befindlichen Bruders um Beiträge bat.

(Von Brenz während des Gesprächs in Regensburg 1541 verfaßt.)

Gruß dem Leser. Während des Regensburger Gesprächs kam zu uns Vorzeiger, Franz Magera, ein Grieche, über den wir uns, da wir fanden, daß er gut griechisch spreche und schreibe, aus verschiedenen Gründen freuten, daß wir uns mit ihm unterhalten, namentlich über die gelehrten Anstalten und Kirchen jenes Volks, das einst in besonderem Ruf der Gelehrsamkeit, Tapferkeit und Frömmigkeit stand, fragen konnten.

Er theilte uns nun mit, daß er in einer Stadt von Achaja, im Alterthum Paira genannt, geboren sei und dort als Lehrer die Jugend in den griechischen Rednern und Dichtern unterrichtet habe. Die Reste des griechischen Volks, die hin und wieder zerstreut sind, halten mit großer Zähigkeit an der wahren Lehre und Religion Christi fest und suchen so viel möglich den Schatz des Wissens unter so großem Ungemach zu erhalten. Nachdem aber jene Stadt, in der er der Schule vorstund, von den Türken genommen und eine große Zahl ihrer Bürger grausam hingeschlachtet war, sei er nach wunderbarer Errettung mit Wenigen den Feinden entronnen und wolle lieber unter christlichen Königen in der Verbannung leben, als unter den Türken in seinem Vaterland bleiben, die als barbarische Sieger mit Stolz und Grausamkeit die Unterworfenen beherrschen. Weil ihm das Unglück seines Vaterlands und seiner meisten Gemeinden nahe geht, schrieb er eine „MAhnung an den durchlauchtigsten unüberwindlichen Kaiser Karl V.“, er möchte die Türken bekriegen und Griechenland von seiner elenden Knechtschaft befreien.

Als wir uns vielfach nach den Kirchen- und Lehrmeinungen erkundigten, beantwortete er das Meiste mit ziemlicher Gelehrsamkeit und setzte uns die Bräuche und Ansichten der griechischen Kirche so auseinander, daß man sieht, er sei in der Kirchenlehre wohl bewandert, hänge an den heiligen Gebräuchen mit Liebe und ehre Christum den Sohn Gottes, unsern Erlöser, mit frommem Sinn. Und da wir während eines zweimonatlichen vertrauten Umgangs seine Sinnesart wohl beobachten konnten, bezeugen wir, daß er einen sanften, ehrbaren Charakter habe.

Nun erzählt er, daß sein Bruder in Gefangenschaft gerathen sei, und um ihn loszukaufen und aus der tyrannischen Knechtschaft zu befreien, bittet er um eine Beisteuer. Es ist fromme Pflicht, an dem Unglück des griechischen Volks Theil zu nehmen, das nicht nur die übrigen Völker in Literatur und Gelehrssamkeit unterrichtete, sondern lang und aufs Tapferste die türkischen Waffen aufhielt, zurückschlug und von dem übrigen Europa fern zu halten versuchte, und nicht ihrer Tapferkeit, sondern einem schrecklichen Verhängniß zum Opfer fiel, das auch den übrigen Völkern ähnliche Niederlagen droht, wenn wir nicht durch unseree Besserung den Zorn Gottes versöhnen.

Es ziemt uns daher, indem wir unsere Gefahr bedenken und Gott um seinen Schutz anflehen, mildthätig gegen jene Unglücklichen zu sein, die unter dem Druck türkischer Grausamkeit schmachten. Und vornämlich wollen wir die Noth ihrer Gelehrten zu lindern suchen, da die Kirche der Denkmale griechischer Sprache so sehr bedarf.

Regensburg, 9. Mai 1541.

Phililpp Melanchthon\\
Martin Bucer\\
Johann Pistorius\\
Wolfgang Musculus\\
Veit Dieterich\\
Johann Drach\\
Anton Corvinus\\
Martin Frecht\\
Johann Brenz

Quelle: [[verzeichnisse:quellen:evangelische_volksbibliothek]]

Brenz, Johannes – An Markgraf Georg zu Brandenburg (30 Aug. 1531).

Durchleuchtiger hochgeborner fürst . Die gnad Gottes durch unsern HERRN Jesum Christum sampt meinem schuldigen gehorsamen dienst sey E. F. G. zuvor. Gnediger Herr. Ich hab E. F. G. schlifft, die frag, Ob E. F. G. mit gott und gutem gwissen die teeglichen Messen on Communicanten in Iren gnaden fürstenthumben wider auffrichten und hallten lassen mag oder nit, damit das Volck nit gantz roch und loss, Sonder zur gotsforcht gezogen wurdt etc., betreffendt, gantz undertheniglich entpfangen. Und ob woll mir mein geringer verstandt woll bewusst, yedoch will Ich durch gottes hilff E. F. G. zu underthenigen gefallen mein gutbeduncken hierin gantz gehorsamlich anzeigen und dise sach mit beweerung der heiligen gschrifft handeln. Anfenglich, So ist E. F. G. Christlich gmüet und wolmeinung (unser HERR gott wolle es für und für gnediglich erhallten) gantz fürtreffenlich hierauss zuspüren, das E. F. G. das heil und seligkeit Irer underthonen am allerhöchsten angelegen, und dasselb zu fürdern in allwegen gnediglich gesinnet ist . Es wurdt on zweiffell unser Herrgott sollich fürstlich und Christlich gemüet E. F. G. unvergolten nit lassen. Aber ye mehr E. F. G. Irer underthon selickeit zu fürdern begert, ye höher und grösser fleiss zu haben ist, damit sollich fürderung durch rechtmessig, ordenlich und göttlich mittell geschehe. Nun finde Ich auss Anweisung der heiligen schlifft, das die auffrichtung oder halltung der tseglichen Mess on Communicanten der meinung gethon, das das volck dardurch gotsförchtig werde und durch das selb werck die gnad gottes zur frumkait erwerbe, nit allein unnutzlich und vergeblich, sonder auch unrecht, unchristlich, lesterlich und der seel heill vast hinderlich sey. Dann unser Herr Christus hatt das hochwirdig Sacrament des nachtmals auffgericht und eingesetzt, das es soll aussgeteillt, entpfangen und genossen werden. Er hatt ye das brott und den wein nit allein in die hand genommen und den andern ein spiegelfechten vor Iren augcn darinit gemacht, Sonder er hats aussgeteillt und gsagt: Nempt und Essent, Nempt und trinckt. Darbey hatt er bevolhen, sollichs zu thuh, nemlich aussteilen, darreichen, nemen, essen und trincken. Und dise einsatzung und auffrichtung Christi soll der grund und fels sein, daruff man in disem handell fusse und bestehe, nemlich das Christus, wie die drey Evangelisten und Paulus beschreiben, das Sacrament zu keinem spiegelfechten der augen, Sonder zur aussteilung und zur leiblichen entpfahung, die doch auch im glauben geistlich gescheen muss. Demnach So das hochwirdig Sacrament in den kyrchen vor den leuten nit zur aussteilung sonder allein zum sehen gehandellt wurdt, So ist es kein christlicher gotsdienst, sonder ein eige menschlich satzung. Es sagen aber beid, Esaias und Christus von demselben also: Sie dienen mir vergeblich, dweill sie leeren sollich leer, die nichts dann menschen gebott seyen.

Und were noch leidlich, wan das werck der teglichen Mess on Communicanten allein ein unnutzlicher gotsdienst were. Aber nach dem der zusatz diser meinung geschieht, das die leut dardurch von Rolosen leben gezogen, und die gnad gottes und die frumkeit dardurch erlangen sollen, So seyen sollich taeglich Mess nit allein annutzlich, sonder auch unserm HERRN Jesu Christo schmelich und lesterlich. Dann es bezeugt die gantz heilig gschrifft, und ist auch die haubtsach unsers heiligen Christlichen glaubens, das allein der glaub in Jesum Christum die leut von dem Rolosen leben abziehe, und das wir allein durch Jesum Christum (welcher uns von gott gmacht ist zur weissheit, zur gerechtigkeit und heiligung) vor Gott frum gerechnet und die gnad gottes erlangen. Nach dem man nun sollichs wollt dem werck der tseglichen Mess und dem tseglichen Mess sehen zulegen, Nemlich, das dardurch einer vom Rolosen leben abgezogen und frum, auch gotsfürchtig wurde: was were das anderst dann Jesum Christum auss der lucken stossen und das werck der tseglichen Mess darfür an das ort stellen? Füret doch das heilig Evangelion kein andern zanck wider die Judenschafft, wider das babstum und wider die Mahumetisch religion, dann das es leeret, wie die leut allein durch den glauben in Jesum Christum und nit durch den verdienst der werck oder sonderlich erwellt gotsdienst vor got frum und von dem bösen oder Rolosen leben abgezogen werden. So dann die taiglich Mess on Communicanten der meinung sollt gehallten werden, das die leut dardurch frum wurden und durch das werck die gerechtigkeit erlangten, was were es anderst dann ein newe Judenschafft, Babstum und Mahumetisch religion in der Christenheit auffrichten und einsetzen. Dweill dise erzeelte frembd religion alle durch verdienst der werck und sonderlich erwelt gotsdienst die frumkeit suchen. Und nach dem uns die heilig schrifft zum fiirbild fürgeschriben ist, So hatt sie zwar klserlich gnug an den güldinen kelbern Aherons und königs Jorobeam anzeigt, was die taeglich Mess on Communicanten zur erwerbung der frumkeit gehallten für ein gotsdienst sey, Dann, als Mose auff dem Berg Sinai war und wollt das gsatz von Gott holen, begegnet dem Aheron mit dem volck gerad ein gleicher handell, wie er sich yetz zutregt: das Volck ward im abwesen Mosi Roloss und lebt in allem mutwillen, das Aheron bsorgt, es wurde hindennach kein gotsforcht under Inen bleiben. Darumb rieht er ein güldin kalb zu und opffert das selb gott zu Eer und lob, das er mit demselben gotsdienst das Volck zur frumkeit hielte und gottis gnad erwürb. Nun war das gold ein gute Creatur gottes, so opffert man auch sonst unserm HERRN gott kälber, so war die meinung Aherons gut, dann er verhofft das volck mit disem gotsdienst bey einander zu behallten und sie vom Rolosen leben abzuziehen. Aber was sagt Gott darzu? er schreit es für ein grosse lesterliche Sünd auss und will darumb das gantz volck vertilgen. Also geriet Aherons meinung dahin, das er eben mit dem gotsdienst über das volck alles unglück zurichtet, darmit er Inen glück und heill schaffen wollt. Desgleichen findt sich an Jerobeam, welcher, nach dem er könig in Israel wurd, besorgt er, sein volck wurdt abtrünnig, wann es auff die fest gen Hierusalem gieng. Sollt es dann kein gotsdienst haben, so besorgt er, es wurd Rolossj darumb richtet er zwey güldine kselber zu und opffert dieselben gott zu lob und zu Eer, das die andern opfter darbey gescheen sollten. Dann niemandt soll Aheron und Jerobeam darfür achten, das sie die kselber für götter gehallten haben, Sonder allein rar gotsdienst (welche dann zu zeiten in der schrifft under dem namen götter verstanden werden), darmit das volck in der gotsforcht erhallten wurd. Wie giengs aber Jerobeam von seines gotsdienst wegen? Er und sein gantz gschlecht musten darumb vertilckt werden. Also hellt es sich auch yetz gerad mit der tauglichen Mess on Communicanten, Dann dieselb ist wider die einsatzung Christi, wie auch die kselber waren, und soll doch dahin gerichtet sein, das durch söllich werck und gotsdienst die leut frum und vom Rolosen leben abgezogen werden. Aber gleich wie der kselberisch gotsdienst das Judisch volck mehr verruchter vor gott dann frummer macht, also wurde auch die tseglich Mess on Communicanten gehallten, so sie wider auffgericht sollt werden, die leut woll ausswendig gleissnerisch, aber vor Gott glaubloser, Christloser und schmelicher machen, dann sie ye gwesen seyen.

Darumb durchleuchtiger hochgeborner fürst, Gnediger herr, kan Ich gentzlich nit erfinden, das E. F. G. mit gott und gutem gwissen die tseglich Mess on Communicanten der meinung wider auffrichten lassen mög, das die leut durch das selb werck dester frummer wurden, dweill söllich Mess wider die einsatzung Christi seyen und der vorerzeelte meinung nach gehallten unsern HERRN Jesuin Christum schmehen. Und bitt E. F. G. gantz undertheniglich, sie wölle söllich eingeben ausschlahen und darfür hallten, das der böes feind hiemit E. F. G. als ein fürtreffenlichen Christen hinderlistiglich mit einem guten schein zu verfüren und beids in Seel und leib schaden zu werffen begere. Dann on das sollich ßuffrichtung an jr selbs unrecht und Sünd ist, so wurde sich auch E. F. G. mit frembden Sünden beladen. . Dann so auss verordnung E. F. G. die pfarhern oder andere priester müsten tseglich Mess hallten und entpfiengen also das Sacrament Irer ungeschicklicheit halben, auch von wegen der zwangnuss unwirdiglich, wer solt anderst daran schuldig sein dann E. F. G.? Was aber für grosse Sünd sey, das Sacrament unwirdiglich entpfahen oder ein unwirdigen darzu müssigen, kan sich E. F. G. woll auss Sanct Paul nach Irem hohen fürstlichen und Christlichen verstandt erinnern. Zu dem das auch der Aberglaub des gmeinen volcks, der es auff die tseglich Mess haben wurde, so man dardurch frumkeit suchte, über E. F. G. haubt gedeyen und vor Gott zugerechnet wurt, wie dem könig Jerobeam mit seinem gotsdienst geschahe. Das wurde fürwar E. F. G. vor Gottes gericht zu tragen vill zu schwer sein. über das alles hatt sich E. F. G. mit andern Christlichen fürsten und Stenden zu Augspurg in der Confession underschriben, in welcher under andern stücken auch die privatae Missae, das ist die Mess on Communicanten verworffen worden. So dann E. F. G. yetz sollich Mess wider auffrichten lassen wollt, wurde es bey andern Christlichen Stenden gantz ergerlich sein. Dann es ist ye mit den gotsdiensten nit zu schimpffen. Gross Sünd seyen Stelen, Rauben, Morden, Eebrechen etc., Aber vill ein grösser Sünd ist es, ein gotsdienst wider die ordnung gottes zur erlangung der frumkeit, die allein durch Jesum Christum zu erhalten ist, auffrichten. Dann von solcher Sund wegen hatt unser HERR gott offt gantz königlich gschlecht, offt gantze königreich gentzlich zerstöret.

Yedoch auss was ursach das gmein pöbell so Rochloss wurdt, will Ich E. F. G. zum teill undertheniglich anzeigen. Es kompt meins thorichten erachtens daher: E. F. G. hatt in Iren Gnaden fürstenthumben gantz Christlich mandata aussgeen lassen von dem zutrincken, von gotslesterung und anderen offenlichen Sünden und lastern, und feelet gar nichts an E. F. G. mandata, ordnung und gebotten; Aber Ich hör die pfarher hin und her klagen, das die amptleut E. F. G. mandata zu vollstrecken seumig seyen und selbs offt in solchen Spital kranck ligen. So dan die pfarher auff E. F. G. mandata tringen, werden sie verhasst und darnach umb ander sach willen verklagt. Hiezwischen füret das pöbel ein wüst leben, fürwar on E. F. G. wissen, wollen oder schuld. Hierauff bedunckt mich der best weg sein, dem verruchten leben des pöbels zu weeren, nach dem das Evangelion in E. F. G. landen rein und getreulich gepredigt wurdt, das E. F. G. die amptleut darzu hallte, das sie mit ernst E. F. G. ordnung und mandaten in eusserlicher erbarkait volnstrecken und vorab an den feyertagen das unzeitig zechen under den predigen, auch tantzen und andere offentlich unzucht, fluchen und bübereyen abstellten. Das wurde freilich mehr zucht und erbarkeit erziehen, dann wan man alle tag tausent Mess on Communicanten hiellte. Hiemit sey E. F. G. unserm HERRN gott bevolhen, and Ich bitt E. F. G. gantz undertheniglich, sie-wolle mein ungeschickt schreiben gnediglich auffnemen. Darin E. F. G. gehorsamen und underthenigen dienst zuerzeigen will Ich allwegen ungesparts fleiss erfunden werden. Datum zu schwebischen hall mitwoch nach Decollacionis Joannis Anno XXXI.

E. F. G. undertheniger und gehorsamer

Johan brentz, prediger zu Hall.

Quelle:
Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.

Brenz, Johannes – Brief an Melanchthon, 8. Juli 1531

Dank und Frieden in Christo. Deine beiden Briefe, mein theurer Freund Philippus, deren einem der Zusatz Dr. Luthers beigefügt war, habe ich erhalten und kann dir nicht sagen, wie sehr mich Alles freute. Nimm daher meinen innigsten Dank, daß du, unserer alten Freundschaft eingedenk, den Freund, der dir so sehr zur Last fällt, nicht nur nicht verschmähst, sondern sogar durch so freundliche Aufmerksamkeit ehrst. Was ich neulich über die Rechtfertigung durch den Glauben plauderte, darfst du nicht so ansehen, als genügte mir das, was ich von der Wurzel des Glaubens sagte, oder als sei das meine Ansicht, sondern ich wollte dich veranlassen, dich genauer darüber auszusprechen, und von dir, als meinem Lehrer, lernen. So oft ich nämlich über die Rechtfertigung nachdachte, daß sie nämlich nicht aus den Werken folgt, fiel mir immer wieder das ein, ob denn nicht auch der Glaube selbst ein Werk sei? Nun spricht der Herr: das ist Gottes Werk, daß ihr glaubt. Folgt also die Rechtfertigung nicht aus den Werken, so kann sie auch nicht aus dem Glauben folgen. Während mich solche Gedanken beschäftigten, fühlte ich, daß die Rechtfertigung allein um Christi willen und nicht wegen des Verdienstes unserer Werke uns zu Theil werde. Nur vermochte ich das nicht deutlich auszudrücken, und erst durch deinen Brief, den Beisatz Luthers und die mit der Schrift vollkommen stimmende Apologie habe ich nun auch den ächten Ausdruck kennen gelernt. Ich denke mir: es gibt dreierlei Werke, das eine ist das genügeleistende oder verdienstliche erk, das andere das organische, aufnehmende, das dritte das beweisende, deklaratorische. Das erste ist Christi Leiden, das zweite der Glaube, das dritte die Früchte des Glaubens. Die Rechtfertigung oder Vergebung der Sünden wird uns nun zu Theil nicht wegen unsrer Liebe, wie du richtig bemerkst, auch nicht wegen unseres Glaubens, sondern einzig und allein um Christi willen; aber doch durch den Glauben; er nimmt die verheißene Gnade an. Etwas anders ist: die Rechtfertigung verdienen, oder ihrer theilhaftig werden. Verdienen kann sie der Glaube keineswegs, durch den Glauben aber, als das Organ, wird die Rechtfertigung dem Menschen zu Theil. Auch durch die Früchte des Glaubens oder der Liebe wird sie nicht zu Theil. Christus allein ist die Genugthuung und das Verdienst. Der Glaube allein ist das Werkzeug, durch das Christus aufgenommen wird. Die Werke aber, welche aus dem Glauben hervorkommen, sind weder eine Genugthuung noch ein Verdienst, noch ein Werkzeug der Rechtfertigung, sondern sie bezeugen nur, daß diese durch den Glauben aufgenommen wurde.

Da ich eben den Brief schließen will, fällt mir ein, daß du über die Werke so urtheilst: Käme unsere Rechtfertigung aus der Liebe, so hätten wir eine innere feste Ueberzeugung davon, weil unsere Liebe nie so groß ist, als sie sein sollte. Demgemäß urtheile ich auf ähnliche Weise vom Werk des Glaubens. Würde die Rechtfertigung uns zu Theil durch das Verdienst des Glaubens, so wären wir nie genugsam davon versichert, denn wir haben stets zu beten: hilf unserem Unglauben und verbinde in uns mit den Werken des Glaubens. Sieh zu, ob ich darin die rechte Ansicht habe. Lebe wohl.

Quelle:
Evangelische Volksbibliothek Herausgegeben von Dr. Klaiber, Garnisonsprediger in Ludwigsburg Zweiter Band. Stuttgart Adolph Bechers Verlag (Gustav Hoffmann). 1863

Brenz, Johannes – Brief an Luther, 5. Juli 1531

Heil in Christo! Ich weiß, daß du, hochzuverehrender Lehrer in Christo, von heiligen Geschäften, mit welchen du die Kirche erbaust, so in Anspruch genommen bist, daß du entfernt keine Zeit hast, mit meinem unbedeutenden Gerede dich abzugeben. Darum will ich in aller Kürze dich zuerst in Jesu Christo, der unsere Erlösung ist, begrüßen, sodann dir anzeigen, daß mir dein neulicher Beisatz am Schluß des Briefs unseres Dr. Philippus höchst erfreulich war. Ich sehe nun, so viel ich vermuthe, ganz richtig ein, daß auf ähnliche Weise, wie unsere Gegner aus ihren Werken Götzen machen, indem sie dieselben statt Christi anbeten, so gar leicht aus dem Werk des Glaubens ein Götze aufgerichtet und der Glaube an Christi Statt, den wir im Glauben zu ergreifen haben, angebetet wird. Damit ich also nicht, während ich die Charybdis vermeiden will, in die Scylla gerathe, stelle ich mir’s so vor: der Glaube nur die Rechtfertigung, nämlich Christum, annimmt, nicht aber durch das Verdienst seines Werkes die Rechtfertigung bewirkt. Und wenn es heißt, der Glaube reinige die Herzen, so erkenne ich es nicht als ein Werk oder Verdienst des Glaubens, daß Christus im Glauben ergriffen ward. Doch hierüber schrieb ich Mehreres an Philißßus… Der Herr erhalte dich so lang als möglich wie am Geiste stark, so gesund an Leib. Bete für mich! Leb wohl.

Dein Brenz.

Quelle:
Evangelische Volksbibliothek Herausgegeben von Dr. Klaiber, Garnisonsprediger in Ludwigsburg Zweiter Band. Stuttgart Adolph Bechers Verlag (Gustav Hoffmann). 1863