Brennwald, Johannes – An den Rath zu Zürich

Gnädige liebe Herren! Wie mein Herr Vogt Euch zuschreibt, daß einige Händel vorgegangen seyen, werdet ihr ferner aus meinem Schreiben verstehen. Demselbigen ist auf das kürtzeste also: Wie ich aus der Disputation((wahrscheinlich die zweite Disputation mit den Wiedertäuffern vom 20. März)) heim gekommen bin, ist mancherley von den Widertäuffern geredt worden, nemlich man habe sie nicht genugsam verhören wollen. Auf solches habe ich am Sonntag wollen das Gotts-Wort verkündigen und in meinem Fürnehmen fortfahren, nemlich in dem VII. Capitel Johannis von der Beschneidung, wie dieselbige von Moses gegeben sey und von den Vätern, wie der Text lautet, deßgleichen von dem Ursprung derselbigen, und wie sie uns verkehrt worden in die Tauff. Dann zuvor wollte ich nicht fürfahren und keinerley anziehen, das sich auf die Tauff schickete, dann ich wollte warten bis das Gespräch vorüber war. Da sind die Widertäuffer aufgestanden und mir in die Sach gefallen und haben unter anderen Worten geredt: Man hätte sie nicht verhören wollen; sie hätten auch einen Brief gezeiget in der Disputation, man hätte aber denselbigen auch nicht anhören wollen. Diesen Brief lasen sie öffentlich vor aller Gemeind oder Versamlung der Unterthanen, auch vieler anderer fremder Leuthen aus dem Ergäu. Darauf verlasen sie etliche Schriftstellen aus dem Neuen Testamente. Neben anderem sprach einer zu mir: Ihr der Widertäuffer Blut stünde in meiner und des Zwinglins Hand, dasselbige würde bezeugen, daß das ihrige gerecht sey und nicht meines und des Zwinglins; wir verführten das gemeine Volck. Auf dieses habe ich öffentlich geredt: Ich wollte es einer Oberhand anzeigen, und bin darnach aus der Kirche hinaus gegangen. Einer schrye mir nach: Ich hätte sie schon gnug verklaget, man sollte mich da dannen thun. Solches ist vorgegangen mit vieler Unbescheidenheit, das ich Gott klage, und bitte euch meine gnädige Herren demütig, um Rath und Hilffe, damit mir Bescheid werde, wie ich mich verhalten solle, dann ich kan nicht bey mir selbst finden, daß ich dißmahl Fried und Ruhe haben möge. Ich habe auch den Weibel und meiner gnädigen Herren Knecht mit mir zu meinem Herren Vogt genommen, und ihm solches angezeiget unter Augen, der dann solche und andere Händel angehört hat. Hiermit bewahre der allmächtige Got Euch meinen gnädigen, lieben Herren allen Seel, Leib, Ehr und Gut Amen.

Datum in der Veste Grüningen auf Sonntag nach St. Marxen Tag in dem Jahr 1525.

Euer zu aller Zeit gehorsamer und Williger Johannes Brennwald.

Beyträge zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes
3. Theil
Johann Conrad Füßlin
Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1747