Blaurock, Georg – Bittschrift an den Rat von Zürich aus dem Gefängnisse.

Liebe, Gnädige Herren! Christus Jesus ist nach heiterer Anzeigung Gottes, und Verordnung dessen, der alle Dinge schaltet und walten, gekommen, den Fall Adams widerzubringen, in dem wir alle tod waren. Dann deßwegen hat Gott seinen Sohn gesandt, und ihm alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben, daß einjeder, der seinen Nahmen anrieffe, und in ihn vertraute, das ewige Leben hätte. Dem zufolge hat Christus seine Jünger ausgesandt und ihnen befohlen, daß sie hingehen und alle Völcker lehren sollten, daß ihm solche Gewalt von Gott seinem Vater gegeben worden, solchem nach alle, die seinen Nahmen anr4uffen würden, durch seinen Tod Nachlassung der Sünde empfiengen, deßwegen er ihnen ferner befohlen, solchen die Tauffe als eine äusserliche anzeigung mitzutheilen. Da nun auch ich solches gelehret, haben sich einige mit weinenden Augen zu mir gefüget, und mich gebeten, daß ich sie tauffetet; Dises habe ich ihnen nicht abschlagen können, sondern nach ihrem Begehren vollstreckt; anbey habe ich den Nahmen Christi über sie angeruft; sie auch weiter Liebe und Einigkeit, und Gemeinschafft aller Dinge gelehret, wie auch die Apostel Act. c. II. Und damit sie des Todes Christi in allweg eingedenck wären, und sein vergossen Blut nicht vergässen, habe ich ihnen den Brauch Christi angezeiget, den er in seinem Nachtmal gehalten hat, und zugleich mit ihnen das Brot gebrochen, und das Tranck getruncken, damit wir uns erinnerten, daß wir alle durch den einigen Leib Christi erlößt und durch sein einiges Blut abgewaschen seyen, auf daß wir alle eins, und je einer des andern Bruder und Schwester in Christo unserm Herren wären. Von diesem allem bin ich überzeuget, daß es der steiffe Wille Gottes seye. Darum bitte ich Euere Weisheit, daß sie sich an dem Eckstein Christo nicht verstosse. Gott bewahre alle diejenigen, die seinen Nahmen anruffen in der Warheit!

Quelle:
Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen- Reformations-Geschichten des Schweitzerlandes; Herausgegeben von Johann Conrad Füßlin. Dritter Theil. Zürich, bey Conrad Orell und Comp. 1747.