Blaurer, Ambrosius – Brief an seine Base Barbara Blaurer

Mein sonder lieb Bäslein.

Dein Geschrift hab ich mit christlichem brüderlichen Mitleiden gelesen, bitt Gott von ganzen Begierden meines Herzens, wölle dich nach der Fülle seiner Gnad und Barmherzigkeit seines Trosts wiederum empfinden lassen und dichs sehen lassen, wie ers so inniglich herzlich und väterlich gegen dir meint, der festen getrosten Hoffnung, er werde das ängstig Mordgeschrei deines Gemüths, auch mein und ander frommer Leut Bitt bald erhören. Harr, wart, leid dich, halt still, gewiß sollst du erfahren die Wunder Gottes, wie seine Hand nicht allein mächtig ist in die Höll zu stoßen, sondern auch wieder herauszuziehen wider und über dein und aller Menschen Vermuthen. Nicht möglich ists, daß der treu mild gnädig Gott und Vater in die Harr sich verbergen werde dem Herzen, das nach ihm und seinem trostreichen Angesicht als schmerzlich sehnet und Durst hat. Den Durst, so er selbst in dir nach seinem Wohlgefallen angezündet, wird er selbst mit ihm selbst wiederum löschen.

O mein geliebtes Bäslein! Es sind eitel gulden Anfechtungen, die uns mit der Zeit süß lieblich Frucht, d.i. Erkenntniß unser selbst und Gottes Gnaden bringen werden. Selig sind alle die, so Gott der Herr also heimsucht. Er nennet selig hie in Zeit, selig, so euch die Menschen hassen und fluchen und alles Uebel wider euch reden werden, spricht unser Herr; noch viel seliger, so uns nicht allein andere Menschen, sondern auch unser eigen Blut und Fleisch sammt all unserem Vermögen uns verfolget, will uns nichts Guts an unserem Gott empfinden lassen. Denn gleichwie in anderem äußerlichen Verfolgen nach Blut und Fleisch warlich keine Süßigkeit, sondern Angst und Noth ist dermaßen, daß der ganze Mensch oft darob erbebt und nicht weiß, wo er daran ist: also noch viel mehr, so wir unserem eigenen Hausfeind zu Theil werden, daß er sich nicht sehen lassen kann, muß groß Jammer und Noth sein, noch dennoch ist der Herr der treu gütig Gott an der Hand, sieht dem Kampf zu, läßt uns hart umgetrieben und auch zerzauset werden und aber nicht gar darniederliegen, wie heftig wir auch angefochten sind. Darum ist die Seligkeit auch außerhalb des Empfindens; es vomet auch das Wort Gottes bewahrt und behalten außerhalb des Trosts und Süßigkeit hie in Zeit, daß gleichwohl wahr bleibt: Selig sind die, so das Wort Gottes hören und behalten; ja viel sicherer und baß wird es behalten in der Schwachheit Bluts und Fleischs, und so wir des großen Sturms daneben inne werden, denn so es uns ohne die Säure wohl ausging und süß wäre. Es gilt hie nicht des süßen, sondern des sauren Senfs; das Fleisch muß mit Feuer, d.i. mit der Trübseligkeit gesalzen werden, sonst erstinkt es in der Fülle und wird zunichte. Dort sollen wir erst verklärt und in ein neu Herz und Haut gestoßen werden; mittlerzeit müssen wir uns drucken und schmiegen und berrügen lassen, daß uns Gott also reit mit den Sporen seiner Züchtigung, daß wir nicht fallen in die Stricke dieser Welt und nicht mithafften sind der Gottlosen, so dem Herrn entgegen sind und wandeln nach ihren Gelüsten.

Mein Bäslein hab Geduld.

Das Empfinden der Armuth des Gemüths und Herzens, ja der Armuth Gottes, als du schreibst, ist warlich groß Reichthum vor ihm, der auch seinen geliebten Sohn ein wenig hat mangeln lassen an Gott, aber nachmals wiederum mit Ehren und Schmuck gekrönet. Wer Trost hat nach dem Fleisch in allen Creaturen und Gottes mangelt, ist zu viel arm, ob er seine Armuth gleich nicht empfindet und sich reich bedünkt. Der nicht Freud, Trost und Ergötzlichkeit hat in den Creaturen und Gott allein hat, der ist über all König und Kaiser reich und herrlich, ob er gleich seines Reichthums d.i. Gottes auch nicht empfindet. Hab ich einen verborgenen Schatz im Haus, der mir aber mit der Zeit werden soll, so bin ich reich in der Wahrheit, wiewohl ichs jetzumb nicht weiß noch empfind; also ist allen angefochtenen Kindern Gottes. Die haben den verborgenen Schatz der Gnaden und Reichthum Gottes bei ihnen; er will ihnen wohl, derhalben sie reich sind, wiewohl sie es dieser Zeit nicht merken noch verstehen in der Notz. Darum sei unerschrocken in der Hartseligkeit; Geduld ist uns Noth, sagt Paulus, wirf die Hoffnung nicht ab dir; den Tag Christi wirst du gewißlich sehen und mit Freueden erleben. Deß halt dich steif.

Quelle:
Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformirten Kirche. Herausgegeben von Dr. J.W. Baum, Professor in Straßburg, R. Christoffel, Pfarrer in Wintersingen, Dr. K.R. Hagenbach, Professor in Basel, Dr. H. Heppe, Professor in Marburg, K. Pestalozzi, Pfarrer in Zürich, Dr. C. Schmidt, Professor in Straßburg, Lic. E. Stähelin, Pfarrer in Basel, Lic. K. Sudhoff, Pfarrer in Frankfurt a.M., u. A. Eingeleitet vpm Dr. K. R. Hagenbach. IX. (Supplement=)Theil: J. a Lasco, L. Judä, F. Lambert, W. Farel und P. Viret, J. Vadian, B. Haller, A. Blaurer Elberfeld Verlag von R. L. Friderichs 1861

Blaurer, Ambrosius – Brief an Hubertus 1564 über den Tod Calvins

D. Calvin, das unvergleichliche Werkzeug Christi und von den Theologen unseres Jahrhunderts, die uns bis jetzt der Herr übrig gelassen hatte, wohl der erste, hat am 27. Mai nach sehr heftigen Schmerzen, die ihm durch verschiedene Krankheiten in acht Tagen kamen und die er geduldig ertrug, den Himmel mit der Erde vertauscht und ist als ein guter und treuer Knecht in die Freude seines Herrn eingegangen, wo er nun ewiglich mit ihm ein wahres, des Namens wertes Leben führen wird. Von ganzer Seele beglückwünschen wir ihn für dies so glückliche Los. Zur Reise ganz fertig, nachdem so viele grausame angriffe der Feinde, die den Mann mit ihren Zähnen zu zerreissen wünschten, beschämt waren, ist er in dem ganz ruhigen und sicheren Hafen des himmlischen Vaterlandes gelandet. Wir bitten nun den Herrn, dass er sich unserer erbarme, da er die besten Führer und Hirten seiner Herde zu sich sammelt und dass er seine Gemeinde mildiglich erhalte, damit wir nicht wie irrende Schafe ohne Hirten seien. O weh, mein teurer und lieber Bruder, wie wenig sind heute diejenigen, die von göttlichem Eifer entzündet nicht das, was das Ihrige ist, sondern was Jesu Christi ist, suchen und von der Sorge um seine Kirche ernstlich bewegt werden. Nachdem fast jenes ganze Geschlecht zu den Vätern versammelt ist, das nach dem langjährigen harten Joch der papistischen Knechtschaft, welche die von Aegypten und Babel übertrifft, und die es zu Tode marterte, den Trost der süssen Freiheit Jesu Christi in dem wiedererwachenden Evangelium erfahren hat, so ist jetzt kaum der eine und der andere da, der sich an die Früheren erinnert, und diese befinden sich in einer solchen Masse von Gottlosigkeit und Losgelassenheit aller Uebel, dass sie allmählich verweltlichen und die erste Liebe verlassen. Doch hat der Herr dennoch die Seinigen und seien es noch so wenige, die er kennt. Möchten auch wir unter diese wie ein geheiligter Rest gezählt und bewahrt sein; das erbitten wir Tag und Nacht mit vielen Thränen, ja wir sagen Dank durch Jesum Christum, in dem wir vor Grundlegung der Welt erwählt sind und kämpfen nun weiter, damit wir heilig und untadelig vor ihm in der Liebe seien, und so auch durch uns sein grosser Name auf Erden verherrlicht werde.

Am 22. Juni.

Quelle:
Die beiden letzten Lebensjahre von Johannes Calvin von Dr. th. Adolph Zahn Stuttgart. Druck der Union Deutsche Verlagsgesellschaft. 1898.

Blarer, Ambrosius – An Herzog Christoph von Württemberg

Durchleuchtiger Hochgeborner Fürst gnediger Herr, Gleich nachdem der durchleuchtig hochgeborn Fürst und Herr Herr Ulrich Hertzog zu Wirttemberg und zu Tegkh Grave zu Mümppelgart rc. E. F. G. Herr Vatter mein gnediger Fürst und Herr säliger hochloblicher Gedächtnus Sr. F. G. Fürstenthum widerumb erobert, hab uff Sr. F. G. gnedigs Ansynnen ich mich ins Land gethon und vier gantzer Jar lang darinnen gros Unruw Müeh und Arbayt gehabt, wie des noch vil guthertziger Ehrnleut gut Wissen tragen.

Es hat auch damals uff hochgenannte meins gnedigen Fürsten und Herrn gnedigs Beger der edel und vest Mann günstiger lieber Junkherr Hanns Harder mich und mein Knecht zu im genommen u. Sr. F. G. zu unterthenigen Gefallen uns alle Unterhaltung, Atzung, Geliger, Behausung, Beholtzung, Liechter u. alle andere Notturfft reichlich dargereicht, darfür ime dann alle Wochen zwen Gulden verordnet worden.

Und als ich ungevärlich ein Vierteil eines Jars im Lannd gewesen, bin ich von hochgedachtem meinem gnedigen Fürsten und Herrn säligen hochloblicher Gedächtnus mit achtzig Gulden gnediglich verehrt und bezalt worden.

Darnach über ein kleine Zeit sagt sein F. G. selbs zu mir, sie wölte mit der Besoldung mich gleich wie Meister Erhart Schnepffen halten, wölchem järlich zweyhundert Gulden gereicht worden, das ich wie pillich von sein F. G. zu unterhenigem Dankh annam, hab also daruff all mein Rechnung u. Zerung angericht u. gar keines Fürschlags begert, sondern vielmehr gedacht, mein Amt one Nachteil zu vollstrecken und derhalben im ersten Jar da allenthalbenher vil guter armer Gesellen zulieffen u. an mich Versehung begerten, ich aber damals noch nit wissen mocht wohin u. wie vil man Kirchendiener nottürftig und welche unter denselben sich bekeren u. bleiben würden, manchen Gulden von dem Meinen ußgeben, damit die armen guten Männer so weit her gezogen u. nit versehen werden mochten unclagbar wären, sonderlich dieweil sie allweg an mich begerten inen bei hochbemeltem meinem gnedigen Fürsten u. Herrn säligen einen Zerpfenning zu erlangen und ich aber des weder Fug noch Statt haben mocht.

Und ist mir also für mein oben angezeigt groß Unruw Müeh u. Arbayt, die obgemelten vier Jar lang gehabt, über die obbestipt Achtzig Gulden Verehrung weiter weder Heller noch Pfenning gegeben worden. Dann wiewol in meinem Abschied uff mein damals beschehen unterthenig Supliciren mir zweyhundert Gulden uff Gretcingen geschickt, so wurd doch dabey geschriben, daß ich dieselben für mein Abfertigung haben und davon obgedachten Hannsen Hardern, dem von mein u. meines KKnechts wegen wochentlich als obsteht, zwen Gulden verordnet waren, auch bezahlen sollt, und fand sich aber an Rechnung, daß sollich zwey hundert Gulden eben gemeltem Harder gepürten, wölche ich ime auch gelassen u. nach hochgenannts meins gnedigen Fürsten u. Herrn säligen selbs eigener beschehner gnediger bewilligter Besoldung stand mir uff disen Tag noch unerstattet uffen 320 Gulden, wölche auch dieweil ich im Fürstenthum gewest durch die oben angezeigten meine Ußgaben u. in anderweg uff mich gangen sind u. ich von dem meinen eingebießt hab.

Ich sollt auch billich hierinnen gnediglich geniessen, daß ich auch ein Ordensmann im Fürstenthumb, namlich im Closter Alperspach geweßt u. nie keines Leibgedings begert hab, wie dann den andern allen so die Clöster vor u. nach Sr. F. Gn. Einkommen uff Gott verlassen, gnedige järliche Leibgeding widerfaren u. verschriben worden seind.

Und das alles wie oben erzelt, hab vor etlichen verschienenen Jaren, E. F. Gn. als die zu Costenntz geweßt, ich uff das kürtzest untertheniglich mundtlich bericht untertheniger Hoffnung, E. F. Gn. seye des noch gnediglich eingedenkh.

Und dieweil dann E. F. Gn. jetzo regiert u. Herr u. Lands Fürst ist, und die Pillichkeit hieriinnen selbs gnediglich wol ermessen kann, ich auch diser meiner ußsteenden Besoldung nottürftig bin, So bitt ich untertheniglich, E. F. Gn. wöllen aus fürstlicher Miltigkeit mir dieselben gnediglich widerfarn u. erstatten lassen. Das will umb dieselben E. F. Gn. ich untertheniglich verdienen u. pitt ein gnedig Antwurt.

E. F. G. untertheniger
Ambrosius Blaurer.

Quelle:
Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte Herausgegeben von dem K. Statistisch-Topographischen Buerau 1892

Ambrosius Blarer an Heinrich Bullinger, 3.7.1546

„In Summa, wir werden Leute genug haben. Es soll, hoff ich, den Pfaffen der Brei recht gesalzen werden, und der Hagel, den sie lang gesotten haben, sie selber treffen. Wolle Gott der bübischen Mörderei bald ein Ende machen.“ „Selbst in Italien sind bedeutende Leute unsere Kundschafter, die dem Papst gern ein Feuer in Italien anzündeten; denn es ist ihm Niemand hold, dem Teufelskopf.“

Ambrosius Blarer an Heinrich Bullinger, 23.12.1543

„Möchte doch unser Magistrat auf eine solche Einrichtung denken, in welcher die geistliche und weltliche Zuchtordnung also dem Herrn wohlgefielen, daß er seinen Zorn von uns abkehrte. Unser Rath hat jetzt wenigstens den Anfang gemacht, indem er uns Kirchendienern die schöne aber überaus schwere Aufgabe stellte, wir möchten, da wir täglich an seiner Verwaltung so viel auszusetzen hätten, ihm eine solche dem Wort Gottes entsprechende Regel aufzeichnen, bei deren Befolgung er sicher sein dürfte, den Segen Gottes reichlich zu empfangen und seinem drohenden Strafgericht zu entrinnen. Du siehst jedoch, wie schwierig diese Aufgabe ist, nicht nur, weil sie so umfassend ist, sondern auch weil sich Vieles aus dem Wort Gottes nicht beantworten läßt. Dazu kommt, daß Unzähliges zu behandeln wäre, was dem geistlichen Amt ganz ferne liegt, so daß wir uns dieser Aufgabe entheben zu sollen glaubten; da sie aber uns hierüber, abgesehen von unserem Kirchenamte, wie auch andere gute Männer hören wollen, so konnten und durften wir das Ansinnen nicht schlechthin von der Hand weisen. Sie begehren von uns zu vernehmen, wie ein Regiment im Geistlichen und Zeitlichen angerichtet werden möge und solle, daß es Gottes Wort ähnlich und demnach ihm dermaßen gefällig sei, daß er, wo dem gelebt, von deßwegen seinen Zorn und vorgenommene Strafe nachlassen werde; wollen demnach, daß wir eine ganze Reformation stellen, wie alle Dinge in kirchlichen und politischen Sachen gehalten sollen werden, denn sie gedenken sich dermaßen in Gottes Willen zu richten, daß sie auch andern Obrigkeiten ein gut, besserlich, christlich Exempel seien.“

Ambrosius Blarer über den Tod Margarethes an Bullinger, November 1541

„Unter denen, welche ein Opfer der Pest wurden, hat der Herr, der Geber des Lebens, auch unsere treffliche und in Wahrheit unserer Kirche getreueste Dienerin, meine leibliche Schwester Margaretha zum großen Leidwesen Aller vom Tode zum Leben hinübergeführt, zu der für sie freilich rechten, für uns aber ungünstigsten Zeit, was meine Seele zuweilen so sehr erschüttert, daß ich hier die heftigen Erregungen meines Herzens fühle und durchaus fürchte, es möchte dieser Tod eine schlimme Vorbedeutung für die ganze Stadt haben, was noch viel Gutgesinnte mit mir besorgen. Denn was sie betrifft, sind wir völlig gewiß, daß sie nicht todt ist, sondern den Tod mit dem glücklichsten Leben vertauscht hat; sie hat auch ihren letzten Athemzug unter heiligen Reden ausgehaucht, im Vertrauen, ihr Tod sei kein Sterben, so daß du gesagt hättest, sie sei sanft eingeschlummert und habe ihren Geist in die Hände des treuen Schöpfers übergeben. Uns aber ist ein so großer Trost und Segen entzogen, daß wir in unserer unbeschreiblichen Trauer mehr als die Hälfte unseres Lebens verloren zu haben stets schmerzlicher empfinden. Bitte für uns, daß es uns vergönnt werde, in ihren Fußstapfen Christo nachzufolgen.“

Ambrosius Blarer an Margarethe Blarer aus Hagenau am 4.7.1540

„Ich bitte dich, daß du die Sache der Kirche Christi dem himmlischen Vater in flehentlichen und gläubigen Gebeten anbefehlest, denn sie wird stark zwischen den Klippen und Stürmen menschlicher Gewalt und Weisheit umhergetrieben. Darum so rufe oft mit deiner h. Gemeinde, die du anheim hast, den Geber alles Friedens inbrünstig an, daß er diese Stürme stille und uns mit seinem festen, ewig dauernden Frieden bekräftige und stärke, damit die Pforten der Hölle nichts wider uns vermögen. Ich weiß, wie schwesterlich du für meine Frau und meine Kinder sorgst. Grüße dein ganzes Haus sammt allen deinen Kranken und Armen, durch deren Fürbitte bei dem Herrn ich unterstützt zu werden wünsche. Lebe wohl, beste, liebste Schwester, o mein Herz in dem Herrn. Thue, was du thust, geflissentlich. Nähre, tränke, besuche, sammle in den Hungrigen, Dürstenden, Kranken, Vertriebenen Christum, in der gewissen Zuversicht, daß dein Lohn bei ihm im Reiche seiner Herrlichkeit dir bereitet ist.“

Amrosius Blarer und Johannes Zwick an den Rath von Konstanz, 1538

„Wir haben, Aergerniß und allen Argwohn der Eigennützigkeit zu verhüten, keiner Besoldung nie begehrt, auch etwa die angebotene nicht haben annehmen wollen, und uns doch dabei nicht allein im Predigtamt, sondern auch in andern euren Diensten und Handlungen, auch hin und wieder Reisen so gutwillig und dermaßen erzeigt, daß Niemand spüren mögen, ob wir um Sold Solches gethan, sondern uns aller Ding als von Gott in dieß Amt gesetzt gehalten haben. Nicht daß Besoldung nehmen unser, auch Gottes halber unziemlich gewesen, sondern damit unsere Lehr und Predigt bei Männiglichen, sonderlich aber bei den Böswilligen desto ansehnlicher und bei dem Frommherzigen desto baulicher wäre, so beide Theile sähen, daß wir nicht uns selbst und das Unsere, sondern allein gottgefälligen Fürgang des gnadenreichen und von Neuem herglänzenden Evangelii und Wohlfahrt gemeiner Kirchen hie zu Konstanz in diesem Allem gemeint und gesucht haben. Ja auch zu dem, daß wir keinen zeitlichen Genuß von unserem Amt gehabt, haben wir auch nicht geringen Schaden von dessen wegen erdulden müssen, und ist uns nicht kleiner Kost aufgelaufen mit vertriebenen waislosen Predigern und andern frommen Christen, deren anfangs viel verjagt worden, jetzund mit andern armen heimischen und fremden Leuten, sonderlich in der verschienen klemmen und theuren Zeit, da wir für andere Leute um Hilf und Trost täglich angesucht worden, denn man anfangs meinen wollte, wir sollten Jedermann helfen und genug geben. Nun wären wir aber wohl nochmals, wo es immer in unserm Vermögen, erbötig und von Herzen geneigt, solches alles fürohin wie bis anher zu beharren, wollten auch nichts Lieberes, denn daß wir also mit unserem Dienst im Wort und zeitlichem Vermögen Männiglichem unsere Gutthätigkeit und Hilf beweisen und für und für leisten möchten; dieweil wir aber nicht durch unnütz, leichtfertig und üppig Schwenden oder überflüssige Köstlichkeit unseres Haushaltes und anderer Sachen, sondern allein durch erlittene Kosten und Ausgab jetztangeregter Ursach halber in Schulden geronnen und Minderung unseres Hauptguts dermaßen gerathen, daß nichts Gewisseres zu erwarten, denn, so wir also noch etliche Jahre dergestalt wie bis anher Hansen sollten, daß wir und unsere Erben in verderblichen Schaden, das Niemand billig begehren mag, wachsen und andern Leuten zum Erbarmen kommen müssen: so ist demnach unser Begehr, daß ihr in stattlicher Erwägung aller jetzt eingebrachten Ursachen, und daß wir, wo uns nicht Liebe unseres Vaterlands hie behielte, an etlich anderen Orten, so wir uns mit Dienst dahin begeben wollten, wohl viel höhere und reichlichere Besoldung, denn wir an euch begehren, haben möchten, uns günstiglich und väterlich bedenken wollen

Blaurer, Ambrosius – An Johann Machtolf

Ich schreibe hiemit an Eueren Rat wegen des Herrn Johannes Bock, den ich hier nicht länger bei der Helferei erhalten kann, und bitte, ihm, weil das Einkommen seiner kleinen Pfrund für seinen Unterhalt nicht genügt, zu einer Zulage zu verhelfen, damit er, wenn nicht länger, doch noch ein Jahr hier studieren kann. Nehmt Euch der Sache an. Das Geld wäre sicher gut angelegt; er hat jetzt erst den rechten Nutzen vom Studium, und Ihr bedürft seiner Dienste noch nicht. Meine Herren von Konstanz haben auch einen jungen Prediger mit Weib und Kind zum Studieren nach Basel geschickt, wo er sich jetzt zwei Jahre aufgehalten, und nun kommt er nach Tübingen, um da eine Zeitlang zu studieren; er hat von meinen Herren mehr als 100 Gulden. Bock hat sich hier durchaus gut gehalten. Sollte für ihn nichts zu erlangen sein, so bemüht Euch um die Erlaubnis, eine Pfarrei im Württembergischen zu übernehmen, bis Ihr seiner Dienste bedürft; hätte er bei Euch sein genügendes Auskommen, so käme er lieber schon jetzt nach Eßlingen.

Ihr wißt, daß des Betlis zu Krummenacker Schwester Gretle eine Zeitlang bei meiner Schwester gedient, dann in Konstanz geheiratet hat und bald gestorben ist. Dem Mann stehen von ihrer Hinterlassenschaft noch 7 Punf aus und der Abzug, den er hat erlegen müssen; deshalb bitte ich Euch, mit den Erben und Pflegern wegen der Ausrichtung zu verhandeln. Grüßt die Eurigen und alle guten Herren und betet für mich und mein Amt. Es steht gar seltsam um alles, wovon ich Euch lieber mündlich berichten als schreiben möchte; vielleicht gibt Gott bald Gelegenheit. Neues wissen wir nicht außer von dem Türken, was Euch besser bekannt ist.

Datum frytag vor Letare 38

Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blaurer
1509 – 1548
Herausgegeben von der Badischen Historischen Kommission
Bearbeitet von Traugott Schieß
Band I
1509 – Juni 1538
Freiburg i. Br.
Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld
1908

Ambrosius Blarer an den Konstanzer Rat, 11.2.1538

„Ich bin aus viel scheinbarlichen Anzeigungen gewiß, daß mein Beruf in dich Fürstenthum Württemberg ordentlich und aus Gott, auch anbisher, ihm sei Lob, nicht übel erschossen ist. Nun sind aber die Sachen noch dieser Zeit dermaßen geschaffen, daß vielleicht der Halbtheil und dennoch nicht gar dieses Fürstenthums gevisitiret und der Nothdurft nach versehen ist, und zudem die verordneten Visitierer also gesinnet, daß ich gänzlich zu vermuthen habe, wo ich nicht zugegen, daß manchem guten Pfarrer, so von mir aufgesetzt worden, das Examen zu schwer und er demnach abgestoßen würde, nicht ohne kleinen Anstoß seiner Unterthanen und Nachtheil des ganzen Handels. Denn etliche Leute dermaßen erbittert, von daß der Bilder und etlicher anderen Sachen halber nicht ihres Gefallens gehandelt worden, daß sie gedenken, wie sie alle Diejenigen schüpffen möchten, so ihrer Meinung nicht wollen zufallen, wie ich denn in augenscheinlicher Erfahrung habe. So würde auch der Artikel, das Nachtmahl belangend, viel gröber und fleischlicher müssen gelehrt und gehalten werden, denn es Luther selbst begehrt; so wunderseltsam stehen etlicher Leute Fürnehmen…. Wenn ich mich selbst und meinen zeitlichen Nutz suchte, wollte ich viel lieber zu Augsburg, denn in diesem Fürstenthum sein, dieweil mir dieses viel genießlicher, minder arbeitsam und fahrlich wäre, denn an dem Ort zu sein, da ich über so viel Müh und Arbeit, Fahr und Sorg auch an dem Zeitlichen Nachtheil leiden und das Meine, wie denn noch bisanher geschehen, einbüßen muß. Aber billig sollen wir uns, solches Alles hintangesetzt, dem gnädigen Gotteswillen ergeben und nach seinem Wohlgefallen gebrauchen lassen, auch mit Verlust Leibs und Lebens, geschweige des hinfälligen zeitlichen Guts. Er ist der Herr, wir seine nichtige Geschöpfe, welche er wie, wohin und wie lang ihm geliebt brauchen soll. Meines gn. Herrn Herzogs Ulrichs halber kann ich nicht wissen, ob es mit Gnad oder Ungnad seinethalb sein möchte: die Stunden sind ungleich. Es sollte sich wohl fügen, daß anrucks groß Ungnad vorhanden und aller Dank sammt der Belohnung ganz verloren wäre; wiewohl ich Leute weiß, die gern zustimmen würden, daß es mit Gnaden beschehe, nur daß ich aus dem Land käme. Darnach würden sie ihres Gefallens Einen zu ihnen ziehen und alle Ding nach ihrer Wohlmeinung wiederum anrichten, auch die Sachen dermaßen versehen, daß ich keinen Regreß wiederum haben möchte, und also viel guten geschickten Hirten und frommen Unterthanen zu kurz beschähe. In Summa, es stehen alle Ding auf diese Stunde also, daß wenn der Fürst gleich jetzt nicht mein begehrte und mich nur leiden möchte, ich meinen Abschied dieß- mal nicht wüßte gegen Gott zu verantworten, bis die Visitation zu Ende lauft.“