Bürgermeister und Rath der Stadt Augsburg an Brenz.

22 April 1562.

Dem würdigen hochgelernten Herrn Johann Brentzen, der h. Schrift Lehrern, unserm lieben Herrn und Freunde entbieten wir die Bürgermeister und Rathgeber der Stadt Augsburg unsere freundliche willige dienste zuvor. Würdiger, Hochgelehrter, lieber Herr und Freund! Wiewol sich die Lauffe menschlicher Vernunft noch ganz forchlich und beschwerlich ansehen lassen, so haben wir doch neben andern Gutherzigen Gott dem Allmechtigen nicht wenig zu danken, dass wir unter aller Trübsal, Anfechtung und Noth, damit zuforderst Teutschland vor andern Nationen zu diser zeit ungezweifelt um vieler ihrer begangenen Sünde willen beladen ist, von dem Zwang und Drangsal unreiner Lehr in Religionssachen entlediget und durch sondere Schickung Gottes gelegenheit erlangt haben, in unser Stadt wiederum das reine Wort gottes verkünden und predigen zu lassen. Dieweil wir denn nunmehr und endlich entschlossen sein, vermittelst göttlicher hilffe die wahre Christliche Religion in der Lehr und den Ceremonien der Augspurgischen Confession gemsess und ungevsehrlich wie es diessfalls im land zu Sachsen gehalten wird, anzurichten, wir aber dasselb ohne besondere dazu gelehrte, erfahrene, geschickte und christliche M»enner, darunter wir euch aus Gnaden Gottes durch eure im druck edirte Bücher und ansehnlicher frommer Leute Gezeugnuss und Ruhm nicht den Geringsten erkennen, achten und halten, nit thun können noch mögen, so ist unser freundlich christlich Ermahnen und Bitt, Ihr wollet zu Bestem eines solchen guten christlichen und Gott wolgefselligen Wercks unbeschwert seyn, euch ein Zeit lang gegen gebührender Besoldung allher in unser Stadt zu begeben und allda Gott dem Allmsechtigen zu Lob und zu Pflanzung seines heiligen seligmachenden Worts unsere kirchen helfen in gute christliche Ordnung zu bringen. Könnten wir denn bei unserem gnsedigen Fürsten und Herrn Herzog Christoffen zu Wirtemberg, dem wir hieneben auch schreiben, und Euch so viel erlangen, dass ihr gar bei uns in dem kirchendienst verharren wolltet, das reichte uns nicht allein zu sondern angenehmen Gefallen, sondern wir gedsechten euch auch mit Besoldung und in andern Wegen dermassen zu versorgen, daran ihr zuversichtlich zufrieden sein würdet. Im Fall aber dass solches nicht zu erhalten nach Hochgedachten unsers gnsedigen Herrn noch eurer Gelegenheit seyn wollte, so seyn wir erbietig, euch nach Anrichtung unserer Kirchen wider euren willen nit aufzuhalten. Neben dem ist unsere freundliche Bitt und Begehren, Ihr wollet bei hochgedachtem unserm g. Fürsten und Herrn auch für euch selbst fürdern und helfen, damit uns noch andere zween christliche Mtemier undPrsedicanten auf ein klein beut und gegen gebürender Besoldung mögen mitgetheilt werden. Das wollen wir um Euch sambt dankbarer Ergötzlichkeit freundlich verdienen. Datum Freitags 22 Aerius Anno 1552.

Anecdota Brentiana Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz. Gesammelt und herausgegeben von Dr. Th. Pressel, Archidiaconus in Tübingen. Tübingen, 1868. Verlag von J.J. Heckenhauer.