Katharina Luther an Christiana von Bora

Gnad‘ und Fried‘ von Gott, dem Vater unseres lieben Herrn Jesu Christi, freundliche liebe Schwester! Daß Ihr ein herzlich Mitleiden mit mir und meinen armen Kindern tragt, glaub‘ ich leichtlich. Denn wer wollt‘ nicht billig betrübt und bekümmert sein um einen solchen teuren Mann, als mein lieber Herr gewesen ist, der nicht allein einer Stadt oder einem einzigen Land, sondern der ganzen Welt viel gedienet hat?

Derhalben bin ich wahrlich so sehr betrübt, daß ich mein großes Herzeleid keinem Menschen sagen kann, und weiß nicht, wie mir zu Sinn und zu Mut ist. Ich kann weder essen noch trinken. Auch dazu nicht schlafen. Und wenn ich hätt‘ ein Fürstentum oder Kaisertum gehabt, sollt‘ mir so leid nimmermehr geschehen sein, so ich’s verloren hätt‘, als nun unser lieber Herr Gott mir, und nicht allein mir, sondern der ganzen Welt, diesen lieben und teuren Mann genommen hat. Wenn ich daran gedenk‘, so kann ich vor Leid und Weinen (so Gott wohl weiß) weder reden noch schreiben. Wie Ihr leichtlich selbst, liebe Schwester, zu ermessen habt. Damit Gott befohlen!

Katharina,

des Herrn Doktor Martinus Luther nachgelassene Wittib.