Luther an Conrad Cordatus

23.5.1531

Gnad und Friede. Ich bitte Euch um Christus willen, mein lieber Cordatus, Ihr wollet Euch aus Babel, wo Ihr jetzt seyd, machen, und dem Zorn Raum geben. Denn ich sehe schon, daß sie hingegeben ist dem Teufel, und daß Gottes endliche Rache über sie gekommen ist. Wahrlich ich besorge, Satan werde irgend einen Rumor erregen, den man nachher Euch zur Last legen mögte. Laßt sie machen, was sie machen. Sie wollen nicht, wie Ihr selbst sehet, Eure friedfertigen Gesinnungen, Eure Vorwendungen, Euren treuen Dienst. Zudem laufet Ihr nur Gefahr dabey. Warum wollt Ihr den lange dienen diesen unsinnigen, verstockten verlohrnen Leuten? Ihr werdet beydes sie nur noch mehr aufbringen, und ihren Haß vergrössern. Fliehet diese Stadt, schüttelt den Staub euerer Füße über sie, bis nicht die Sache noch schlimmer wird, und nimmer zu rathen ist. Das Uebrige mündlich. Ich habe neulich schon dem Pastor geschrieben, daß auch er weggehen solle. Ihr könnet ihre Bosheit, als frommen treuen Predigern zustehet, nicht länger ungestrafet lassen, und sie können euere Verweise nicht mehr anhören und verdauen. Lasset sie also rasen. Wir sind sicher, und entschuldiget vor Gott und der Welt. Lebet wohl im Herrn, und grüsset mir Herrn Pastor Niklas. Werdet nicht traurig, sondern seyd fröhlich, daß ihr um Christus willen leidet. Doch wollt ich nicht, daß ihr öffentlich, um es ihnen hören zu lassen, den Staub euerer Füße über sie schüttelt; sie mögten euch sonst auf dem Wege einen Tück beweisen. Sondern segnet sie mit sanften und demüthigen Worten, indem ihr die Sache Gott heimstellet, mit der Betheurung, daß ihr mit gutem Gewissen nicht mehr bleiben könntet. Wer Recht habe, werde Gott entscheiden. Den 23ten May 1531.

Euer
Martin Luther.

D. Martin Luthers bisher grossentheils ungedruckte Briefe. Nach der Sammlung den Hrn. D. Gottf. Schütze, aus dem Latein übersetzt. Erster Band. Leipzig, in Kommission bey Christian Friderich Wappler. 1784.