Luther, Martin – An D. Johann Rühel

den Trost-Brief an die Christen zu Halle betreffend.

Ende August 1527

GNade und Friede, Lieber Herr Doctor und Schwager, Ich bin ja freylich willens, wo mir GOtt Gnade verleyhet, daß ich zu Kräfften komme, den schändlichen Mord, denen zu Halle zu Trost, an Tag zu geben, und habe wohl selbst bedacht, des Bischoffs Person nicht zu rühren. Aber das kan ich dennoch nicht umgehen, daß der Prediger auf des Bischoffs Fordern, gehorsamlich erschienen und also umgebracht ist.

Und wo nicht dazu gethan wird, daß solcher Mord, und unverbrochener Lands-Friede möglicher Weise gestrafft und entschuldiget wird, wie kan ein menschlich Hertz entweder die Pfaffen oder Bischoff rein achten, weil sie stille dazu schweigen? Qvi tacet, consentire videtur. Nun ich will thun, wie ich aufs säuberlichste kan, so ferne, daß ich nicht mit Heucheln mich in die Schuld flechte. Hiermit GOtt befohlen, Amen. Montags nach Bartholomäi, Anno 1527.

Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften.
Neunzehender Theil.
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Joh. Justinus Gebauer