Luther, Martin – An Leonhard Kayser 1527

Gnade, Stärke und Friede in Christo. Daß dein alter Mensch, lieber Herr Leonhard, gefangen, ist der Wille und Befehl Christi, deines Heilandes, der auch seinen neuen Menschen für dich und deine Sünden dahin gegeben hat in die Hände der Gottlosen, daß er mit seinem Blute dich erlösete zum Bruder und Miterben des ewigen Lebens.

Uns ist ja leid für dich, thun auch Fleiß und bitten, daß du ledig werdest; nicht um deinetwillen, sondern daß du vielen mögest nütze sein, Gott zu Ehren, wo es sein Wille ist. Ist’s aber der Wille im Himmel, daß du nicht ledig werden solllt, so bist du doch frei sicher im Geist: flehe nur, daß du stark seiest und beständiglich die Schwachheit des Fleisches überwindest, oder ja geduldig tragest durch die Kraft Christi, der mit dir im Kerker ist, wird auch bei dir sein in aller Noth; wie er denn gar freundlich und treulich verheißt Ps. 91,15.: Ich bin bei ihm in der Noth ff.

Darum ist noth, daß du mit ganzer Zuversicht zu ihm schreiest im Gebet und mit Trostpsalmen dich aufrichtest und erhaltest in diesem grimmigen Zorn des Satans, daß du mögest im Herzen gestärket werden, und nicht etwas zu gering, oder zu weich den Zähnen Behemoth redest, also wärest du überwunden und fürchtest seinen Hochmuth. Ruf Christum treulich an, der überall gegenwärtig und gewaltig ist, biete darauf dem Satan Trotz und spotte seines Wüthens und Uebermuths. Denn du bist gewiß, daß er dir nicht schaden kann, und so viel weniger, so viel mehr er wüthet. St. Paulus sagt Röm. 8, 31: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Ps. 8, 7: Alle Dinge sind unter seine Füße gethan. Er kann und will helfen allen, die angefochten werden, der auch allenthalben ist versucht worden.

Also, mein allerliebster Bruder, stärke dich in dem HErrn und sei getrost in seiner mächtigen Kraft, auf daß du erkennest, tragest, liebest und lobest aus gutwilligem Herzen den väterlichen Willen Gottes, du werdest ledig oder nicht. Daß du aber solches vermögest zu Ehren seines heiligen Evangelii, das wolle in dir wirken der Vater unseres HErrn JEsu Christi, nach dem Reichthum seiner herrlichen Gnaden, der ein Vater ist der Barmherzigkeit und ein Gott alles Trostes. Amen. In dem wollest du dich wohl gehaben und auch für uns bitten. Gegeben zu Wittenberg am Montage nach Cantate im Jahr 1527.

Quelle:
Fick, C. J. Hermann Die Märtyrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche Zweite Auflage Heft 1 St. Louis, Mo. Gedruckt bei m. Niedner & Co., Ecke der 3. und Pinestraße 1854