Zweyter Brief Johannes Brödlis an Friedli Schumacher und die von Zollickon

An Fridli Schumacher und andere fromme Christen in Zollickon.

JOhannes ein Diener Jesu Christi durch den Willen Gottes, den frommen Christen und Brüdern, die da zu Zollickon wohnen, und den Gläubigen in Christo Jesu. Gnad und Friede seye mit euch von Gott dem Vater und unserm Herren Jesu Christo. Liebe Brüder! ich weis nicht, was ich euch schreiben soll, oder ob ihr noch in dem Glaube seyt, wie ich euch gelassen habe, oder nicht. Ich habe euch vor vierzehen Tagen auch geschrieben, aber ich habe keine Antwort von euch empfangen. Ich weis nicht, ob euch der Brief zugekommen, oder nicht. Ist er euch zugekommen, so ist eine kleine Liebe Gottes in euch; ist er euch aber nicht zugekommen, will ich mich zum besten verstehen. Es sind zwey Briefe in einandern gelegen. Der erste hat dem Wirt beym Salmen zugehört. Der andere euch. In demselbigen Brief ist vieles, das ich jezt der Kürtze wegen will unterwegen lassen. Was soll ich euch sagen? Mein Hertz ist bekümmert und betrügt in Christo um euertwillen. Ich höre sagen, welches mir sehr übel gefällt, daß euer etliche vom H. Glaube und dem Worte Gottes, das ihr bekandt habet, und darüber ihr getaufft worden, abgefallen seyen. Zum andern, daß diejenigen, die gefangen gewesen, das Zeichen der Tauffe verläugnet, und ihnen ein Zihl haben setzen lassen, welches klärlich, wie ihr wisset, wider das Wort Gottes ist. O weh dem zeitlichen Gut, dann es hinderet euch! Christus zeiget es an im Evangelio. Im ersten Briefe ist meine ernstliche Bitte an euch gewesen, und ist jezt noch, wenn immer Christen unter euch sind, daß ihm mir mein Fleisch schicket oder bringet, deßgleichen den Ancken und den Wein; über dieses der Frauen Baumwolle, zwey Kämblein, die schwartze Unterjüppe, zwey Ermel, das Hals-Göller und mir die Bibel. Das übrige sollet ihr mir behalten und versorgen. Weiter sollet ihr wissen, daß ich zu Hallau bin und schon vier Predigen gethan habe. Aber niemand will davon wissen, daß sie mir nachgefraget haben. Das Volck ist begirrig das Wort Gottes zu hören, aber der Hirt ist halb und halb. Er ist ein geitziger und ein Hurer. Das Volck thäte gern das beste, aber sie sind arm. Der Hagel hat alles beschädiget, deßwegen alle Dinge theuer sind. Ich bin in einer Herberg, da ich alle Wochen zwy Costnizer-Batzen geben muß. Es stehet allenthalben übel; man gebeut ihnen die Fasten zu halten rc. Ich bitte euch, seyt ihr Christen, so bleibet vest. Ich bitte euch, daß ihr mir helffet, damit mir der Eid nachgelassen werde. Wenn ihr das beste darbey thut, mag es wol geschehen. Schreibet mir wiederum, was eure Meinung seye, und wie es um die Brüder stehe. Man saget, einige hätten das Creutz geflohen, und sich verborgen, welches mich fast Wunder nimmt, ob es wahr seye. Der Wilhelm ist seither von mir gekommen, und jezt zum letsten wieder von mir gegangen, und ich weis nicht, wo er ist. Er ist betrübt, wie ich, in Christo um euertwillen. Lasset euch diesen Bot befohlen seyn. Er ist ein guter Christ, ein frommer Mann, der auch von dem Hagel beschädiget worden, und um das Allmosen hat herum geben müssen. Gebet ihm etwas, damit ihm geholffen werde! Schicket mir gewiß die Bibel! Stehet in dem Glaube! Lasset euch niemand abschrecken, so wird euch Gott, der da starck ist, stärcken! O wie starck, höre ich, daß mein Bruder Mantz seye, und der Görg, aber besonders der Felix Mantz? Gott seye gelobt! Conrad Grebel ist betrübt, aber in Christo. Wilhelm ist neulich bey mir gewesen. Ich ermahne euch bey dem Worte und Glaube, den ihr einmal empfangen habet, zu bleiben. Seyt ihr noch darinnen, so schicket einen frommen Bruder zu mir, nebst dem, so ich euch gebeten. Richtet ihr den Bot nicht aus, so schreibst mir, so will ich ihn ausrichten. Grüsset einandern mit dem Kusse des Friedens. Gott und seine Gnade seye mit euch.

Johannes Brödlein euer Bruder in Christo hat dieses mit seiner eigenen Hand geschrieben.

Beyträge Zur Erläuterung der Kirchen-Reformations-Geschichten Des Schweitzerlandes
Johann Conrad Füßlin.
Erster Theil.
Zürcih, bey Conrad Orell und Comp.
1741
und Leipzig bey Joh. Fried. Gleditsch.