Erhard Schnepff an einen Freund

Bericht über ein Religionsgespräch mit Romanus von Tervich

November 1526

Guter Gott! welche Dummheit bey welchem Dünkel! der Mönch war offenbar viel bescheidener und furchtsamer, und räumte mir mehr ein, wiewohl gezwungen. Kurz, ich habe bei diesem Tervich eine solche Keckheit gefunden, als ich bei diesem Weilburger nie vermuthete. Er ging endlich so weit, daß er sich erfrechte, den zu lästern und zu schmähen, der mich hierher berufen habe, indem er auf eine schändliche Art von meiner Berufung schwatzte, und niederträchtig von unserm erlauchten Grafen redete. Endlich, als er blos mit Geschrei und Frechheit mich widerlegen wollte, weil er in der Bibel nichts vermochte, entfernte er sich schnell. Ich eilte ihm nach, und brachte ihn aus dem Vorhaus wieder in das Zimmer zurück, bis er endlich – ich weiß nicht, ob zufällig oder verabredet – von seinem Bedienten abgerufen und nach Hause geholt wurde. Der alte Mönch saß unterdessen da, stummer als ein Seriphischer Frosch, und hörte blos zu, und wagte keinen laut von sich zu geben, um seinem lieben Herrn Bruder Tervich zu Hülfe zu kommen. – Aber was nachher? – So wie sie anwesend keinen Laut von sich gegeben haben, so führen sie nun abwesend erlogene Triumphe bei ihren Freunden auf, und erfrechen sich, öffentlich zu prahlen, welch einen herrlichen Sieg sie über mich davon getragen hätten. Guter Gott, eitel Dummheit, eitel Blindheit!

Die Kirchen-Reformation in Nassau Weilburg im sechzehnten Jahrhundert
Dr. Nikolaus Gottfried Eichhoff
Weilburg, 1832
Druck und Verlag von L. E. Lanz