Christian Beyer an Hugolt von Einsiedel, 25.1.1522

Meine willig Dienst zuvorn. Gestrenger, ehrenvester, besonder günstiger Herr und guter Förderer. Ich laß euch wissen, daß sich die Universität mit dem Rath vereinigt hat, daß man in der Pfarrkirchen, dahin wir alle gehören, auf die Weise Messe halten soll.

Erstlich wird gehalten das Gesang mit dem Introitu, Gloria, et in terra, Episteln, Evangelio und Sanctus; darnach predigt man, darnach hebt man die Messe an, wie sie Gott unser Herr Jesus in coena ausgesetzt hat. Da spricht der Priester öffentlich verba consecrationis zu teutsch, und vermahnt das Volk, wer mit Sünden beschwert und nach der Gnade Gottes hungerig und durstig, dem wolle man des Herrn Leichnam und Blut reichen. Wenn man communicirt hat, so singt man Agnus Dei, Carmen und Benedicamus Domino.

Der Canon hat sich verkehrt. Hinfürder sollen wir kein Bettler, Mönch oder andere leiden. Die Armen soll man versorgen aus dem gemeinen Beutel, Darein sollen aller Fraternität, der XXI sind, den LEhen, wie sie vorffallen und der Kirchen Schätze. In einer jeglichen Gasse soll seyn ein frommer Mann, der auf die Armen Aufsehen soll haben etc., keinen offenbaren Sünder zu dulden, sondern dieselben von der Universität und Rath zu strafen.

Die Bilde wollen sie auch in der Pfarr nicht leiden, und mit der Zeit abethun, haben starke Schrift darwider geführt. Ich disputirt allein von neun rc. Sie wollen es nicht mehr gut seyn lassen; sie sagen straks: non facias tibi sculptile Deuteron VI. Exod. XX. et Baruch ult. Es ist nicht wenigers, daß den Heiligen viel Ehre widerfahren. Befehl mich euch. Mit Gabriel ist die Sache ganz gestillt. Datum Wittenberg Sonnabend Pauli Conversionis anno Dom. XXII.

Christianus Beyer, Doctor.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Bodenstein an Friedrich den Weisen, 6.1.1522

Durchlauchtigster, Hochgeborner Churfürst, gnädigster Herr. Ew. Chf. G. sind meine unterthänige Dienste zuvor in Fleiß bereit. Gnädigster Herr. Ich habe in heiliger Schrift vermerkt, daß kein Stand Gott behaglicher, und christlicher Freiheit nützlicher und dienlicher ist, denn der eheliche Stand, welcher mit viel und großen Benedeiungen auch begnadet und beziert ist, wenn er göttlich gelebt wird Inhalts göttlicher Einsetzung. Ich habe auch beherziget, daß Gott seine Priester zum ehelichen Stande erfordert, und ihnen Form und Maaß ehelichen Lebens vorgeschrieben, und eingeben hat, darnach zu leben. Insonderheit betrachte ich, daß viel arme, elende, betrogene und verlorne Pfaffen eine lange Zeit in des Teufels Gefängniß und Kerker liegen, denen ohne Zweifel durch vorgehende Exempel und Fürbilde möchte gerathen und geholfen werden. Demnach habe ich mich in Ansehen und Aufachtung etlicher meiner Herren und Freunde mit der ehrbaren Jungrau Anna Mochau verlobt, und bin willens, so das der allmächtige Gott verhängt, die Hochzeit auf St. Sebastiansabend schies kommende anzufahen, und folgenden Tag alles in Beiseyn meiner geliebten Herren Förderer, Gönner und Freunde zu vollziehen. E. Chf. G. derhalben ganz unterthäniges Fleißes, E. Chf. G. wollen sich in Gnaden allhie erzeigen. Das will ich nun höchstgedachte E. Chf. G. in aller Unterthänigkeit und Gehorsam meines höchsten Vermögens allezeit erfunden werden. Wittenberg Mondtags Epiphaniae 1522.

E. Chf. G.
unterthäniger Diener
Andreas Bodenstein
von Karolstadt.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Amsdorff, Nikolaus von – An Georg Spalatin und Hauholden von Einsideln

1, Jan. 1522

Günstige liebe Herrn. Dieweil diese Leut von Zwickau, wie mich Philippus berichtet, sich rühmen, daß sie den Geist Gottes haben, und mit Gott reden, auch darzu aus der Schrift geschickt seyn und geistlich reden sollen, deßhalben sie denn zu Zwickau eine Sedition gemacht haben; so hab ich für gut angesehen, solchs meinem gnädigsten Herrn anzuzeigen, auf daß auch bei uns nicht ein Aufruhr und Empörung werde, auf daß auch nicht so bald mit Gewalt und Gericht sie unverhört gedämpft werden, sondern daß man mit ihnen aus der Schrift und Vernunft erstlich handelt, dieweil sie sich auf die SChrift und den Geist Gottes gerufen, auf daß wir das Wort Gottes in ihnen, ob sie gleich böse und unrecht wären, nicht verachten. Ich hab auch derhalben mit ihnen nicht reden, noch sie nicht sehen wollen, da ich in der Schrift ein neuer Schler bin, und sie so hohe, unerhörte Ding vorgeben. Man soll so bald ihnen nicht glauben; man soll sie aber auch nicht verachten, bis sie verhört und examinirt werden.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834

Amsdorff an Haunold von Einsiedeln und Spalatin, 1.1.1522

Günstige liebe Herrn. Dieweil diese Leut von Zwickau, wie mich Philippus berichtet, sich rühmen, daß sie den Geist Gottes haben, und mit Gott reden, auch darzu, aus der Schrift geschickt seyn und geistlich reden sollen, deßhalben sie denn zu Zwickau eine Sedition gemacht haben: so hab ich für gut angesehen, solchs meinem gnädigsten Herrn anzuzeigen, auf daß auch bei uns nicht ein Aufruhr und Empörung werde, auf daß auch nicht so bald mit Gewalt und Gericht sie unverhört gedämpft werden, sondern daß man ihnen aus der Schrift und Vernunft erstlich handelt, dieweil sie sich auf die Schrift und den Geist Gottes berufen, auf daß wir das Wort Gottes in ihnen, ob sie gleich böse und unrecht wären, nicht verachten. Ich hab auch derhalben mit ihnen nicht reden, noch sie nicht sehen wollen, da ich in der Schrift ein neuer Schüler bin, und sie so hohe, unerhörte Ding vorgeben. Man soll so bald ihnen nicht glauben; man soll sie aber auch nicht verachten, bis sie verhört und examinirt werden.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen 1
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1834

Melanchthon, Philipp – Über die Zwickauer Propheten (An Friedrich den Weisen)

1. Januar 1522

Anfänglich ist die Sach, so mich bewegt, also ergangen. Es seynd in die Iohannis Evangelistae zu mir in Wittenberg kommen Claus Storck mit zweien seiner Gesellen, mir angezeigt, wie sich etliche Empörung erhoben zu Zwickau, und sonderlich von wegen baptismi parvulorum und fidei alienae, und sich auf Doctorem Martinum berufen. Hab darnach insonderheit gehört einen unter den Dreien, genannt Marcus Thome, der mir gesagt, wie daß er, dergleichen auch Storck, sonderliche und gewisse und offenbare Gespräch mit Gott habe, doch nyndert auch nicht predige, denn wo und was ihn Gott heise. Hab so viel von ihm vermerkt, daß er der Schrift Sinn recht hat in den höchsten und vornehmsten Artikeln des Glaubens, wiewohl er eine sonderliche Weise zu reden führt. Hab auch vor einem halben Jahr mit diesem Marco disputirt, hat aber die Zeit von den göttlichen Gesprächen nicht gesagt. Hab also die Sache bei mir hin und wieder bedacht, sonderlich dieweil sie anzeigten solch Aufruhr zu Zwickau bewegt, und möglich weiter zu bewegen; und gedacht, dieweil solche Empärung nicht mit Gewalt, sondern vorhin mit Schriften und iudicio spiritualium hominum zu stillen seynd, daß vonnöthen wäre in dieser Sach doctoris Martini iudicio, sonderlich dieweil sie sich auf Doctorem Martinum berufen.

Es seind fürwahr zwo Quaestiones, die nicht zu verachten, und gelahrtern Leuten denn ich bin und der gemeine Haufe möcht zu schaffen machen. Gedacht auch, der Teufel wollt uns an einem weichen Ort angreifen. Es haben Augustinus und derselbigen Zeit viele andere mehr viel disputirt de baptismo parvulorum, und wenig ausgerichtet, und Augustinus behilft sich des gemeinen Bösen und des alten Gebrauchs. Doctor Martinus weiß wohl, was diese Quaestion hinter sich hat. Und das ist summa summarum meiner Sorgen noch, und vormals, gewesen.

Mich hat nicht sonderlich bewegt, was sie von göttlichen Gesprächen sagen, und dergleichen. Denn solches in seinem Werth stehet, und nichts daran gelegen, anders denn, daß durch solchen Schein weitere Beschwerungen möchten vorgenommen werden. Diese Quaestiones aber de baptismo haben mich meines Bedünkens billig bewegt.

Solche anliegende Noth hab ich niemands wissen förderlicher anzuzeigen, denn unsern gnädisten Herrn, als einem christlichen Cuhrfürsten und dieser Zeit einigen Schützer Ecclesiae, welchem billig in solche Sache zu sehen zustehet. Bitte, mein gnädigster Herr wolle mein Schreiben gnädiger Meinung verstehen.

Corpus Reformatorum
Edidit
Carolus Gottlieb Bretschneider
Volumen I.
Halis Saxonum
Apud C. A. Schwetschke et Filium
1834